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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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geheimnisvolle Nordland«, ergänzte Summer. »Das Land, in dem das Träumen verboten ist.«
    »Wirklich? Na, das muss ein anderes Nordland sein«, sagte Farrin und nahm einen tiefen Schluck. Summer hob ebenfalls den Becher an die Lippen. Sie wusste nicht, ob es an der Kälte lag oder daran, dass der Tod ihr noch gestern so nahe gewesen war, aber der Wein schmeckte wie das Leben selbst - süß und schäumend, nach dunklen Beeren und Zimt, eine wärmende Glut in ihrer Kehle. »Aber du hast mir immer noch nicht gesagt, was du bei uns im Norden willst?«, sagte Farrin nun.
    »Einen großen Bogen um Toljan und den Krieg machen. Und du? Bist du auf dem Schiff für die Söldner zuständig?«

    An der Art, wie er die Stirn runzelte, erkannte sie, dass es bei ihm nicht so einfach sein würde, ihn von seinen Fragen abzubringen. Du wirst unvorsichtig , warnte ihre Katzenstimme sie.
    »Nein, mit den Söldnern habe ich nichts zu tun«, antwortete Farrin gedehnt. »Die Freiwilligen werden zum Kreidehafen gebracht - und von dort aus in ein Lager, in dem sie ausgebildet werden. Wir dagegen booten schon früher aus. Wir sind die Eskorte für eine Delegation. Lord Teremes hat einige Berater angefordert.«
    Er ruckte mit dem Kinn in Richtung Bug und Summer warf einen Blick dorthin. Sie entdeckte zwei Leute, die mit dem Rücken zu ihnen ganz vorne am Schiff standen. Sie trugen lange Regenmäntel und hatten sich die Kapuze über den Kopf gezogen, um sich vor dem Seitenwind zu schützen. Summer glaubte zu sehen, dass sie gemeinsam einen Plan studierten. Vielleicht eine Landkarte?
    »Scheint eine wichtige Delegation zu sein, wenn sie so gut beschützt werden muss«, sagte sie.
    Er nickte ernst.
    Summer nahm hastig noch einen Schluck, um das nun einsetzende Schweigen zu überbrücken. Doch Farrin blickte sie unverwandt an und wartete immer noch auf die Antwort auf seine ursprüngliche Frage. Jetzt gab es kein Zurück. Selbst schuld , dachte sie verärgert. Jetzt lass dir etwas einfallen. Nun, immerhin war es eine Chance, etwas über das Nordland herauszufinden. Und außerdem - auch wenn sie es nie zugegeben hätte, sie mochte Farrin. Nach all der Zeit, in der sie Tag und Nacht mit Anzej zusammen gewesen war, tat es unendlich gut, ein paar Minuten allein zu sein und mit anderen Menschen zu sprechen. Und diesmal ohne Angst vor ihm.
    »Ich … reise nur für ein paar Wochen nach Norden. Ich begleite
einen Freund. Wir arbeiten schon seit einigen Jahren zusammen, als Saisonarbeiter in den Küstenstädten. Er hat lange im Süden gelebt und sorgt sich jetzt natürlich um seine Familie.«
    »Wer nicht«, murmelte Farrin. »Wo lebt seine Familie denn?«
    »In der Nähe des Kreidehafens«, sagte sie vage. »Ich habe den Namen des Dorfes vergessen. Aber er fällt mir sicher gleich wieder ein. Woher stammst du denn?«
    »Balin.«
    »Ist das irgendwo bei Toljan?«
    Farrin runzelte wieder die Stirn und Summer nahm sich augenblicklich zusammen und schlug einen beiläufigen Plauderton an. »Ich weiß so gut wie gar nichts über das Nordland«, sagte sie entschuldigend. »Es war ein sehr kurzfristiger Entschluss, meinen Freund zu begleiten. Aber es gefällt mir, was er über seine Heimat erzählt. Er sagt, dort gibt es Dörfer, die an den Klippen in den Fjorden hängen. Und magische Wasserfälle.«
    Farrin zog verärgert die Brauen zusammen. »Ist das alles, was er vom Nordland erzählt? Die Wundergeschichten von Hexenwasser und Klippenvölkern, die auf euren Jahrmärkten zum Besten gegeben werden? Hat er nichts von den Städten erzählt? Vom Frachthafen in Reksig? Wir haben Städte und Häfen, gegen die eure Anlagen im Süden wie grob befestigte Strände wirken. Und hat er dir von Lady Malavins Kristallkammer mitten im Meer erzählt? Von der Sternwarte in Sajnes? Nein? Dachte ich mir fast. Tja, und deshalb sind und bleiben wir in euren Augen Wilde, die in den Wäldern um das Feuer tanzen.«
    Die Vorstellung schien ihn allerdings eher auf eine grimmige Art zu amüsieren als zu kränken.
    »Mein Freund liebt seine Heimat«, sagte Summer. »Er sagt, es ist ein schönes Land.«

    An dem Licht, das dieser Satz in seinen Augen entzündete, erkannte sie, dass sie nicht nur die richtige Saite angeschlagen, sondern auch Farrins Melodie gefunden hatte.
    »Nur schön? Nein, es ist das schönste Land von allen«, sagte er voller Überzeugung. »Man sagt, einst hat der Gott des Nordwinds das Schönste und das Gefährlichste, was er in anderen Ländern fand, gesammelt

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