Aschebraut (German Edition)
Fälle hatte Brenna schon gewusst, was sie erwartete. Womit sie nicht gerechnet hatte, war, dass sie das CT noch mal durchleben würde, das sie während dieser Studie am 23. Juni 2006 hatte über sich ergehen lassen müssen und das ihr gezeigt hatte, dass sie in höchstem Maße klaustrophobisch war. Der Kopfhörer, den ihr die Röntgenassistentin am Columbia Presbyterian gegeben hatte, hatte Brenna in den weißen Raum im City of Hope Medical Center in Duarte, Kalifornien, zurückversetzt …
Es riecht nach irgendwelchen Chemikalien , und ihr Herz fängt an zu rasen, als Doreen, die Röntgenassistentin, ihr den dicken schwarzen Kopfhörer hinhält. »Soll ich ein bisschen Black Sabbath hören?«, versucht sie es mit einem Scherz. Doch ihre Stimme ist ein raues Krächzen, denn vor lauter Panik hat sie einen trockenen Hals.
Doreen bleibt völlig ernst. »Der Kopfhörer soll Ihre Ohren schützen. Wurde bei Ihnen schon mal ein CT gemacht?«
»Nein.«
»Nun, ohne diese Dinger ist der Krach noch unerträglicher als der bei War Pigs «, klärt Doreen sie auf.
»He, ich finde War Pigs toll.«
Noch immer lächelt Doreen nicht. »Vielleicht macht Ihnen diese Untersuchung dann ja Spaß.«
Brenna gleitet in die Röhre. Eine Reihe schriller Piepser schneidet ihr ins Hirn. Es kommt ihr wie ein Test des Notrufsystems der Hölle vor. Wo ist War Pigs , wenn man es mal braucht?, geht es ihr durch den Kopf. Und dann hört das Piepsen wieder auf.
Durch den Kopfhörer hört sie die Stimme von Doreen. »Bitte bleiben Sie ganz still liegen, Ms Spector.« Brenna schlägt die Augen auf, aber die Wände der Röhre kommen immer näher. Es wird immer enger. Sie will die Wände wegschieben und schreien.
»Vor vier mal zwanzig und sieben Jahren …«, hatte Brenna angefangen, dann plötzlich die Stimme der Röntgenassistentin des Columbia Presbyterian gehört. »Bitte bleiben Sie ganz still liegen, Ms Spector.«
Und war abermals ins City of Hope zurückgekehrt …
Vor ihrem geistigen Auge sieht sie Edward G. Robinson in Soylent Green – Jahr 2022 … die überleben wollen , der friedliche Szenen auf einem Bildschirm sieht, während er eingeschläfert wird. Sie macht die Augen wieder auf, und die Röhre ist noch kleiner …
»Ist es bald vorbei?«, fragte Brenna jetzt.
»Ja, Ma’am.«
Das hatte Gott sei Dank gestimmt, und nach einer kurzen Unterhaltung mit dem Chefchirurgen – der im selben Ton von ihrem Hirn gesprochen hatte, wie wenn Trent von irgendwelchen ganz besonders gutbestückten Mädchen schwärmte – kehrte Brenna zu Morasco in den Warteraum zurück.
»He, dein Auge sieht schon wieder deutlich besser aus«, meinte er.
Sie hob eine Hand an ihr Gesicht. Es fühlte sich auch deutlich besser an, pochte nur noch dumpf und schien erheblich weniger geschwollen zu sein. »Glaubst du, dass Maya ausflippt, wenn sie mich so sieht?«
Er schüttelte den Kopf, doch sie konnte nicht sagen, ob er es tatsächlich ehrlich meinte, als er sagte: »Nein, ganz sicher nicht.«
Dann sah er sie fragend an. »Brenna?«
»Ja?«
»Würdest du mir jetzt vielleicht erzählen, wie es zu deiner Bekanntschaft mit … Verdammt, bereits bei dem Gedanken, ihren Namen auszusprechen, komme ich mir vollkommen idiotisch vor.«
»Bo und Diddley.«
»Kommst du dir jetzt nicht idiotisch vor?«
»Doch«, erklärte Brenna. »Doch, das tue ich.«
»Kannst du mir vielleicht trotzdem sagen, wie diese zwei Hornochsen bei euch im Wagen gelandet sind?«
»Trent hatte die Türen nicht verriegelt.«
»Gut. Aber vielleicht fängst du ein Stückchen weiter vorn an.«
Sie stieß einen Seufzer aus. »Das ist eine lange Geschichte«, begann sie, lieferte ihm dann aber die Kurzversion, angefangen bei ihrem Frühstück mit Kate O’Hanlon über den Besuch in Hildy Tannenbaums Apartment einschließlich des Telefonanrufs von diesem Pokrovsky bis hin zu der wilden Fahrt mit den beiden dümmsten Geldeintreibern in der Geschichte der organisierten Kriminalität. Einer der Vorteile eines perfekten Gedächtnisses war nämlich der: Solange man nicht abgelenkt wurde, konnte man eine Geschichte gut und schnell erzählen, ohne dass man wegen irgendwelcher Einzelheiten, die man nicht mehr sicher wusste, ins Stocken geriet.
»Dann hat dieser Tannenbaum also Schulden bei diesem Pokrovsky?«, hakte Morasco nach. »Weshalb denn das?«
»Das ist die 64 000-Dollar-Frage.«
»Das ist ja wohl ein hoffnungslos veralteter Vergleich«, erklärte er. »Wie alt bist du
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