Aschebraut (German Edition)
Job – nicht nur die untreuen Ehemänner, sondern auch oder vor allem die betrogenen Ehefrauen, die nur noch dafür lebten, zu beweisen, was für ein Charakterschwein der andere war. Es wird ihm noch leidtun, dass er mir das antut, sagten sie und hatten dabei einen derart harten, kalten Blick, dass Errol jedes Mal ein leichter Angstschauder über den Rücken lief. Einige dieser Frauen hatten ihm schon vorgeschlagen, den untreuen Mann auf irgendeine Art zu ködern (Könnten Sie nicht eins von Ihren Mädchen dazu bringen … na, Sie wissen schon … und das Zusammensein dann filmen?) , und auch wenn er nicht sentimental erscheinen wollte – waren diese Frauen und Männer, die sich irgendwann geschworen hatten, sich für alle Zeit zu lieben, nicht der lebende Beweis dafür, wie kleinlich und wie klein im Geist die meisten Menschen waren?
Manchmal hatte Errol das Gefühl, als hätte er sein ganzes Leben damit zugebracht, jemanden zu suchen, der geistig und emotional auf einer Augenhöhe mit ihm war. Keinen Seelenverwandten, denn dieses Konzept war einfach lächerlich. Einfach einen anderen Menschen, der die dunkle, kranke Welt mit ihm durchreiste, jemanden, dem Errol in die Augen blicken konnte, während er ihn fragte: Findest du nicht auch, dass es hier stinkt?
»Nein, ich glaube nicht, dass wir jemals hätten Freunde werden können, Gary«, antwortete er.
»Danke, Errol.«
Errol legte auf und starrte in den Spiegel an der Wand neben dem Bett. Er war davon ausgegangen, dass er regelrecht euphorisch wäre, aber jetzt empfand er das genaue Gegenteil – als hätte Freemans Traurigkeit ihn angesteckt. Er verspürte das Bedürfnis, das Versprechen, das er ihm gegeben hatte, einzuhalten – und mit allen Mitteln zu verhindern, dass der Zorn der Ehefrau ihn jemals traf.
Plötzlich schlich sich ein hässlicher Gedanke in seinen Kopf: Was, wenn Jill nach dem Gespräch mit ihm gar nicht beruhigt gewesen war? Was, wenn sie auch noch eine von den anderen Nummern aus dem Handy ihres Mannes angerufen hatte und wenn die Person ihr gegenüber nicht so unehrlich wie er gewesen war? Nein. Das konnte ganz einfach nicht sein. Denn hätte Garys Frau etwas herausgefunden, dann hätte sie sich doch bestimmt direkt an ihren Mann gewandt. Und dann wären er und Errol niemals ins Geschäft gekommen. Denn dann hätte Gary sich ganz sicher nicht bei ihm gemeldet, um auf seinen Vorschlag einzugehen.
Aber vielleicht wartete Jill Freeman ja auch einfach noch ein wenig ab, bevor sie zu Gary ging.
Vergewissere dich. Damit du dir nicht länger unnötig Gedanken machen musst. Ohne weiter zu überlegen, gab er Brenna Spectors Nummer in sein Handy ein. Doch sie ging nicht an den Apparat. »Verdammt«, entfuhr es ihm. Doch er wollte ihr nicht auf die Mailbox sprechen, und so legte er noch melancholischer als vorher und paranoid bis in die Haarspitzen mit einem abgrundtiefen Seufzer wieder auf.
Wenn er ehrlich war, lag seine Stimmung sicher teilweise an dem erbärmlichen Hotelzimmer, in dem er gerade saß. Er selbst hatte das erfolgreiche Geschäft im Carlisle feiern wollen, aber aus irgendeinem Grund hatte Diandra starrköpfig auf dieser dunklen, lauten Absteige bestanden – einem lauten, dunklen Loch mit einem altersschwachen Fahrstuhl und einem Foyer, das sicher schon genauso ausgesehen hatte, ehe Cher zum ersten Mal mit neuer Nase aufgetreten war. Außerdem hing in dem Raum ein seltsamer Geruch. Errol konnte nicht genau ergründen, was für ein Geruch das war, doch bei dem Gedanken daran, was ein Luminoltest in dem Zimmer sicher alles sichtbar machen würde, wurde ihm fast schlecht.
Den Beginn seiner Karriere hatte Errol größtenteils in solchen Räumen zugebracht. Wahrscheinlich könnte er die vielen Male gar nicht zählen, an denen er nach Zahlung einer kleinen Summe an den jeweiligen käuflichen Portier ganz allein mit seiner Kamera in einem solchen Loch gesessen hatte, um Beweisfotos der Dinge zu bekommen, die sich in der Wohnung gegenüber oder – nur durch einen schmalen Spalt in der Verbindungstür zu sehen – gleich im Nebenraum ereignet hatten. Es war einfach kaum zu glauben, wie oft Männer sich in einen solchen Schmutz und eine solche Verderbtheit flüchteten.
Aber Diandra hatte ihm am Telefon erklärt, Stundenhotels würden sie anmachen. Mit der sanften Säuselstimme, der er regelrecht verfallen war. Und welcher Mann konnte schon nein sagen, wenn eine junge Frau mit einer solchen Säuselstimme mit ihm sprach?
Und
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