Asche und Schwert
kaum knirschte.
Irgendwo stöhnte eine Frau im Schlaf. Die Gestalt beschleu nigte ihre Schritte und eilte zum anderen Ende des Korridors, wo Medea in ihrer Zelle angekettet auf dem FuÃboden lag.
Der Schlüssel klirrte nicht, denn er hing nicht an einem Schlüsselbund, sondern bestand aus einer einzigen dicken Eisenscheibe, mit der man die einfachen Schlösser aller Zellen öffnen konnte. Der Unbekannte machte sich am Schloss zu schaffen, ohne sich weiter um den Lärm zu kümmern, den er dabei machte.
Medea öffnete die Augen.
»Wer ist da?«, fragte sie.
»Nemesis«, flüsterte der Unbekannte.
»Nemesis ist eine Frau«, antwortete Medea gähnend.
»Nicht für dich. Nicht heute Nacht.«
Die Gestalt zog ein Messer, wobei ein laut schleifendes Geräusch entstand.
»Ein sicarius? «, bemerkte Medea emotionslos. »Ausgerechnet zu mir schickt man einen nächtlichen Meuchelmörder?«
»Sei still, und alles wird schnell erledigt sein«, flüsterte er und betrat die Zelle.
Medea richtete sich auf. Ihre Ketten schabten über den Stein.
»Ich werde dir deine Aufgabe nicht leicht machen«, sagte sie.
»Der Tod sollte dir willkommen sein«, sagte er.
Wieder rasselten ihre Ketten, was ihn zu erschrecken schien. Sie konnte im Mondlicht nur erkennen, wie er seine Arme zurückriss, um einem Schlag auszuweichen, der nie kam. Es war der Reflex eines Mannes, der zu kämpfen gewöhnt war.
»Du bist ein groÃer Mann«, sagte sie. »Und ich bin angekettet.«
»Ein ehrenvoller Kampf interessiert mich nicht«, sagte er und zögerte. Er sah sich im Halbdunkel um, trat nach rechts und links und versuchte, die Länge ihrer Ketten abzuschätzen.
»Und doch fürchtest du, dass ich einen Vorteil habe«, sagte sie.
»Ãberhaupt nicht.«
»Dann erledige deine Sache.« Medea lieà ihre Ketten durch die Luft zischen, als wären sie eine Peitsche. Wieder zuckte der sicarius im Dunkeln zusammen. Plötzlich sprang er nach vorn. Sie packte ihn und schleuderte ihn zurück gegen die Gitterstäbe. Obwohl er nach ihr trat, stürmte sie sofort wieder auf ihn ein, doch ihre Ketten strafften sich in sicherer Entfernung von ihm.
Er lehnte sich gegen die Gitterstäbe und kicherte.
»Du kommst nicht an mich ran«, sagte er mit einem schiefen Grinsen.
Medea zerrte nicht mehr an ihren Ketten, sondern blieb in der Dunkelheit stehen, die Hände auf die Hüften gelegt.
»Das muss ich gar nicht«, sagte sie.
Er runzelte die Stirn angesichts dieser seltsamen Antwort und richtete sich zu seiner vollen GröÃe auf, um erneut anzugreifen, doch dann packte ihn etwas von hinten. Ãberrascht starrte er auf einen kräftigen, sonnengebräunten Arm, der sich durch die Gitterstäbe in seinem Rücken geschoben hatte, seine Brust hinaufglitt und sich um seinen Hals legte. Es schien, als wolle er protestieren, doch er schaffte es nicht mehr, Atem zu holen, denn der Arm drückte gegen seine Luftröhre, wobei sein ganzer Körper gegen die Eisengitter gepresst wurde.
Ohne dass jemand es in der Dunkelheit hätte sehen können, überzog sich das Gesicht des sicarius mit einem immer tieferen Rot, und seine Augen schienen aus den Höhlen zu treten, als der stetig fester werdende Griff ihn gegen die scharfkantigen, rostigen Gitterstäbe drückte, sodass sein Kopf blutete. Seine Beine zuckten hilflos hin und her, als etwas in seinem Hals mit einem gedämpften Knacken brach. Gleich darauf erschlaffte sein ganzer Körper.
Genau wie er es gelernt hatte, holte Spartacus mehrmals tief Luft, während er auf die verräterischen Zeichen wartete, die darauf hindeuteten, dass sein Gegner sich nur verstellte. Erst als er spürte, dass der Angreifer wirklich tot war, lieà er dessen Leiche zu Boden sinken.
»Anscheinend verdanke ich dir nun schon zum zweiten Mal mein Leben, Thraker«, sagte Medea leise. »Aber als Sklavin besitze ich nichts, was ich dir geben könnte â auÃer jener einen Sache, nach der du kein Verlangen hast.«
»Du hast den Schlüssel«, erklärte ihr Spartacus. »Wirf ihn mir zu.«
Medea ging in die Knie und kroch nach vorn, wobei sie die Ketten so weit wie möglich anspannte und den Arm nach dem zu Boden gefallenen Schlüssel ausstreckte. Ihre Finger stieÃen gegen das Metall und umklammerten es. Sie warf den Schlüssel zwischen den
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