Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Asche und Schwert

Asche und Schwert

Titel: Asche und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Clements
Vom Netzwerk:
Himmel ihre Kreise ziehen, bevor sie sich auf ihre Beute stürzen. Sie trieben im Wind, schos sen in zufälligen Bewegungen hin und her, zitterten, von einzelnen Böen erfasst, und glitten doch unaufhaltsam in die Tiefe, den feuchten, schmutzigen Steinen der Straße entgegen.
    Unterhalb der Bergspitzen wichen die Hügel dem Wald, der Wald den Feldern und die Felder dem Meer. Ein dunkler, zorniger Berg markierte die ungefähre Richtung von Neapel, das jetzt schon weit hinter Lucretias Sänfte lag. Ihre vier Träger setzten wortlos einen Fuß vor den anderen, und sie ließ die Vorhänge iher Sänfte in einer frischen Brise flattern. So konnte sie die scheinbar endlosen Reihen der Bäume sehen, die sich an ihrer Route entlangzogen, und sie erhaschte einzelne Blicke auf die unscheinbare Straße selbst. Sowie auf Barca, den treuen Barca, der, die Hand auf den Knauf seines Schwertes gelegt, an ihrer Seite ging und die Bäume nach unsichtbaren Feinden absuchte.
    Plötzlich flatterten Flügel vor ihnen auf. Eine Gruppe überraschter Krähen erhob sich in den Himmel wie schwarze Schatten, die sich über die bunten Blätter legten.
    Mit einem Handzeichen forderte Barca die Träger auf, ste hen zu bleiben.
    Â»Da vorne liegt etwas«, flüsterte der Mann aus Karthago.
    Â»Unser Zuhause!«, sagte Lucretia. »Capua liegt vor uns, nur noch wenige Stunden entfernt. Das ist der einzige Bestimmungsort, an den ich einen Gedanken verschwende.«
    Doch sie sprach nur noch mit Barcas Rücken, denn der riesige Gladiator war mit halb gezogenem Schwert weitergegangen.
    Leise fluchend schob sich Lucretia aus der Sänfte, wobei sie ihr Seidenkleid enger um sich schlang, um die Kühle der Berge abzuwehren.
    Â»Barca!«, knurrte sie ärgerlich, als sie ihm auf noch nicht ganz wachen Beinen hinterherstolperte. »Wir fliehen vor den Gefahren in Neapel. Deshalb werden sie wohl kaum vor uns liegen. Es wäre mir recht, wenn wir nicht länger auf dieser Straße herumtrödeln würden.«
    Barca war am Straßenrand stehen geblieben und neben etwas niedergekniet.
    Â»Sag mir, was das ist!«, forderte Lucretia ihn auf, als sie sich dem zusammengekauerten Riesen näherte.
    Barca starrte auf das, was er entdeckt hatte.
    Â»Hier gibt es keine Räuber«, sagte Lucretia. »Uns drohen keine Gefahren, und wir müssen nicht …«
    Sie blieb neben Barca stehen. Der Gladiator kniete neben den Überresten eines menschlichen Wesens.
    Die Leiche lag im Straßengraben. Der Rücken war gekrümmt, weil sich die Sehnen im Tod zusammengezogen hatten. Ein Arm war ausgestreckt, als ob der Tote jemanden anflehte, der andere umklammerte etwas, das einmal eine Taille gewesen war. Die Augen waren verschwunden, die Haut hing ihm in Fetzen vom Gesicht. Tiere mit kräftigeren Kiefern hatten einzelne Fleischstücke aus Armen und Beinen gerissen und dabei Fasern und Knorpel über die Straße verteilt. Ein Fuß und der untere Teil des anderen Beins fehlten ganz.
    Â»Was siehst du?«, fragte Lucretia.
    Â»Einen Sklaven«, erwiderte Barca.
    Â»Woher willst du das wissen?«, fragte sie.
    Â»Ich habe miterlebt, wie man ihn ausgesetzt hat«, sagte Barca. »Auf dem Weg nach Neapel hat unser Karrenlenker hier einen alten Mann zurückgelassen.«
    Â»Das ist nicht mein Problem«, sagte Lucretia seufzend. Sie ging zu ihrer Sänfte zurück.
    Barca sah seiner Herrin einen Augenblick lang nach, be vor er aufstand. Er sprach ein kurzes Gebet aus seiner Heimat Karthago, kaum mehr als ein, zwei Abschiedsformeln, für den verstorbenen Sklaven.
    Â»Ich schwöre, dass ich nicht so enden werde.«
    Cicero hatte leise angefangen, doch jetzt donnerte seine Stimme durch den Raum. Er war aufgestanden und ging vor dem Magistrat auf und ab, wobei er nur gelegentlich innehielt, um den grollenden Verres mit wissendem Blick zu fixieren.
    Â»Es liegt nicht an Euch, über das Erbe zu verfügen«, sagte er. »Pelorus starb durch Eure Nachlässigkeit, und jetzt verschleudert Ihr sein Hab und Gut, um Euer eigenes Ansehen zu mehren.«
    Â»Meine Nachlässigkeit? Meine Nachlässigkeit?«, schnaub te Verres. »Wollt Ihr einen römischen Bürger des Mordes anklagen? Zahllose Zeugen haben mitangesehen, wie die Hexe der Geten Pelorus bei einem Gastmahl umgebracht hat.«
    Â»Zeugen, die sich inzwischen schon längst wieder höchst angenehmer

Weitere Kostenlose Bücher