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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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bei ihm haben. Amand fällt ohne einen Laut und die Botin kniet immer noch auf dem gefrorenen Boden, mit geschlossenen Augen und halb
ohnmächtig vom Gift. Indigo hebt das Schwert auf und tritt lautlos zu ihr.
    Er sieht den Flügelmantel nicht, doch er legt das Schwert in ihren Nacken und fährt mit flacher Klinge über ihren Rücken und die Oberarme. Kein Blutstropfen erscheint, Indigo glaubt nur ein verlöschendes Schimmern zu sehen. Sie ringt überrascht nach Luft, dann stößt sie einen klagenden Laut aus und fällt bewusstlos in den Schnee.
    Indigo ruft nach seinen Männern und den Dienern. Sie stürzen auf den Richtplatz und beobachten mit stummem Entsetzen, wie Indigo nach Amands Puls fühlt. Nichts schlägt mehr in der Verräterbrust, der Junge ist weiß wie ein Laken und liegt still. Eine Welle von Trauer will Indigo ergreifen, doch dann reißt er sich los. Furcht erfüllt ihn: Wird Lady Tod ihn bestrafen? Jetzt hat er keine Zeit mehr zu verlieren. Die Männer zögern, als er ihnen mit barscher Stimme befiehlt, Amands Leichnam zur Seite zu schaffen. Schließlich gehorchen sie, packen den Toten an Armen und Beinen und tragen ihn davon.
    Da kommt die Botin zu sich, sie öffnet die Augen. Sie sind braun und leer, bar jeglicher Erinnerung. Das Gift der Falter wirkt. Sie ist wie im Fieber, sie erkennt Indigo nicht, und er sieht, dass sie todgeweiht ist. Sie lässt sich von ihm auf die Beine helfen. »Wer bist du?«, flüstert sie.
    »Dein Retter«, antwortet Indigo. »Siehst du den Henker, den sie gerade wegtragen? Er wollte dich töten. Aber ich kam gerade noch rechtzeitig, um dich zu retten. Ich habe deine Fesseln gelöst. Und jetzt bringe ich dich an einen sicheren Ort.«
    Er legt den Arm um ihre Taille und zieht sie hoch. Sie steht schwankend da, an ihn geklammert, um nicht zu fallen. Sie wirft einen Blick auf Amand und immer noch ist kein Erkennen da.
Nur Feindseligkeit und der Zorn einer Überlebenden, die dem Henker entkommen ist. Sie wehrt sich nicht, als Indigo den Arm um sie legt und sie in das Labor führt. Schon nach zwei Schritten ist ihr Kopf so schwer, dass er auf seine Schulter sinkt. Vier, fünf Schritte schafft sie, dann bricht sie zusammen. Noch im Fallen hebt er sie auf und trägt sie tief in die Keller des Hauses. Dorthin, wo ihr Sarg schon bereitsteht.
    Die Bilder flackerten schneller, während die Zeit um Summer herum immer noch in der Sekunde von Indigos Tod stillstand. Nur die Falter bewegten sich, fächelten mit ihren Flügeln Luft über ihre Wangen, ihre Stirn und Hände, während sie selbst spürte, wie sie schwächer und schwächer wurde. Es tat ihr weh, zu wissen, dass Loved genau diese Szene gesehen hatte: Seine Geliebte, die sich in Indigos Arme schmiegt. So gern hätte sie ihm alles erklärt. Doch selbst wenn es möglich gewesen wäre, jetzt noch vor ihrem Schicksal zu fliehen - sie wäre nicht mehr in der Lage gewesen, aufzustehen. Mit jedem Atemzug verlor sie mehr Kraft. Indigos Leben nahm sie nur noch durch einen Schleier wahr, Szenen jenes Tages und Blitzlichter aus den Jahren, die darauf folgten.
    Indigo, wie er die Botin in die Kiste mit den zermahlenen Falterflügeln legt. Ihr Herz schlägt nicht mehr, doch zur Sicherheit streut er noch mehr Flügelstaub auf sie und verschließt die Kiste gut. Er schenkt seinen Männern die Freiheit und Geld und den besten roten Wein aus seinem Weinkeller. Zum Abschied veranstaltet er ein großes Fest. Er selbst feiert nicht mit, sondern reist heimlich ab. Natürlich ist der Wein vergiftet, kein Zeuge wird das Fest überleben. Nur die Diener, die ihm helfen, einige Kisten zum Hafen zu bringen, lässt er noch am Leben, solange
er sie braucht. Er fährt über das Graumeer nach Anakand und von dort über Land nach Telis. Dort, in der Stadt der Dichter, lässt er mit seinem Reichtum ein Haus erbauen. Den Sarg seiner Botin mauert er im Fundament ein. Und ist für immer frei.
    Die Unsterblichkeit schmeckt süß. Endlich fällt die Last des Herrschens von ihm ab und er kann tun, wofür er schon seit Kindertagen gebrannt hat. Er widmet sich der Musik und der Kunst. Er reist durch viele Länder und kehrt immer wieder nach Telis zurück. Lady Tod ist ihm nicht auf der Spur und mit jedem Jahr wird er sicherer. Er lernt alles, was ein Mensch lernen kann, jede Sprache jedes Landes, das er durchquert. Er kostet die Freiheit aus, er erwirbt unendlich große Vermögen und verliert sie, um neue zu erwerben, er wird in einer Gasse von einem Wegelagerer

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