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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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zog sie die Steinklappe nach unten und fing das Gewicht mit Schulter und Nacken ab. Dann ließ sie die Platte vorsichtig herunter und holte den Marmorbrocken und den Pflock hervor, mit dem sie den Riegel blockierte und mit dem Stein wie mit einem Hammer tief hineintrieb.
    Tellus war immer noch auf seinem Rundgang. Sie konnte hören, wie er betont laut an einer Aufzugsklappe rüttelte. Hastig legte sie die Schlüssel auf den Tisch neben die Karten. Und entdeckte einen zusammengefalteten Zettel, der vorher noch nicht
dort gelegen hatte. Sie faltete ihn auf und musste lächeln, als sie die Skizze mit den vielen Pfeilen und den Stockwerksmarkierungen sah. Ein Plan mit den vergessenen Schächten aus der Zeit, als der erste Turm noch der einzige gewesen war.
    Wenig später waren sie unterwegs nach unten. Loved im Dienermantel, sie im schwarzen Gewand der Zorya, die Elfenbeinmaske auf dem Gesicht. Sie wählte die hinterste Wendeltreppe. Zwar war auch sie einsehbar, aber zumindest lag sie auf der meerzugewandten Seite und im Augenblick richteten sich alle Blicke - auch die der Zorya - auf das Land. Dennoch kam es ihr endlos lange vor, bis sie endlich die unteren Räume erreichten. Außer einigen Dienern, die den Fußboden scheuerten, war niemand im Brunnenzimmer. Sie hoben die Köpfe und erschraken beim Anblick der Zorya. Sofort sprangen sie auf die Beine und verbeugten sich.
    »Verschwindet«, sagte Summer barsch. »Wagt es nicht, euch hier vor Ablauf einer Stunde wieder blicken zu lassen.« Sie sah nicht zur Seite, aber sie konnte sich denken, wie sie auf Loved wirkte: die Zorya aus der Vergangenheit, die sich ihrer Macht vollkommen bewusst war. Die Diener verschwanden so schnell, als hätte sie Löwenzahnsamen davongepustet.
    Summer verschwendete keine Zeit, sondern nahm die Maske ab und schob sie in die Rockfalte. »Schnell! Wir müssen in den Brunnen klettern!«
    Erst als sie endlich den Durchgang erreichten, fiel ihre Anspannung ein wenig von ihr ab. Das Licht ihrer Taschenlampe erfasste die steile Treppe. »Da runter! Zum Tempel der Haie«, flüsterte sie und schenkte Loved ein triumphierendes Lächeln.
    Auf halbem Weg löste sich ein Stück Stein unter ihrem Fuß, sie schwankte, doch schon lagen Loveds Arme um ihre Taille und
hielten sie fest. Atemlos verharrte sie einige Sekunden in seiner Umarmung. Im Schein der Taschenlampe leuchtete der Narbenmond auf seiner Wange auf. Seine Lippen wirkten umschattet und schön und sie ertappte sich dabei, sich nach einem Kuss zu sehnen. Die Spiegelungen des Haibeckens glommen in seinen Augen.
    »Danke«, sagte er.
    »Du schuldest mir keinen Dank. Beeile dich einfach!«
    Aber sie musste alle Entschlossenheit zusammennehmen, um ihn wieder von sich zu schieben. Obwohl die Stufen eng waren, drängte sie sich an ihm vorbei und ging voraus. Atemlos erreichten sie wenige Minuten später den Holzsteg. Im Becken sah sie schon den Umriss des riesigen Hais. Und auf dem Steg, wo bereits das lächerlich kleine Ruderboot wartete, das Dajee irgendeinem Fischer gestohlen hatte, entdeckte sie auch winzige, nasse Fußspuren. Dajee war wohl zu schüchtern, um sich gleich zu zeigen, aber Zia schwamm so nah heran, dass ihre Rückenflosse zum Greifen nahe war. Summer holte hastig das Seil aus der Tasche und lief zum Steg. Im Wasser sah sie Dajees winzige Hand, ein paar Finger, die sich um eine Seitenflosse des Hais schlossen, während sie die Seilschlaufe über den Haikopf zog.
    Loved zögerte, als der Raubfisch mit dem Maul gegen das Ruderboot stieß. Die anderen Haie schwammen aufgeregt hin und her und brachten das Wasser in Bewegung. Aber sie hielten einen Abstand zu Zia.
    »Folge ihr einfach«, erklärte Summer. »Sie wird dich gegen die Strömung aus dem Felsschlund ziehen. Von dort aus ruderst du zu einem Felsen, der aussieht wie eine Welle, die sich eben überschlägt. Dort musst du im Sichtschutz ausharren, bis es dunkel wird. Erst dann kannst du an Land rudern. Zia wird dir den Weg
durch die Felszähne zeigen. Wenn die Strömung zu stark wird, dann halte dich an ihrer Rückenflosse fest. Und …«
    »Ich allein?«, fragte er. »Und was ist mit dir?«
    Sie strich sich mit der Hand über die Stirn. »Ich … kann nicht. Noch nicht.« Sie wich seinem Blick aus und reichte ihm das Seil. »Es ist der einzige Weg aus der Zitadelle. Wenn es dunkel wird, wird jemand oben beim Kontrollposten sein, der das Meer beobachtet, und ihn ablenken, solange es geht. Mit etwas Glück kommst du so unbemerkt bis

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