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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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sie zurück. Sie senkte den Kopf und wurde unsichtbar, ein Teil der Leute hier, und steuerte auf den Fahrstuhl zu Wie sie richtig vermutet hatte, war er gesperrt und funktionierte nicht mehr. Ein Sicherungsseil war vor das Metallgitter gespannt.
    Summer ging ruhig darauf zu, inspizierte mit fachmännischem Blick den Aufzug und legte geräuschvoll das Metallkabel ab. Einige Köpfe drehten sich zu ihr um. Wie abwesend strich sie sich über die Tätowierung und bückte sich unter dem Sicherungsseil hindurch. Aus dem Augenwinkel vergewisserte sie sich, dass keiner ihr Tun weiter verfolgte. Dann griff sie zu einem Stück Seitenverkleidung und hebelte es aus den beiden Führungsschienen. Der Spalt bot ihr eine improvisierte Steigleiter. Blitzschnell zog sie sich hoch und kletterte durch das Fenster im Kabinendach in den Fahrstuhlschacht. Sie ertastete die Eisenbügel, die zum nächsten Wartungsschacht führten, und begann zu klettern.
    Ihre Muskeln waren taub, als sie endlich den dreißigsten Stock erreichte. Keuchend fiel sie mehr, als dass sie kletterte, in den verschmierten Wartungsschacht und kroch über staubigen Unrat weiter. Hier ließ sie die Stiefel zurück und fühlte sich gleich beweglicher und schneller. Das Rondell war gut bewacht, sie konnte die Tritte von Soldatenstiefeln hören, als sie sich zum letzten Steilgang vor der Treppe hochschob. Ein eisiger Luftzug strich hier entlang. Also war sie in der Nähe der geborstenen Stelle, dicht unter Tellus’ Rundgang!

    Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sie lauschte und dann vorsichtig die Klappe öffnete. Am liebsten hätte sie einen Triumphschrei ausgestoßen. Sie hatte die Wache umgangen! In Sichtweite war die Treppe, die vom Fahrstuhl nach oben führte. Dahinter fehlte ein Stück Wand. Der Wind nutzte die scharfen Bruchkanten als Flöte und spielte ein trauriges Lied. Die Treppe schwankte, aber sie hing noch sicher an den Stahlseilen. Neu war ein Flaschenzug neben der Treppe. Offenbar waren schwere Gegenstände in das Rondell gehievt worden. Scherben lagen am Fuß der Treppe und - Flügelstaub!
    Summer rappelte sich auf und rannte auf die Treppe zu.

    Es war ein seltsames Déjà-vu aus Maymara. Nur dass der Schlag diesmal nicht von der Seite, sondern von hinten kam. Der Schmerz zuckte weiß glühend durch ihren Kopf, dann ging sie zu Boden. Ihre Schwärmer taumelten und landeten neben ihr, wo sie benommen herumkrochen. Sie konnte nicht einmal schreien. Was ohnehin keine gute Idee gewesen wäre, denn dafür drückten sich die Hundefänge deutlich zu fest in ihren Hals.
    »Hallo Blissa Tomlin «, sagte Moira süffisant. »Hab ich es mir doch gedacht. Wenn hier einer unbemerkt an den Wachen vorbeispazieren kann, dann ist es die Frau mit den tausend Gesichtern. War nur eine Frage der Zeit, bis du hier auftauchst, was?«
    Summer biss die Zähne zusammen. Das darf nicht wahr sein! Nicht jetzt! Nicht so kurz vor dem Ziel!
    In ihrem Kopf dröhnte der Schmerz und sie schloss vor Moiras kaltem Jägerblick die Augen.
    Moira pfiff und Jola ließ endlich locker und machte sich geduckt
davon. Es musste dem Hund alles abverlangt haben, dem Befehl seiner Herrin zu gehorchen und Summer so nahe zu kommen. Mit gesträubtem Fell verharrte er neben Moira.
    Diese stieß mit dem Schlagstock auffordernd gegen Summers Fuß.
    »Steh auf.« Das brauchte sie Summer nicht zweimal zu sagen. So schnell sie konnte, kam sie auf die Beine. Jetzt tanzten auch noch Blitze vor ihren Augen und ihr wurde schwindelig.
    »Das würde ich lassen«, sagte Moira ruhig, als sie die winzige Bewegung in Richtung Messer bemerkte. In aller Ruhe entsicherte sie die Pistole. »Los, Hände hoch!«
    Zähneknirschend gehorchte Summer. Schweigend, mit zornigen Blicken maßen sie einander. Die Kriegslady den Schlagstock fest in der Linken, die Schusswaffe in der Rechten, und Summer schwer atmend, bis in den letzten Muskel angespannt, während in ihr die ganze Wut und Enttäuschung einer Zorya kochte.
    »Wie darf ich dich denn heute nennen?«, fragte Moira.
    »Dasselbe könnte ich dich fragen«, zischte Summer. »Ich kannte mal eine Diplomatin namens Moira. Eine Kriegslady, der nichts so sehr am Herzen lag wie der Frieden. Aber jetzt führt sie Krieg! Für Lord Teremes und für einen Mann, der sich Geresa nennt. Dein ganzes Gerede über Menschen, die nicht schwarz oder weiß sind, ist offenbar gar nichts wert. Also, wie soll ich dich nennen? Lady Heuchlerin?«
    Es war nur ein winziges Zucken der Nasenflügel,

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