Aschebraut (German Edition)
pochen, und zum zweiten Mal an diesem Tag dachte sie an den Parkplatz hinter dem O’Donnell’s , das in City Island lag. Sie und Nick hatten die Bar nach dem Besuch bei ihrer Mutter aufgesucht. Wie gewöhnlich hatte Evelyn der Tochter neben feinem Hühnchen jede Menge Vorwürfe serviert. Denn sie legte sich die Dinge in ihrer Erinnerung stets so zurecht, wie es ihr am liebsten war. Also hatte Brenna im O’Donnell ’s in Rekordzeit vier Halbliterflaschen Bier in sich hineingekippt, doch als sie am Schluss aus dem Lokal gestolpert war, hatte sich die Frustration über das Verhalten ihrer Mutter immer noch nicht ganz gelegt …
»Und weißt du noch, wie sie gesagt hat, als ich sie das letzte Mal besucht hatte, hätte Maya noch gezahnt?« Inzwischen ist sie sturzbetrunken. Nicht ein bisschen angesäuselt, sondern richtiggehend voll. Bei ihrer Größe sollte sie auf alle Fälle mehr vertragen. Weshalb ihr ihr Zustand etwas peinlich ist.
»Aber das ist nicht wahr, oder?«, fragt Nick sie lächelnd. Brenna hat sich an ihn angelehnt und kann spüren, wie er seinen Mund an ihrem Haaransatz verzieht.
»Mein letzter Besuch ist gerade mal drei Wochen her!« Ihre Stimme klingt verwaschen, aber trotzdem fährt sie fort: »Und, verdammt, wenn Maya vor drei Wochen noch gezahnt hat, wird sie irgendwann mal ein verfluchter Hai.«
Jetzt bricht er in lautes Lachen aus.
»Ich meine es ernst. Vielleicht sollte ich den Tierschutzverein anrufen. Oder vielleicht besser irgendeine hochgeheime wissenschaftliche Abteilung der Marine. Vielleicht sollte ich den Leuten dort erklären, ich hätte ein mutierendes Haimädchen bei mir daheim, weil meine Mutter sagt, sie zahnt, und die Frau hat schließlich immer recht.«
Nick lacht erneut. Sie mag es, wenn er lacht. Dreht den Kopf, um ihn lachen zu sehen, und spürt seine Fingerspitzen im Genick und in der Taille und die Lippen dieses Mannes … die, o ja, genau so sind, wie Lippen sein sollten … und lehnt sich wieder an ihn an. Es ist ganz leicht, als würde sie einfach dahinschmelzen …
»Soll ich warten, bis du deine Tür geöffnet hast?«
Brenna wandte sich Morasco zu und setzte ein Lächeln auf. »Danke, aber ich komme schon klar.«
Mit einem kurzen Winken fuhr er wieder los, und sie blickte ihm nach und wünschte sich verzweifelt, auf dem Parkplatz hinter dem O’Donnell’s wäre etwas anderes passiert.
Dann sah sie hinauf zu ihrer Wohnung. Trotz der zugezogenen Vorhänge war deutlich zu erkennen, dass sämtliche Lichter brannten und sich zwei Schatten durch das Wohnzimmer bewegten. Maya.
Es wäre einfach himmlisch, zusammen mit Maya Pizza zu bestellen und sie dann gemeinsam vor dem Fernseher zu essen. Denn ihr taten alle Knochen weh, und vor allem war sie vollkommen erschöpft. So erschöpft, dass ihr erst auf dem Weg nach oben ins Bewusstsein drang, dass nicht nur ein Schatten hinter ihren Vorhängen zu sehen gewesen war.
Eilig lief sie weiter, schob den Schlüssel ins Schloss und öffnete die Tür.
Sofort kam Maya auf sie zugerannt, »Mom!«, schlang ihr die Arme um den Hals, und Brenna zog sie eng an ihre Brust. Mein Baby …
»Ist sonst noch jemand hier?«
»Tut mir leid«, wisperte Maya. »Ich habe ihm gesagt, was dir passiert ist. Ich war total panisch …«
Brenna machte sich von ihrer Tochter los, öffnete die Augen und entdeckte ihn. Er lehnte neben ihrem Schreibtisch an der Wand, so als gehörte er dorthin, genau wie … Nein, nein, nein.
»Was ist mit deinem Auge, Mom?«, wollte Maya wissen, aber Brenna konnte es nicht sagen. Konnte nicht mehr atmen, konnte ihn nicht ansehen, brachte keinen Ton heraus, abgesehen von dem Namen der Person, die noch im Zimmer war. »Jim.«
11
Errol Ludlow duldete es nicht, dass man ihn warten ließ. Das war aus seiner Sicht ein feindseliger Akt – das unausgesprochene Zeichen dafür, dass man seine Zeit für wertlos hielt, die sich willkürlich vergeuden ließ. Und obwohl natürlich Gary Freeman alles Recht der Welt hatte, ihm gegenüber feindselig zu sein, widersprach es seinen eigenen Interessen, wenn er Errol warten ließ. Denn er hatte Freeman eine Frist gesetzt. Die vor nunmehr sieben Minuten abgelaufen war.
Errol prüfte, ob der Klingelton von seinem Handy eingeschaltet war. Vielleicht ist ja mein Telefon kaputt. Er schnappte sich den Hörer des hoteleigenen Telefons und rief sein Handy damit an. Natürlich läutete es mindestens so laut wie die Glocken von St. Patrick’s zu Beginn des
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