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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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bekommen, aber wie es aussah, war sein Bestes in dem Fall nicht gut genug. Chloe stand auf einem kleinen Podest mitten im Raum, wo ein Ventilator ihre blonden Locken durcheinanderwirbelte, und verzog ihr puppengleiches Porzellangesicht auf eine Art, die Gary an eine Folge von Twilight Zone  – Unglaubliche Geschichten denken ließ, infolge derer er noch Wochen später unter Alpträumen gelitten hatte, als er kaum älter als sie gewesen war. Währenddessen zog der arme Ira mitsamt seiner Kamera nervöse Kreise um das Kind. »Los, Mädchen«, wies er die Kleine an. »Lass es mal richtig rocken!«
    »Ich bin doch kein Rockstar, sondern Schauspielerin!«, klärte Chloe, die mit ihren acht Jahren kaum älter als die jüngste Freeman-Tochter Hannah war, ihn wütend auf. »Schauspielerin und Model. Rockstars sind doch alles Schmierlappen. Genau wie ihr Fotografen.«
    Ira legte seine Kamera mit einem lauten Seufzer auf den Boden. »Ich kann mit diesem Kind nicht arbeiten, Gary.«
    »Es tut mir wirklich leid«, sagte Chloes Mutter Ruth.
    »Sie sollten sich vor allem selbst leidtun, Lady.«
    »Sie sind total hässlich und Sie haben eine viel zu enge Hose an«, stellte Chloe hämisch fest.
    Wenn man sich selbst lange genug belügt, glaubt man diese Lügen irgendwann. Und wenn man sie erst richtig und von ganzem Herzen glaubt, so wie man an alles andere – an sein Land, an seinen Gott und an seine Familie – glaubt, werden diese Lügen wahr.
    Hatte sie das nicht selbst in einem ihrer Videos gesagt?
    Vielleicht wollte Gary Lula Belle ja gar nicht finden. Sicher käme er auch ohne die Einkünfte von der Webseite zurecht. Er würde Jill einfach erzählen, ihm hätte ein Klient gekündigt und sie müssten ihre Gürtel deshalb erst mal ein bisschen enger schnallen. Das würde sie verstehen. Das müsste sie verstehen.
    Und so mächtig sie auch war, die Erinnerung an Lula Belle würde im Laufe der Zeit verblassen, und die Abonnenten und auch Gary selbst würden irgendwann vergessen, dass sie jemals existent gewesen war. Er würde sich zwingen zu vergessen, dass es eine Frau mit ihrem Namen je gegeben hatte. Würde die Hotmail-Adresse schließen, und die Abonnenten sähen sich nach etwas anderem um. Der Schatten bliebe hinter der verschlossenen Tür, und dann würde die Tür und dadurch auch sie verschwinden. Er würde nie wieder etwas von ihr hören. Es wäre endgültig vorbei, abgesehen von einer verblassenden Erinnerung.
    Aber wird sie je verblassen, Lula Belle? Werde ich es je verwinden, nicht zu wissen, wer du bist?
    »Jetzt reicht’s mir«, verkündete Ira. »Wir sind miteinander fertig.«
    Gary schreckte auf und sah ihn an. »Glaubst du, dass man auch nur eins der Bilder brauchen kann?«
    »Nur wenn jemand einen Horrorfilm über ein achtjähriges Monster drehen will.«
    Ruth Barton blickte Gary flehend an. »Nur noch ein letzter Versuch.«
    »Wir werden uns nächste Woche noch mal treffen«, setzte Garry an, doch weiter kam er nicht.
    »Und dann?«
    Das Handy in seiner Brusttasche vibrierte, und er hob die Hand.
    »Bin sofort wieder da.«
    »Aber Gary …«, begann Ruth, doch er atmete tief ein, langsam wieder aus und trat durch die Tür in Iras kleinen Hof mit dem farbenfrohen Fliesenboden und den rot blühenden Hibiskuspflanzen und dem sanft plätschernden Brunnen. Ging daran vorbei, zog das Handy aus der Tasche und warf einen Blick auf das Display …
    Ludlow.
    »Ja?«, meldete Gary sich.
    »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht.«
    Gary fuhr zusammen. Nicht nur wegen der Worte selbst – denn niemand hatte jemals eine wirklich gute Nachricht, wenn er dieses Klischee verwendete –, sondern auch oder vor allem wegen der Art, wie Ludlow sprach. Er hängte sich an jede Silbe wie an einen gottverdammten Rettungsring. Weshalb hatte er nur je an diesen Schaumschläger geglaubt?
    Wieder sagte er nur: »Ja.«
    »Welche möchten Sie zuerst hören?«
    Mein Gott. »Ist mir egal. Ich nehme an, die gute.«
    »Ich habe mit Brenna Spector gesprochen.«
    Gary riss die Augen auf. »Ach ja?«
    »Yep.« Das P klang wie Kanonendonner, und beinahe hätte Gary sich den Speichel dieses Mannes aus dem Ohr gewischt. »Und ich habe sie engagiert.«
    »Was?«
    »Sie wollten doch, dass sie ihre Erfahrung bei der Suche nach Vermissten einbringt – und das habe ich für Sie organisiert. Sie ist jetzt mit im Boot.«
    »Aber …«
    »Keine Angst, das kostet Sie nichts zusätzlich – ich bezahle sie von meinem Honorar.«
    »Das Geld

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