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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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wusste, dass sie eine Hexe war –, Hunden, Spinnen, Schlangen … selbst Zementmischern, auch wenn du dir das sicher nur schwer vorstellen kannst.«
    Brenna riss die Augen auf und schob sich dichter vor den Monitor.
    »Ich hatte mir aus irgendwelchen Gründen in den Kopf gesetzt, dass diese Zementmischer … ich weiß nicht, wie riesige Staubsauger wären oder so. Ich dachte, sie könnten mich aufsaugen und mit dem ganzen schweren, nassen Zement vermischen, und dann könnte ich nicht mehr atmen und käme dort nie wieder raus.«
    »Genauso ging’s mir auch«, stieß Brenna mit erstickter Stimme aus.
    »Aber mein Daddy hat alles besser gemacht. Er hat mir ein Nachtlicht für mein Zimmer besorgt und mich vor dieser bösen alten Frau beschützt. Er hat mir erklärt, dass diese Hunde und die Schlangen mehr Angst vor mir als ich vor ihnen hätten, und er hatte recht. Aber das Beste, was mein Daddy gemacht hat – immer wenn wir durch die Gegend fuhren und ein Zementmischer am Rand der Straße stand, hat er dieses Lied für mich gesungen …«
    Nein … das kann nicht sein …
    »Ich weiß nicht, ob er es sich ausgedacht hat oder nicht, aber es ging in etwa so … Zementmischer, dreh dich im Kreis / Zementmischer, rühr an den Speis / Bist viel zu brav und fleißig, um jemals zu ruhn / oder meinem kleinen Mädchen irgendwas zu tun …
    Brenna atmete zischend ein. Sie kannte dieses Lied – gut genug, um mitzusingen, während es an ihre Ohren drang. Es war ihr nicht weniger vertraut als die weiße Plastikrückbank in dem Mustang, den ihr Dad den »weißen Hai der Straßen« genannt hatte, als die starken Hände, die das Lenkrad festgehalten hatten, der Old-Spice-Geruch und die geliebte dunkle, gutgelaunte Stimme, die dieses Lied immer gesungen hatte. »Keine Sorge, kleine Kröte, dieses Ding wird dir nichts tun. Es ist nur ein Bus für Baumaterial«, hatte ihr Dad immer zu ihr gesagt. »Wie der Bus, mit dem die großen Kinder in die Schule fahren, nur dass der hier all die Sachen transportiert, aus denen man die Spielplätze für kleine Kinder baut! Zementmischer, dreh dich im Kreis …«
    »Weißt du, wie mein Daddy diese Zementmischer immer genannt hat?«, flüsterte Lula in die Kamera. »Er hat sie Baubusse genannt. Für das Material, aus dem man Spielplätze für kleine Kinder baut. Ist das nicht witzig?«
    »Mann, sie wird mir fehlen«, meinte Trent, nachdem er aus dem Flur zurückgekommen war.
    Brenna fuhr zu ihm herum. »Wir übernehmen diesen Fall.«

2
    Lula Belle verfügte über keine eigene Facebook-Seite und auch über keinen eigenen YouTube-Kanal. Trent zufolge hatte sie unter dem Namen @misslulabelle getwittert und mehr als zehntausend Anhänger gehabt – allerdings hatte man das Account gelöscht, nachdem bekannt geworden war, dass nicht Lula Belle die Tweets verschickt hatte, sondern ein Theologiestudent der Azusa Pacific University mit einem Talent zu sexuellen Überspitzungen und zu viel freier Zeit.
    Seltsam, dass ein Mädchen, das von Internetauftritten lebte, derart schwer im Netz zu finden war. Auch wenn sie dadurch natürlich noch geheimnisvoller wirkte, kam es Brenna einfach eigenartig vor.
    Sie bekam es einfach nicht mehr aus dem Kopf – das Lied vom Zementmischer, die Stimme ihres Vaters, tief und trotzdem fröhlich … Woher hatte dieser Schatten eines verschwundenen Mädchens einen von ihm selbst erdachten Song Wort für Wort gekannt? Wie hatte es diese »Performance-Künstlerin« – deren Name übrigens wie der einer Miss Tallahassee Tractorpulling 1945 klang – geschafft, einige der wenigen Erinnerungen, die Brenna an ihren Vater hatte, aus ihrem Gehirn zu ziehen und so zu tun, als hätte sie die Dinge selbst erlebt? Brenna hatte jede Menge Fragen, und sie brauchte Antworten. So schnell wie möglich, und soweit sie wusste, gab es, abgesehen von Lula Belle und ihrem Manager, nur eine einzige Person, die sie ihr vielleicht geben könnte. Und zwar ausgerechnet Errol Ludlow.
    Manchmal war das Leben wirklich ungerecht.
    Sie warf einen Blick auf Trent. Lula Belle füllte den ganzen Bildschirm des Computers aus. Auf dem Standbild saß sie rittlings auf dem Hocker und hielt sich die Colaflasche an den Mund, während Trent sämtliche Teile ihres Körpers mit den toten Gegenständen auf dem Bild verglich. Ein paar Monate zuvor hatte er ein Programm entwickelt, mit dem sich die Größe, die Statur und das Gewicht einer Person genau bestimmen ließen, weil er all die schlechten Fotos

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