Aschebraut (German Edition)
ich suche es dir raus.« Brenna blätterte in den Papieren, fand das Foto aber nicht. »Wahrscheinlich hat Trent es eingesteckt, weil er ein bisschen damit herumexperimentieren will.« Sie fand eine andere Aufnahme des Regisseurs, eine ältere Schwarzweißaufnahme, die aus einer Zeitschrift ausgeschnitten worden war und wahrscheinlich zwischen all dem anderen Zeug gelegen hatte, das in Robins Schreibtischschublade gewesen war. »Hmm. Sieht aus, als hätte Robin eine ganze Sammlung Spielberg-Aufnahmen gehabt.«
»Da soll noch einer schlau draus werden. Manche Kerle wollen aussehen wie einer von den Chippendales, und dieser Robin hat als Vorbild einen Regisseur, der inzwischen fast im Rentenalter ist.«
»Wer zum Teufel will denn aussehen wie einer von den Chippendales?« Brenna starrte auf den Rand des ausgeschnittenen Fotos – dort war etwas in so kleiner Schrift vermerkt, dass es beinahe nicht zu lesen war: DEUT 31:6.
»Er hat einen Bibelvers auf diesem Bild notiert.«
»Ein bibeltreuer, Spielberg anbetender Porno-Cutter?«
»Der zugleich ein großer Louise-Hay-Fan ist«, fügte Brenna noch hinzu.
»Ein äußerst vielseitiger Mensch.«
»Du bist übrigens ein wirklich guter Autofahrer.«
»Du fährst doch nicht zum ersten Mal mit mir.«
»Ich weiß. Aber ich wusste bisher nicht wirklich zu schätzen, wie sicher du fährst. Trent fährt immer so, als wäre ein gehörnter Ehemann mit einem Gewehr hinter ihm her.«
Sie waren auf dem West Side Highway angelangt und fuhren gerade an den Chelsea Piers vorbei. »Ich versuche immer noch herauszufinden, was jemand wie Lula Belle an diesem Tannenbaum gefunden hat«, sagte Morasco. »Ich meine, wenn du einem Menschen dieses Foto schicken wolltest – ein lange verlorenes Familienfoto, ganz egal, wer diese Lula Belle am Ende ist …«
Brenna nickte. Ganz egal, wer Lula Belle am Ende war.
»Und wenn du diesem Menschen obendrein genug vertrauen können musst, um ihn zu bitten, unter seinem Namen ein geheimes Postfach anzumieten, an das du dir geheimes Geld von einer geheimen Arbeit schicken lassen willst, fällt deine Wahl doch sicher nicht auf einen fünfundvierzigjährigen Porno-Cutter, der in Queens bei seiner Mutter lebt und dämlich genug ist, um sich Geld von einem Kerl zu leihen, der Typen wie Bo und Diddley kennt?«
Brenna wandte sich ihm zu. »Vielleicht kennen sie und Robin sich ja schon von früher«, schlug sie vor. »Und vielleicht ist er gar nicht dämlich, sondern ihr ganz einfach treu ergeben oder hoffnungslos in sie verliebt.« Sie dachte an Robin, wie er seine Wintersachen und seine geliebte Filmausrüstung packte und sich einen Bart wie Spielberg wachsen ließ … um wie jemand anderes auszusehen. »Vielleicht brauchte er ja einfach auf die Schnelle Geld, um sich mit Lula Belle ein neues Leben aufzubauen, und hat sich deshalb einen so hohen Betrag von Pokrovsky geliehen.«
»Schwer vorstellbar.« Morasco schüttelte den Kopf. »Aber ausgeschlossen ist es nicht.«
»Es gibt nur einen Weg, um rauszufinden, wofür dieses Geld gewesen ist.«
Er sah sie fragend an.
»Du wirst den Vorschlag hassen, aber ich möchte noch mal zurück nach Queens, damit mich Hildy diesem Mann vorstellt.«
»Uns.«
»Wie bitte?«
»Damit sie uns dem Mann vorstellt. Ende der Diskussion.«
Brenna sah ihn an. »Seit wann bist du ein derart harter Brocken?«, fragte sie. »Ach ja, richtig. Schließlich bist du ein Cop.«
»Tatsächlich ist es mir lieber, wenn man mich den Bullen nennt. Ich versuche gerade, diese Bezeichnung wieder einzuführen.«
Brenna schaute ihn grinsend an.
Sie hatten ihre Straße schon vor längerem erreicht, und als auch nach der dritten Runde um den Block nirgendwo ein freier Parkplatz zu entdecken war, hielt Morasco kurzerhand in zweiter Reihe direkt vor dem Haus. Es war inzwischen kurz nach fünf, und an der Laterne vor dem Haus erhellte Weihnachtsschmuck die winterliche Dunkelheit. In dieser Zeit des Jahres sah die 12. Straße etwa wie aus einem Kinderbuch aus dem neunzehnten Jahrhundert aus. Derartige Gedanken gingen Brenna nur sehr selten durch den Kopf, aber plötzlich sehnte sie sich regelrecht nach Schnee, Pferdekutschen und warmem Kaminfeuer, das durch hübsche Erkerfenster von der Straße aus zu sehen war.
»Also, dann bis morgen früh«, sagte sie zu Morasco.
»Alles klar.« Und lächelnd fügte er hinzu: »Pass auf dich auf.«
»Du auch.«
Als sie ausstieg, biss ein kalter Wind ihr ins Gesicht, ließ ihr Veilchen am Auge
Weitere Kostenlose Bücher