Ascheherz
exzentrischen Lords. Tagelang sind die Diener damit beschäftigt, mit Schmetterlingsnetzen durch den Schnee zu stapfen. Zehen erfrieren dabei, doch Indigo ruht nicht, bis auch der letzte Falter in sein Labor gebracht wird. Währenddessen hört er sich weiterhin Amands Berichte an, als würde er ihm immer noch vertrauen. Doch nun setzt er Spione auf seine Fährte. Was sie ihm erzählen, erschüttert ihn zutiefst.
Die Botin und Amand teilen das Bett miteinander. Sie küsst ihn, ohne dass er stirbt. Und mehr noch, Amand kennt Lamayas Geheimnis. Sie hat ihm verraten, dass Indigos Leben in ihrer Hand liegt. Und der Junge tut weiterhin so, als wäre er ahnungslos und Indigos gehorsamer Diener. Indigos Zorn ist unendlich. Und er kann daraus nur den einen Schluss ziehen, dass Amand ihn verraten hat und nun mit ihrer Hilfe vernichten will. Und vielleicht hat sie ihm ja die Unsterblichkeit geschenkt? In seinem Zorn kann er nicht anders, als seinem Ziehsohn einen erstaunten Respekt zu zollen. Viel hat der Junge von ihm gelernt. Er hat der
Todesbotin den Kopf verdreht. Sie wird auf ihn hören und Indigo küssen. Und dann wird er Indigos Platz einnehmen. Er glaubt sich verraten, und das ist der schlimmste Schmerz von allen.
Summer spürte die Enttäuschung, als hätte sie sie selbst erlebt. Als seine Zorya verstand sie sein Misstrauen. Sie überblickte sein ganzes Leben und war traurig, diese große Einsamkeit zu fühlen. Wie wenig er vertrauen konnte! , dachte sie.
Die Botin und Amand ahnen nichts, sie küssen sich und flüstern in den Nächten, ohne zu bemerken, wie oft sie zu unsichtbaren Ohren sprechen. Und Indigos Intrige zahlt sich aus. Die Todesbotin verrät Amand ein weiteres Geheimnis: Sie spricht mit ihm über ihre Verbindung zum Reich der Luft. Sie erzählt ihm, dass sie unverwundbar sei. Und dass sie einen unsichtbaren Flügelmantel trage, der an Schultern und Armen mit ihrer Haut verwachsen sei. Dieser Mantel sei ihre Verbindung zu den anderen Boten und zu Lady Tod. Als Amand sie fragt, ob sie ohne Flügel sterben würde, zögert sie, doch dann sagt sie ja, sie glaube schon, es könne nicht anders sein. Sie sagt ihm auch, dass sie ein Mensch sein und niemals zu den Ihren zurückkehren wolle. Und Amand reagiert genauso wie Indigo es an seiner Stelle getan hätte: Er verspricht ihr ein Menschenleben. Erzählt ihr, dass sie gemeinsam nach Süden fliehen werden und dass Lady Tod sie niemals finden wird. Und als sie tatsächlich beschließen, das Nordland zu verlassen, weiß Indigo, dass die Stunde zu handeln gekommen ist. Die Botin ist völlig überrascht, als er sie früh am Morgen fesseln lässt. Ihr Widerstand erlahmt schnell, denn die Fesseln sind mit Falterstaub bedeckt. Als sie ihn einatmet, werden ihre Augen groß, dann verliert sie das Bewusstsein.
Nun könnte Indigo ihr das Leben nehmen. Aber er ist grausam und immer noch tief verletzt vom Verrat seines Ziehsohnes. So befiehlt er Amand, die Botin zu töten, um seine Loyalität zu beweisen. Mit einem Schwert, das mit dem Flügelstaub präpariert ist. Der Junge weiß nicht, dass Indigo sein Geheimnis kennt. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als auf dem Richtplatz zum Schwert zu greifen.
Immer wieder blickt er zu dem Fenster, hinter dem der Schatten einer Gestalt zu sehen ist. Indigo, wie er glaubt. Doch natürlich ist es nur ein Wächter, den Indigo in seinen eigenen Mantel gehüllt dort platziert hat. Er selbst steht in der Kleidung eines Wachmannes mit Kapuze kaum drei Meter hinter Amand und beobachtet ihn. Indigo ist ein Spieler. Er kennt die Menschen und weiß, dass Amand versuchen wird, ihn zu betrügen. Und dennoch hofft er im tiefsten Herzen, dass er sich irrt, dass der Junge nur ihm ergeben ist und seinem Befehl gehorchen wird. Er tut es nicht. Als die Botin auf den Richtplatz gebracht wird, sieht Indigo, wie Amand ihr heimlich die Fesseln löst. Dabei dreht er sich wie zufällig so, dass die Gestalt im Erker es nicht sieht. Dann flüstert er ihr etwas zu. Und die Botin, benommen zwar vom Gift der Falter, sieht erst die Fesselspuren an ihren Handgelenken an und dann ihn. Sie vertraut ihm. Sie unternimmt keinen Versuch zu fliehen. Und es ist wieder der Blick voller Liebe und Sorge, der Amand verrät. Er hebt das Schwert, um den Schlag nur vorzutäuschen. Das Mädchen senkt den Kopf. Mit zwei großen Schritten ist er bei Amand und stößt ihm den Dolch in den Rücken. Es tut ihm selbst weh, aber sein Leben hat ihn gelehrt, dass Verräter keinen Platz
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