Aschebraut (German Edition)
Zwischenzeit von ihrem Auftraggeber angerufen worden war. Deshalb hob sie kurz entschuldigend die Hand, kehrte Nick den Rücken zu und nahm den Anruf entgegen.
»Sie sind nicht allein«, eröffnete Freeman das Gespräch.
»Nein«, gab sie zurück. »Aber hören Sie, wo wir gerade miteinander sprechen – haben Sie jemals den Namen Robin Tannenbaum gehört? Er nennt sich auch RJ.«
Erst nach einer langen Pause kam die Antwort. »Nein. Warum?«
»Weil er vielleicht mit unserer Frau zusammen ist.«
»Wie kommen Sie denn darauf?«
»Nun, die beiden kennen sich, sind ungefähr zur selben Zeit verschwunden, und es sieht so aus, als ob zumindest er in ziemlich großen Schwierigkeiten ist.«
Wieder kam die Antwort erst nach einer halben Ewigkeit. »Okay. Aber vergessen Sie nicht, ich zahle nur dafür, dass Sie das Mädchen suchen.«
Brenna runzelte die Stirn, und sofort tat ihr das linke Auge wieder weh. »Menschen verschwinden nicht immer allein, Ga…«
»Pst. Sprechen Sie mich nicht mit meinem Namen an.«
»Entschuldigung.«
»Schon gut. Hören Sie, ich will nicht länger reden, wenn Sie nicht allein sind. Und vergessen Sie nicht – falls jemand nach mir fragt – egal wer …«
»… kenne ich Sie nicht.«
»Genau. Wir sprechen uns.«
Und schon hatte er wieder aufgelegt.
Brenna starrte kurz ihr Handy an. Großer Gott, war dieser Kerl paranoid. Legte er sich vielleicht jeden Tag ein neues Prepaid-Handy zu?
»Wer war denn das?«
Die Frage zauberte ein Lächeln auf Brennas Gesicht. Es war beinahe so, als hätte Freeman den Detective angeheuert, um sie auf die Probe zu stellen. »Niemand Besonderes. Nur ein Klient.« Sie räusperte sich und fuhr fort: »Also, was wolltest du gerade sagen?«
»Du ermittelst in dem Fall doch nicht mehr weiter, oder?«
Brenna wandte sich ihm wieder zu, und ihr Lächeln schwand. Denn sein Gesicht war unerwartet ernst. »Doch, natürlich.«
»Brenna.«
»Ich kann jetzt nicht einfach aufgeben.«
Er sah sie aus zusammengekniffenen Augen an. »Und warum, zum Teufel, nicht? Du hast gerade erst mit deinen Nachforschungen angefangen, und schon hat es irgendeine Bande wegen dieses Typen auf dich abgesehen – dabei ist er nicht mal die Person, nach der du suchst.«
»Ich kann nicht.«
»Du wärst heute fast gestorben«, rief Morasco ihr eindringlich in Erinnerung. »Hättest deine Tochter fast zu Tode erschreckt. Und weswegen? Wegen … wegen eines Schattens? Wegen irgendeines sonderbaren Fetischs?«
»Sie ist auch ein Mensch.«
»Das bist du auch. Und es gibt eine ganze Reihe Menschen, denen du sehr wichtig und deshalb was schuldig bist.«
»Ich bin ihr auch was schuldig.«
»Wem?«
»Lula Belle.«
»Das bist du nicht.«
Brenna bedachte ihn mit einem bösen Blick.
»Warum tust du das?«
»Weil es ganz einfach wichtig ist.«
»Und warum?«
»Weil ich es sage ?«
»Ich meine es ernst, Brenna.«
»Das sehe ich.«
Hinter seinen Brillengläsern wurden seine Augen hart. »Ist es wegen Ludlow?«
»Was?«
»Du hast mich ganz genau verstanden.«
Plötzlich war der 23. Oktober 1998, und sie kniff die Augen zu und flüsterte mit rauer Stimme: »Nein.«
»Du erinnerst dich gerade an Jim, nicht wahr?«
»Nein, ich …«
»Du erinnerst dich an seine Reaktion, als er dahinterkam, dass du wieder für Ludlow tätig gewesen warst, obwohl du ihm versprochen hattest, das nicht mehr zu tun.«
»Hör auf.«
»Du erinnerst dich an jenen Abend, und das solltest du auch tun. Du solltest dich daran erinnern, wie er sich gefühlt hat, als du wieder einen Auftrag von dem Arschloch angenommen hattest, obwohl du genau wusstest, wie gefährlich diese Arbeit war.«
»Aufhören, habe ich gesagt!« In Brennas Augen brannten heiße Tränen. Zornig wandte sie sich wieder ab und rang erstickt nach Luft.
»Ich … es tut mir leid.«
Abermals kniff sie die Augen zu und sagte in Gedanken mehrmals nacheinander das gesamte Vaterunser auf, bis die Erinnerung wieder verschwunden war. Ihre Augen aber brannten weiter, und trotz aller Gegenwehr lief ihr eine Träne über das Gesicht. Eilig wischte sie sie fort, atmete tief durch, bis das Gefühl verging, schlug dann die Augen wieder auf und wandte sich Morasco zu.
Das zumindest schaffte sie. Ihrer Stimme allerdings konnte sie noch nicht wieder trauen. Gott, manchmal hasste Brenna sich. Hasste ihre vielen Handicaps.
»Das war nicht fair von mir«, gab er mit rauer Stimme zu.
Sie schwieg.
Er atmete tief ein und langsam wieder aus. »Es
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