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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Albtraum geben würde. Im Mund schmeckte sie lehmige, bittere Erde. Ihre Schulter schmerzte und ihr Kopf pochte, als wäre das Pferd direkt über ihre Stirn geprescht. Und auch ihre Rippen hatten offenbar Druckstellen und blaue Flecken. Vielleicht stammten sie noch vom Sturz von Moiras Pferd, allerdings fühlte es sich eher so an, als hätte sie quer über einem Sattel gelegen. Was vermutlich auch der Fall war. Immerhin konnte sie den Kopf heben - offensichtlich … saß sie? Sie biss die Zähne zusammen und versuchte sich ein wenig mehr aufzurichten. Lehnte sie an einem Baum? Nein - es war eher ein Fels. Steinige Kanten drückten gegen ihre Schultern. Mühsam öffnete sie die Augen. Und wünschte sich sofort, sie hätte es nicht getan.
    Der Kopfschmerz wurde zu rasendem Kopfschmerz, ihr Blut hämmerte gegen ihre Schläfen. Diesmal war alles echt, die Fesseln an ihren Handgelenken - und er . Nur wenige Meter von ihr entfernt saß er auf felsigem Boden, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, das Messer locker in der Linken. In dem immer noch geschwärzten Gesicht leuchteten die wütenden graugrünen Augen unmenschlich hell. Es sieht aus wie ein wildes Tier , dachte sie voller Entsetzen.

    »Was … willst du von mir?« Selbst ihre Stimme klang nach Staub und Erde und sie musste husten. Die Tatsache, dass er schwieg und sie nur finster anstarrte, verunsicherte sie mehr, als jede Antwort es hätte tun können. Eine Weile saßen sie da und musterten sich stumm. Er hatte die Jacke ausgezogen, doch diese schrecklichen dunklen Handschuhe trug er immer noch. Vergeblich suchte sie nach der Sicherheit und Stärke, die sie gestern noch empfunden hatte. Die Frau im weißen Kleid war so weit fort, als hätte sie niemals existiert. Aber es gab doch immer noch den Kuss, den sie Noret geschenkt hatte, oder nicht? Ich bin Eljana , dachte sie verzweifelt. Ich habe die Macht, zu töten! Doch sie stellte ernüchtert fest, dass sie sich nur noch hilfloser fühlte. Beunruhigt beobachtete sie, wie der Blutmann das Messer nachlässig in der Hand drehte. Sein rechter Unterarm war verbunden. Und am linken Oberarm entdeckte sie eine längst verheilte Wunde, von der nicht einmal eine Narbe bleiben würde. Vermutlich war das die Schussverletzung, die Moira ihm in Maymara zugefügt hatte. Aber hätte die Narbe nicht anders aussehen müssen? Frischer?
    Summers Blick wanderte zum Unterarm. Dort prangte dasselbe Lilienzeichen, das Noret getragen hatte.
    Reden, Summer! Ablenken! Zeit gewinnen! Sie hob das Kinn und versuchte ihre Stimme fest klingen zu lassen. »Du gehörst also zu ihnen. Zu den Soldaten der Lady.«
    Er kniff misstrauisch die Augen zusammen, als würde er überlegen, ob die Frage einen doppelten Boden hatte.
    »Du … trägst das Lilienzeichen«, fügte Summer hinzu.
    Er bemühte sich nicht einmal, sie mit Worten zu verspotten, sondern fuhr mit dem Messer mit verächtlich langsamer Geste unter den Verband an seinem rechten Unterarm. Es gab kaum ein Geräusch, als die Klinge den Stoff durchtrennte.

    »Du weißt genau, dass mir dieser Krieg völlig gleichgültig ist«, sagte er. Das war die nächste Überraschung. Seine Stimme. Es war nicht die raue Stimme eines Henkers, im Gegenteil. Sie hatte einen angenehmen Klang, der so wenig zu ihrem Bild vom Blutmann und zu der martialischen Erscheinung passte, dass sie völlig irritiert war. Er klang jung, und als sie ihn nun genauer betrachtete - die muskulösen Arme und den schlanken Körper - kam sie zu dem Schluss, dass er sicher noch keine zwanzig war.
    Nun hob er den rechten Arm und Summer sah, dass der Verband lediglich eine zweite Tätowierung verborgen hatte: Lord Teremes’ Zeichen, das Lindenblatt. Allerdings war diese Tätowierung seltsam verblasst, als wäre sie dabei, sich aufzulösen.
    Er tarnt sich nur als Soldat , dachte Summer. Lindenblatt und Lilie - beide Zeichen waren lediglich so etwas wie Passierscheine. Vermutlich hatte er seine Uniform auch nur einem anderen Soldaten gestohlen - so wie das Pferd und den Armeerucksack, der neben ihm im Staub lag.
    »Warum hast du mich vor dem Soldaten gerettet?«
    »Warum wohl?«, fragte er spöttisch. »Damit er mir nicht zuvorkommt.«
    Ihr Bemühen, sich mit aller Kraft gegen die Fesseln zu stemmen, quittierte er mit einem humorlosen Lächeln. War es nur die Panik oder auch die jähe Welle von Wut, die sie dazu brachte, ihn anzuschreien? »Du verfolgst mich seit Maymara! Was willst du von mir? Wer bist du?«
    »Sag du es mir doch«,

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