Asche und Schwert
schen Tugenden, die das Fundament Roms bilden. Durch das Wirken des lanista wird unser Volk regelmäÃig an die Macht des Schwerts erinnert. Durch das Wirken des lanista lernen wir stets von Neuem die Lektion, dass der Tod zum Vergnügen Roms gezähmt werden kann, und dass es unser Schicksal ist, Zeuge von BlutvergieÃen und Schmerz zu werden, worauf wir die Arena voller Befriedigung verlassen.«
»Nun, das könnte durchaus so sein.«
»Vielen Dank.«
»Aber genau dasselbe könnte man auch über Huren sagen. Lass mich nachdenken ⦠Ja, genau. Man könnte behaupten, dass Huren deshalb gut für Rom sind, weil sie edle Scheiden für römische Schwerter anbieten. Weil sie ihre Kunden an deren Rang innerhalb der Hierarchie erinnern, indem sie sich ihnen zu deren Vergnügen hingeben.«
»Jetzt redest du wirres Zeug.«
»Wo wärt ihr denn ohne die edle Hure? Sie erinnert euch daran, dass ihr euch alles nehmen könnt, was die Welt auch immer zu bieten hat. Der hässlichste, am übelsten von den Blattern entstellte und am schlimmsten von Krankheiten heimgesuchte Römer kann es mit einer griechischen Göttin treiben, sofern er nur genügend Geld besitzt, um dafür zu bezahlen.«
»Der Besitz einer gut gefüllten Börse ist eine römische Tugend.«
»Und römische Tugend führt gewiss zum Erwerb von Reichtümern.«
»Was einem ermöglicht, sich Prostituierte zu leisten.«
»Unter anderem«, sagte sie.
Die Lampe krachte gegen die Wand, und sofort setzte das aufspritzende Ãl den Hanfvorhang in Brand. Plötzlich war es hell im Zimmer, als gelbe Flammen über die Wände wogten und flackerten.
»Mach das Feuer aus, Tiro«, murmelte Cicero schläfrig und rieb sich die Augen. Als er sah, dass die Flammen immer grö Ãer wurden, drückte er sich mühsam in eine sitzende Position.
»Tiro!«, sagte er, noch immer nicht ganz wach.
»Dominus«, antwortete sein Sklave mit panikerfüllter Stim me. Cicero drehte sich zur Seite und sah eine schwarz gekleidete Gestalt, die auf ihn zusprang. Er hob die Hände, um den Angreifer abzuwehren, doch Tiro war bereits zwischen seinen Herrn und den Eindringling getreten.
Benommen sah Cicero zu, wie Tiro und der Angreifer miteinander rangen. Der junge Sklave war kein angemessener Gegner für den gröÃeren Mann. Er zappelte hilflos hin und her, als der Unbekannte ihn packte, hochhob und an die gegenüberliegende Wand schleuderte. Dort sackte er zu Boden und blieb regungslos liegen.
Cicero, der widerstrebend begriff, dass das kein Traum war, stand mühsam auf.
»Was soll das?«, fragte er, doch als Antwort blitzte nur das kurze Messer mit der gebogenen Klinge in der Hand des schattenhaften Mannes auf.
»Marcus Tullius Cicero«, sagte die unbekannte Gestalt. »Komm mit mir.«
»Ohne einen vernünftigen Grund? Lieber nicht.«
»Komm mit mir, tot oder lebendig«, zischte der Mann.
»Ist das ein gallischer Akzent?«, fragte Cicero nachdenk lich und gab sich alle Mühe, nicht in Spartacusâ Richtung zu sehen, als der Thraker plötzlich in der Tür aufgetaucht war und sich lautlos von hinten auf den Möchtegern-Attentäter zuschlich.
»Schweig!«, sagte der Mann.
»Ja, das ist tatsächlich ein gallischer Akzent!«, sagte Cicero. »Was will ein Mann aus Gallien so fern seiner Heimat, frage ich mich?«
»Sterben vielleicht?«, schlug Spartacus vor, als er seine Arme um den Hals des Mannes legte.
Die Augen des Mannes wurden immer gröÃer. Er versuchte, mit dem Messer hinter sich zu stechen, doch nur die stumpfe Kante seiner Klinge stieà harmlos gegen Spartacusâ Haut. Die Arme des Gladiators schlossen sich enger zusammen. Verzweifelt lieà sich der Gallier nach hinten fallen, sodass der Thraker gegen die Wand krachte. Sofort zogen sich Risse wie ein übergroÃes Spinnennetz durch den Verputz. Bevor Spartacus aufschreien konnte, wurde er hochgehoben und erneut gegen die Wand geschleudert. Brocken weiÃen Putzes regneten zu Boden, und darunter kam das Terrakotta- Mauerwerk zum Vorschein.
Doch die Wand blieb stabil, und so konnte Spartacus die zusätzliche Hebelwirkung ausnutzen und seine Unterarme noch näher zusammenbringen und stärker gegen Nacken und Kehle des Mannes drücken, bis dessen Hals plötzlich nachgab, der Kopf des Galliers zur Seite sackte und der
Weitere Kostenlose Bücher