Asche und Schwert
Cicero.
»Ah«, sagte Batiatus und zwinkerte ihm zu. »Wenn Ihr sie schätzen würdet, Cicero, dann würdet Ihr wissen, dass die Welt der Literatur in der Arena zum Leben erwacht.«
»Wie das?«
»Der Anblick zweier Männer, die mit ihren Schwertern aufeinander einprügeln, wird mit der Zeit langweilig. Selbst der Pöbel hat schon bald genug von dieser Art Unterhaltung.«
»Was gewiss der Grund dafür ist, warum man in der Arena verschiedene Rüstungen sieht.«
»Verschiedene Waffen, verschiedene Stile. Kleidung aus längst vergangenen Zeiten. Schilde aus Karthago, griechische Helme.«
»Ein Mann mit einem Netz?«
»In der Tat. Der retiarius mit seinem Netz. Sie alle dienen einem bestimmten Zweck.«
»Da bin ich mir sicher«, sagte Cicero. »Aber Ihr habt von Literatur gesprochen.«
»Allerdings. Entschuldigt. Natürlich kann auch alle Abwechslung bei Rüstungen und Waffen die Menge nicht lange bei Laune halten. Möglicherweise haben diese Dinge einmal genügt, als Gladiatorenkämpfe noch eine Seltenheit waren und man sie nur bei Begräbnisfeierlichkeiten und zu ganz auÃerordentlichen städtischen Anlässen sehen konnte.«
»Doch jetzt sind Gladiatorenkämpfe etwas ganz Gewöhnliches«, erklärte Cicero.
»Eben! Zur Freude jedes lanista . Es gibt immer einen neuen Politiker, der seinen Aufstieg feiert. Es gibt immer einen Priester, der für etwas BuÃe tun muss. Es gibt immer einen jungen Patrizier, der zum ersten Mal die Toga eines Mannes trägt. Geburtstage, Beerdigungen, sogar Hochzeiten. Viele dieser Dinge müssen gefeiert werden, und die vielen Feiern in dieser groÃartigen Republik verlangen Blutvergie Ãen und den Anblick menschlichen Leids. Und das wiederum erfordert ein paar originelle Einfälle. Masken, die das Wiederauftreten derselben Kämpfer verbergen, besondere Vorkehrungen, die den Einsatz von Masken verbergen.«
»Als da wären?«
»GroÃe Augenblicke aus verschiedenen Legenden. Das Nachspielen berühmter Geschichten.«
»Wirklich?«
»Oh Cicero, offensichtlich habt Ihr noch nie wirklich groÃe Spiele gesehen. Ein fähiger lanista ist in der Lage, gleichermaÃen ungewöhnlichen wie ausgefallenen Anforderungen gerecht zu werden. Ein guter Veranstalter wird dafür sorgen, dass selbst die Hinrichtungen originell sind. Den Löwen einfach nur einen Haufen Sklaven zum Fraà vorzuwerfen ist ein Kinderspiel. Stattdessen sollten die Sklaven zum Beispiel nach Vorbildern aus unserer so reichhaltigen Geschichte gekleidet sein und wundervolle Szenen aus der Vergangenheit aufführen.«
»Und der nächste Programmpunkt ist â¦Â«
Batiatus spähte hinüber zu den Tafeln, die in der Nähe der Treppe aufgestellt waren.
»Einige ⦠Menschen ⦠werden von Löwen gefressen.«
Cicero seufzte.
»Und wie sieht unsere Rolle dabei aus?«, fragte Spartacus.
»Ihr beide werdet zu spät kommen«, erwiderte Timarchides. »Ihr werdet die Löwen erst töten, wenn sie ihr letztes Opfer umgebracht haben.«
Die beiden Gladiatoren sahen einander an.
»Wie die thespischen Reiter bei den Thermopylen«, erklärte Timarchides, »die ebenfalls zu spät kamen. Ein kleiner Witz. Nichts kann die Opfer retten.«
»Werden wir wie thespische Reiter gekleidet sein?«, fragte Varro, doch Timarchides ignorierte ihn.
»Wir werden zusehen und warten müssen«, erläuterte der Freigelassene. »Der Ablauf von Hinrichtungen ad bestias kann nicht vorhergesagt werden. Niemand weiÃ, was im Kopf der Verdammten vor sich geht. Die Löwen sind allerdings so hungrig und so wild, dass sich die Ereignisse hoffentlich wie geplant entwickeln werden.«
»Das hört sich so an, als sei eine Komödie beabsichtigt«, bemerkte Varro und schnitt eine Grimasse.
»Wenn man danach verlangt, wirst du den Komödianten spielen«, warnte ihn Timarchides.
»Das kann ich durchaus«, sagte Varro.
»Mein Freund möchte damit ausdrücken«, warf Spartacus ein, »dass wir als Helden gekleidet sind. Wir tragen schimmernde Rüstungen. Unsere Lanzen sind mit leuchtenden Wimpeln geschmückt. Wenn die Zuschauer sehen, dass unser Einsatz misslingt, obwohl wir in dieser Ausrüstung auftreten, werden sie unzufrieden sein.«
»Weil wir zu spät kommen und Menschen in Gefahr nicht retten
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