Aschenputtel: Thriller (German Edition)
nach Stockholm zurück, sowie ich hier fertig bin.«
Sie schwieg einen Augenblick.
» Warum taucht das Baby in Bromma auf?«, fragte sie dann.
» Du meinst, er durchbricht das Muster?«
» Wenn es ein Muster gibt«, murmelte Fredrika. » Vielleicht haben wir uns nur eingebildet, dass es eine Verbindung nach Umeå geben muss.«
» Nein, das glaube ich nicht«, wandte Alex ein. » Wir müssen nur nach dem gemeinsamen Nenner suchen.«
» Einen gemeinsamen Nenner für ein Badezimmer in Bromma und ein Krankenhaus irgendwo in Norrland?«, seufzte Fredrika.
» Genau das ist unsere zweite Herausforderung«, sagte Alex und klang schon wieder wesentlich entschlossener als zuvor. » Wir suchen nach dem Zusammenhang zwischen dem Badezimmer in Bromma und der Notaufnahme in Umeå. Vorausgesetzt, dass die Geografie überhaupt eine Rolle spielt.«
Wäre die Situation nicht so ernst gewesen, hätte Fredrika sich ein Lachen erlaubt.
» Bist du noch dran?«, fragte Alex, als sie nicht darauf reagierte.
» Entschuldige, ich habe nur hier gestanden und nachgedacht. Und was ist unsere erste Herausforderung?«, fragte Fredrika. » Du hast gesagt, das mit dem Zusammenhang sei die zweite.«
» Monika Sander zu finden«, sagte Alex. » Ich glaube nämlich, dass wir kein bisschen von dem ganzen Mist kapieren werden, ehe wir mit ihr gesprochen haben.«
Fredrika konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, hatte aber sofort ein schlechtes Gewissen. Es fühlte sich grausam an zu lächeln, nachdem ein Baby tot aufgefunden worden war.
» Okay«, sagte sie stattdessen. » Wir werden alle unser Bestes geben.«
» Da kannst du Gift drauf nehmen«, seufzte Alex.
Fredrika steckte das Handy zurück in die Tasche, trat vom Balkon und entschuldigte sich bei Margareta Andersson für die Unterbrechung. » Es war ein wichtiges Gespräch, bitte verzeihen Sie.«
Margareta nickte und fragte vorsichtig: » Haben Sie jetzt auch das Baby gefunden?«
» Ja«, sagte Fredrika nach einer kurzen Pause. » Ja, das haben wir. Aber es ist noch nicht offiziell, deshalb wäre es gut, wenn Sie…
Margareta machte eine beschwichtigende Geste.
» Ist doch klar, dass ich es zu niemandem sage. Jetzt habe ich ohnehin nur noch Struppi, mit dem ich reden kann.«
» Struppi?«, fragte Fredrika.
» Mein Kater«, grinste Margareta und bat Fredrika, sich an den Tisch zu setzen, auf dem sie inzwischen den Tee und Stücke eines Hefezopfs aufgedeckt hatte.
Fredrika mochte Margaretas Stimme. Sie war dunkel und heiser, aber dennoch weiblich. Margareta selbst hatte so breite Schultern wie ein Ringer, sie war aber weder dick noch sonderlich kräftig. Sie war einfach im wahrsten Sinne des Wortes stabil. Und ein weiteres Wort verband Fredrika unwillkürlich mit ihrer Erscheinung: Geborgenheit.
Fredrika fasste die Informationen zusammen, die sie von der Polizei in Jönköping über die ermordete Nora erhalten hatte. In verschiedenen Pflegefamilien aufgewachsen, seelisch krank und immer wieder arbeitsunfähig. In einer zerstörerischen Beziehung mit einem Mann, der unter Verdacht stand, inzwischen sowohl Nora selbst als auch Lilian Sebastiansson und nun auch das Baby ermordet zu haben. Von Umeå nach Jönköping gezogen. Keinen sonderlich großen Bekanntenkreis, aber einen Job, dem sie regelmäßig nachging, und eine Wohnung, um die sie sich kümmerte.
Margareta bestätigte all dies.
» Wie kam es überhaupt, dass Nora in Pflegefamilien untergebracht werden musste?«
Mit einem Mal wurde Margareta sehr still.
» Wissen Sie, das habe ich mich auch oft gefragt«, antwortete sie gedehnt.
Dann holte sie Luft und legte ihre faltigen Hände in den Schoß. Sie zupfte ein wenig an ihrem rot-braunen Kleid– für Fredrika eindeutig ein Winterkleid.
» Man versucht, nicht zu große Erwartungen an seine Kinder zu stellen. Zumindest haben mein Mann und ich das immer versucht. Und als er starb, habe ich versucht, in seinem Sinne weiterzuleben. Nun ja, bestimmte grundlegende Erwartungen hat man ja doch trotz alledem. Man will, dass die eigenen Kinder aufwachsen und irgendwann für sich selbst sorgen können. Bei Noras Mutter hat das leider nie richtig geklappt. Und mehr Kinder hatten wir nicht.«
Dann verstummte Margareta, und Fredrika sah von ihrem Notizbuch auf. Die Frau weinte.
» Wenn Sie möchten, können wir gern eine Pause machen«, sagte Fredrika zögernd.
Margareta schüttelte müde den Kopf.
» Es tut nur so schrecklich weh zu wissen, dass ich jetzt keines der Mädchen mehr
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