Asche und Schwert

zwei.«
    Â»Wie heißen sie?«
    In einer freundlichen Geste legte Verres Timarchides den Arm um die Schulter und trat mit ihm von der Bahre weg. Sie gingen durch Pelorus’ Haus, vorbei an den Sklaven, die überall damit beschäftigt waren, das Gebäude wieder bewohnbar zu machen. Böden wurden geschrubbt, Glasscherben wurden zusammengekehrt. Tische wurden zurechtgerückt oder zur Reparatur Dutzenden von Händen übergeben. Keiner der beiden Männer beachtete die Sklaven. Es war, als bringe sich das Haus von selbst in Ordnung.
    Â»Timarchides, jetzt, da du ein Freigelassener bist, musst du lernen, auch wie einer zu handeln«, sagte Verres. »H ospes bedeutet so viel wie Gast und zugleich Freund. Ein Gastfreund. Verstehst du?«
    Â»Alle Gäste sind per Definition Freunde. Das stimmt doch, oder?«
    Â»So einfach ist die Sache leider nicht. Ein hospes ist jemand, dem man die Tür öffnen muss, als gehöre dein eigenes Haus genauso gut ihm. Und wenn du zu ihm reist, muss er dasselbe für dich tun.«
    Â»Ihr seid ein hospes von Pelorus?«
    Â»Natürlich bin ich das. Deshalb habe ich in diesem Haus auch als Ehrengast gewohnt.«
    Â»Ich verstehe. Genau das sollte Freundschaft sein.«
    Â»Und doch geht es, wie ich schon gesagt habe, um mehr als Freundschaft, und bringt gewisse Ansprüche mit sich. Der Freund eines hospes ist auch dein hospes . Wenn du an der Tür eines solchen Mannes anklopfst und dich auf die Freundschaft zu seinem Freund berufst, dann muss auch er dich bei sich aufnehmen.«
    Â»Jetzt verstehe ich, warum man diese Art Freundschaft nicht jedem Beliebigen anbieten kann.«
    Â»Und doch scheint Pelorus genau das getan zu haben.« Es war, als wolle Verres mit seinem Finger den Namen auf dem Papyrus geradezu aufspießen. »Wer ist dieser verfluchte Batiatus? «
    Â»Der lanista ? Er liefert Kämpfer für die Spiele, damit wir sicher sein können, dass an allen Verurteilten Gerechtigkeit geübt wird. Es gibt da irgendeine Verbindung zu Pelorus, die noch in die Jugend der beiden zurückreicht. Aber Pelorus hat nie von seiner Zeit in Capua gesprochen.«
    Â»Wer würde das auch freiwillig tun?«, knurrte Verres. »Es würde mich nicht wundern, wenn sie dieses Haus wie eine beschissene kostenlose Taverne behandeln.«
    Â»Können wir sie nicht in etwas entfernteren Räumlichkeiten unterbringen?«
    Ihr Rundgang hatte sie wieder ins Atrium geführt, wo Verres vor der Bahre seine Stimme senken musste. Die Sklaven waren ihm gleichgültig, doch in Gegenwart der sterblichen Überreste des Menschen, der einmal Pelorus gewesen war, sprach er leise.
    Â»Dieser Batiatus ist ein hospes, Timarchides«, zischte er. »Hast du immer noch nicht begriffen, was das bedeutet? Als Nachlassverwalter von Pelorus bin ich gezwungen, ihn zu empfangen. Als Erbe bist du ihm auf ähnliche Art verpflichtet. Wenn ich befürworten soll, dass du Pelorus’ Güter erhältst, musst du dich an die römischen Gesetze halten!«
    Â»Seid Ihr mein hospes, Gaius Verres?«
    Â»Das möchte ich gerne glauben.«
    Â»Ihr residiert hier in Neapel unter meinem Dach,.«
    Â»Es wird erst dann dein Dach sein, wenn dir diese Güter übertragen werden. Güter, die ich die Macht habe zurückzuhalten.«
    Ein Vorhang des Schweigens fiel zwischen den beiden Männern, von denen jeder gegen das Bedürfnis ankämpfte auszusprechen, was er wirklich dachte. Schwer atmend warteten sie, dass ihre Leidenschaften abklangen, während sich die Bestatter wie düstere Krankenpfleger an der Leiche von Pelorus zu schaffen machten.
    Â»Wie wird man überhaupt ein hospes? «, fragte Timarchides schließlich.
    Â»Nur dadurch, dass man einem anderen auf tiefe, unsichtbare Weise verbunden ist.«
    Â»Kann uns Batiatus Probleme machen?«
    Â»Wir dürfen nicht zulassen, dass seine Ankunft unserem Plan in die Quere kommt.«
    Â» Eurem Plan, Verres. Eurem Plan.«
    Â»Ich versuche nur, aus einer unangenehmen Situation das Beste zu machen.«
    Â»Die von Euren Händen überhaupt erst geschaffen wurde!«, sagte Timarchides. Wut blitzte in seinen Augen auf.
    Â»Habe ich ihm das Messer in den Leib gerammt?«, blaffte Verres zurück. »Hat Gaius Verres deinen Herrn ermordet? Mag sein, die Götter haben uns zugelächelt, doch was den guten Pelorus betrifft, so war das bei ihm leider nicht der