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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ließ ihn eintreten.
    Noch einmal schaute er den Gang hinunter, entdeckte aber keinen Verfolger.
    »Was ist mit dem Mädchen?«, fragte sie, als sie die Tür hinter ihnen schloss. »Ich hab euch zusammen am Eingang der Bar gesehen.«
    »Eine Freundin.«
    »Wird sie dich nicht vermissen?«
    »Sie ist hier, um Spaß zu haben.« Er versuchte möglichst kaltschnäuzig auszusehen. »Abwechslung kann uns beiden nicht schaden.«
    Elodie ließ den Schlüssel von innen stecken. Im Zimmer gab es ein Doppelbett mit weißen Bezügen, einen Fernseher, den obligatorischen Einbauschrank. Dazu eine Kombination aus Schreibtisch, Kommode und Minibar. Nichts besaß eine persönliche Note und er fragte sich, ob sie wohl schon immer hier lebte. Sie war ein Raubtier, und Tiere hatten keinen Sinn für Dekor.
    Die Vorhänge waren offen. Es gab einen winzigen Balkon mit Blick aufs Meer, gerade breit genug für zwei Klappstühle.
    Elodie legte ihre Hände von hinten an Parkers Hüfte und schob ihn sanft ans Fenster. Dutzende Möwen segelten auf den Winden, ein wildes Durcheinander aus Schwingen und Geschrei.
    Ein weißes Kreuzfahrtschiff schob sich von Osten her über die See. »Auf so einem bin ich mal eine Weile mitgefahren«, sagte Elodie, drückte sich von hinten an Parker und brachte ihre Lippen ganz nah an sein Ohr. Er fühlte ihren festen Körper, ihre Brüste, sogar ihre Rippen. Es war, als reagierte jeder Nerv in seiner Haut übersensibel auf ihre Berührung.
    »Als Mitglied der Crew?«
    Sie kicherte leise. »Als Geliebte des Kapitäns.«
    Er drehte sich zu ihr um und nutzte die Bewegung, um sich aus ihrem Griff zu lösen. »Warum bist du zurück an Land gegangen?«
    »Alte Gewohnheit.«
    »Du lebst schon immer hier an der Küste?«
    »Oh ja.« Ihre dunkelblauen Augen leuchteten. Sie öffnete ein wenig die Lippen, fuhr sich mit der Zungenspitze an den Zähnen entlang und kam wieder näher. »Hier gibt es alles, was ich brauche.«
    Er durfte nicht zulassen, dass sie ihn küsste. Sukkubi betörten ihre Opfer nicht durch Bisse oder Hypnose, sondern nur mit ihren Küssen – geriet man erst einmal in den Bann ihrer Lippen, gab es kein Zurück mehr.
    Ihr hellblondes Haar schimmerte in den Strahlen der Mittagssonne. Elodie war atemberaubend, selbst ohne die Macht ihrer Küsse, und er fragte sich, ob es nicht maßlos überheblich war, sich einzubilden, dem Zauber eines Sukkubus widerstehen zu können.
    Sie schob ihre schmalen Hände unter sein T-Shirt. Er spürte jeden einzelnen ihrer Finger; jeder schien seine Haut auf eine andere elektrisierende Weise zu berühren. Sie presste sich an ihn, winkelte das linke Knie leicht an und strich mit der Innenseite ihres nackten Oberschenkels an seinem Bein entlang.
    Aus ihren traumblauen Augen musterte sie ihn mit einer Mischung aus Unschuld und Ungeduld, die wahrscheinlich seit Jahrzehnten die Männer um den Verstand brachte.
    »Das hier«, flüsterte sie mit einem frechen Lächeln, »wäre eigentlich der Moment, in dem wir uns küssen.«
    Es gelang ihm nicht ganz, ein bedauerndes Seufzen zu unterdrücken. Dann gab er sich einen Ruck, packte sie an den Oberarmen und stieß sie rückwärts aufs Bett.
    Im ersten Augenblick wirkte sie verwirrt, dann eine Spur verärgert. Schließlich aber lächelte sie wieder. Der Saum ihres Rollkragenpullovers war nach oben gerutscht. Sogar ihr Bauchnabel war bildhübsch. Sie blieb vor ihm auf der Bettdecke liegen, hob nur den Oberkörper und stützte sich auf die Ellbogen, die Beine über der Bettkante. »Wenn du auf die harte Tour stehst, dann bist du bei mir gar nicht so falsch.«
    Das fand er ein wenig unter ihrem Niveau.
    Aus seiner Hosentasche zog er den Salzstreuer, den er unten auf der Terrasse hatte mitgehen lassen. Den Deckel hatte er bereits gelockert, nur eine letzte Drehung, dann fiel die Metallkappe ab.
    »Nicht schreien«, sagte er.
    »Was –«
    »Tut mir leid.« Er holte aus, um das Salz in weitem Bogen über sie zu streuen.

47.
    »Ich bin Flavien«, sagte er auf Englisch.
    Sie hatte sich die Annäherungsversuche eines Inkubus origineller vorgestellt. Und eine gute Portion unwiderstehlicher.
    »Ash.«
    »Darf ich mich zu dir setzen?«
    »Warum nicht?«
    Sie saß an einem der äußeren Terrassentische mit Blick auf den Strand und versuchte, sich vom Amoklauf ihrer Gedanken abzulenken. Nie zuvor war sie eifersüchtig gewesen; sie wusste nicht mal, wie sich das anfühlte, Eifersucht. Sie hatte Bauchschmerzen, das war alles. Und spürte eine innere

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