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Aschebraut (German Edition)

Aschebraut (German Edition)

Titel: Aschebraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Gaylin
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ein kalifornischer Neurowissenschaftler namens Dr. Louis Gettis am 24. Juni 2006 erläutert hatte, war die Ursache der Störung ein perfekter Sturm, das hieß die Verkettung unglücklicher Umstände – in ihrem Fall einer Gehirnanomalie und eines traumatischen Erlebnisses. Wobei die Bezeichnung »Sturm« es wirklich gut beschrieb, weil schließlich das Syndrom in ihrem Hirn Vergangenheit und Gegenwart wild durcheinanderwirbeln ließ.
    Inzwischen hatte sie zwei Arten von Erinnerungen – die verschwommenen, undeutlichen Andenken an ihre Kindheit und die klaren, dreidimensionalen Bilder all der Dinge, die ihr seit dem 22. August 1981 widerfahren waren.
    Beispielsweise konnte Brenna noch genau ihr Frühstück vom 25. Juni 1998 schmecken (schwarzer Kaffee, eine Schüssel Cornflakes mit entrahmter Milch und Blaubeeren, von deren Mehligkeit sie ein wenig enttäuscht gewesen war, sowie abschließend zwei Donuts, einer dick mit Schokolade überzogen und der andere mit Zuckerguss). Während ihr Vater, der die Familie bereits verlassen hatte, als sie noch in die Grundschule ging, in ihrem Hirn nur noch aus einem Paar starker Arme, einem würzigen Old-Spice-Geruch, einem leichten Kuss auf ihre Stirn und einer Geschichte, die ihr Jahre später eine Freundin ihrer Mutter erzählt hatte, bestand. Nicht einmal sein Gesicht konnte sie noch deutlich vor sich sehen. Genau wie das von ihrer großen Schwester Clea, die am 21. August 1981, mit kaum siebzehn, in einen blauen Wagen eingestiegen und nie mehr zurückgekommen war. Ihr Verschwinden hatte den perfekten Sturm bei Brenna ausgelöst, aber – Ironie des Schicksals – trotzdem war dieser Moment wie Clea selbst in ihrem trügerischen Vor-Syndrom-Gedächtnis abgespeichert und verblasste deshalb täglich mehr.
    Was ihr schon als Kind am 21. August 1982 klar gewesen war …
    Ihre große Schwester ist seit genau einem Jahr verschwunden. Sie blickt auf die Leuchtziffern des Weckers neben ihrem Bett – 5 Uhr 21 –, presst dann ihr Gesicht gegen die kühle Fensterscheibe ihres Zimmers, kaut, obwohl ihr Mund vom vielen Kauen bereits trocken ist und brennt, um wach zu bleiben, immer weiter Trauben-Kaugummi und versucht mit aller Kraft, sich an den Wagen zu erinnern, an das Nummernschild, an die Stimme des Mannes, zu dem Clea eingestiegen ist …
    Sie kniff die Augen zu und sprach stumm den Fahneneid – einer der vielen Tricks, die sie im Laufe der Zeit entwickelt hatte, weil sie den Erinnerungen anders nicht entkam.
    »Also?«, fragte Trent.
    Sie atmete tief durch und öffnete die Augen wieder. »Wie war noch mal deine Frage?«
    »Woran hast du dich erinnert, als du Lula Belle gesehen hast?«
    »An nicht viel – nur eine Geste«, antwortete sie. »Am 30. Oktober waren Maya und ich doch bei den Niagarafällen, weißt du noch?«
    Er bedachte sie mit einem durchdringenden Blick. »An Sachen, die erst zwei Monate her sind, erinnere sogar ich mich noch.«
    »Nun, wir fuhren auf der Maid of the Mist, und da war ein Mädchen auf dem Boot, das sich dreimal mit dem Finger auf die Lippe geklopft hat, genau wie Lula Belle am Anfang dieses Films.«
    »Und wie hat dieses Mädchen ausgesehen?«
    »Vielleicht Mitte zwanzig. Blond. Todunglücklich. Sie ging mit ihrem Freund von Bord, und dabei lief ihr die Mascara übers Gesicht. Sie sah aus, als wollte sie sterben.«
    Trent riss überrascht die Augen auf.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst, aber wahrscheinlich haben wir alle in dem Augenblick so ausgesehen«, fügte sie hinzu. »Denn wir saßen die ganze Zeit im Eisregen, es war entsetzlich kalt und stürmisch, alle waren seekrank. Und Maya meinte, ich wäre die schlechteste Mutter der Welt, weil ich mit ihr an Bord gegangen bin.«
    »Trotzdem«, entgegnete er. »Vielleicht hast du ja Lula Belle gesehen. Weniger als einen Monat, nachdem sie verschwunden ist. Auf einem Boot mit irgendeinem Wichser. Während sie gebetet hat, dass sie von jemandem vor diesem Kerl gerettet wird …«
    »Das wäre schon ein verdammter Zufall.«
    »Aber ausgeschlossen ist es nicht.«
    »Es war nur eine Geste, Trent. Haben wir irgendeine Vorstellung, wie diese Lula Belle aussieht?«
    »Nein.«
    »Und was ist mit dieser anderen Detektei? Haben sie dort ein Bild von ihr?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht mal ihr eigener Manager hat sie jemals gesehen. Er lebt in Kalifornien. Persönlich getroffen hat er sie noch nie. Er hat ihre Webseite gewartet und ihr ihre Schecks an ein Postfach geschickt.«
    Brenna seufzte.

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