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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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haben mochte -, machte
er auch ihre Hoffnung zunichte, dass er ihr über Nacht die Fesseln abnehmen würde. Er band sie lediglich vom Sattel los und sie ließ sich auf einem Berg aus getrocknetem Laub nieder, den der Herbstwind von irgendwelchen Anhöhen herunter bis in die Höhle getragen hatte. Nie hätte sie geglaubt, dass sie sich einmal nach dem kleinen Waschbecken und dem abgestandenen Wasser aus dem Hochhaus in Maymara zurücksehnen würde. Und für die halb verrottete Matratze hätte sie nun alles gegeben. Dennoch fiel sie sofort in einen tiefen Schlaf.
    Die Bilder, die durch ihren Geist flackerten, glichen eher verwackelten Filmaufnahmen als Träumen. Unscharfe Gesichter huschten an ihr vorbei, ohne endgültig Form anzunehmen, und alle Stimmen klangen verzerrt, als würde der Film viel zu langsam laufen. Sie erwachte von einem Knacken in ihrer Nähe und schreckte hoch. Um sie herum war es dunkel, nur ein schmaler Streifen Mondlicht fiel auf ihre Füße. Angespannt lauschte sie, doch sie hörte nur das Schnauben des Pferdes, das irgendwo in der Nähe stand und döste. Sofort streckte sie sich wieder nach ihren Taschen, aber sie musste enttäuscht einsehen, dass der Kerl das Seil so geschickt um ihre Handgelenke geknotet hatte, dass ihr kaum Bewegungsfreiheit blieb. Sie verkniff sich einen Fluch, dann kam sie auf die Knie und tastete über den Boden. Ihre Finger strichen über Kies. Vielleicht lagen hier irgendwo noch Reste der Bauarbeiten herum? Drähte?
    »Gib dir keine Mühe«, kam es leise aus dem Höhlenschatten.
    Summer prallte zurück. Ihr zur Wirklichkeit gewordener Albtraum saß wieder einige Meter von ihr entfernt im Dunkeln und hatte sie die ganze Zeit beobachtet! Sie fröstelte und schob sich, so weit es ging, aus seiner Reichweite. Trockene Blätter raschelten zwischen ihrem Rücken und der Höhlenwand.

    »Schläfst du überhaupt nicht?«
    »Wozu?«, kam es unfreundlich zurück.
    Immerhin war es tatsächlich einfacher, wenn sie seinen drohenden Blick nicht sah und auch nicht das Messer. Denk nach, Summer! Wenn er dich töten wollte, hätte er es längst getan.
    »Habe ich nicht wenigstens das Recht zu wissen, warum du mich quälst und verfolgst?«
    »Rechte? Du?« Er lachte.
    Nun, den Gefallen, auf seinen Spott zu reagieren, würde sie ihm nicht tun.
    »In dem Dorf, der Reiter mitten in der Nacht - das warst tatsächlich du, nicht wahr? Du bist mir mit dem nächsten Zug aus Maymara gefolgt und hast dir ein Pferd besorgt. Wir waren zu Fuß unterwegs, und so konntest du den Vorsprung aufholen.«
    »Schon möglich.«
    »Wie … hast du meine Spur gefunden?«
    »Du meinst wohl eure Spur.«
    Jetzt hätte sie doch gerne sein Gesicht gesehen. Aber was würde das bringen? Seine Miene verrät nichts , dachte sie niedergeschlagen.
    Sie hörte ein Geräusch, als würde er im Rucksack wühlen, eine Sekunde Stille - und dann fiel etwas Weiches, Haariges gegen ihre Wange. Erschrocken keuchte sie auf und versuchte zur Seite auszuweichen, doch das Seil hinderte sie daran. Das haarige Etwas rutschte über ihr Hosenbein und landete auf ihrem Rist. Es war tatsächlich Haar! Und sie ahnte schon, woher es stammte.
    »Du hast genug Spuren hinterlassen«, sagte er. »Ich musste den Leuten unterwegs nur die richtigen Fragen stellen. Der Friseur, an den du dein Haar verkauft hast, war ziemlich geschwätzig. Und dein blonder Schönling ist vielen Frauen aufgefallen.« Jetzt bebte
die Stimme wieder vor unterdrücktem Zorn. Summer richtete sich unwillkürlich noch mehr auf.
    »Aber du hast mich schon länger gesucht, nicht wahr? Und in Maymara hast du mich auf Morts Bühne gesehen. Der Zuschauer mit den Handschuhen, das warst doch du … Indigo?«
    Sie hörte, wie er scharf den Atem einsog. Und sie war beinahe überrascht, dass er dennoch antwortete: »Ich wusste, du würdest dort sein, wo es Tanz und Musik gab. Und ich wusste, du würdest dich nicht für die Ewigkeit vor mir verbergen können. Irgendwann würden sich unsere Wege wieder kreuzen.« Kalter Triumph schwang in seinem Lachen mit. »Und diesmal hatte ich Glück.«
    Summer biss die Zähne zusammen. Es tat immerhin gut, zu fühlen, dass sie immer noch wütend werden konnte.
    »Wenn es nur um mich ging, warum musstest du dann auch noch das Theater zerstören? Du bist nach der Vorstellung zurückgekommen, um mich zu suchen - und als du mich nicht gefunden hast, hast du es niedergebrannt.«
    »Und wie gut der alte Holzschuppen brannte! Na ja, ist nicht schade darum.

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