Aschenputtel: Thriller (German Edition)
dachte ich sogar, dass sie zur Abwechslung mal an einen aufrichtigen Typen geraten wäre«, erinnerte sich Margareta. » Immerhin brachte er sie dazu, mit dem Alkohol und den Drogen aufzuhören. Ich fand das fantastisch– es war irgendwie fast wie bei Aschenputtel. Das Mädchen hatte einen Prinzen gefunden, der es aus der Gosse holte.Aber dann kam alles anders. Und ich war furchtbar erschrocken.«
Fredrika zog fragend die Augenbrauen zusammen.
» Ich bin ihm nie begegnet«, sagte Margareta plötzlich entschieden. » Das sage ich lieber gleich, nicht dass Sie hier sitzen und hoffen, dass ich gleich ein paar Fotos hervorzaubere.«
» Ihre Informationen sind in jedem Fall wichtig«, sagte Fredrika rasch, war insgeheim aber doch enttäuscht. Sie hatte ein klein wenig gehofft, das Haus von Margareta zumindest mit einer Beschreibung des potenziellen Täters verlassen zu können. Margareta richtete sich auf. Fredrika merkte, dass sie es genoss, im Mittelpunkt zu stehen.
» Sie hatte den Mann im zeitigen Frühling kennengelernt. Ich weiß nicht genau, wo sie sich getroffen hatten, aber ich glaube, dass er ihr bei irgendeiner Gelegenheit aus der Bredouille geholfen hatte.«
» Ist Nora auch auf den Strich gegangen?«
» Nein, nein«, sagte Margareta schnell. » Aber man kann trotzdem in solchen Kreisen verkehren, nicht wahr?«
Fredrika hatte da so ihre Zweifel, sagte aber nichts. Sie wünschte, Margareta würde bald zum Punkt kommen, und wurde sogleich erhört.
» Sie hat mir natürlich von ihm erzählt. Dass er wohl Arzt sei und wahnsinnig begabt und gut aussehend. Dass er gesagt habe, sie sei › auserwählt‹ und › besonders‹, und gemeinsam mit ihr etwas ganz Großes in der Welt zustande bringen wolle. Sie war wie ausgewechselt. Eine Weile fürchtete ich schon, sie wäre in einer Sekte gelandet. Ich meine, es war ja gut, dass ein wenig Ordnung in ihr Leben kam, aber sie war depressiv gewesen, und seine Botschaft an sie hatte im Grunde gelautet: › Reiß dich zusammen, das kriegst du schon hin, wenn du nur willst‹. Aber als sie dann nicht schnell genug gesund wurde…«
Margareta schwieg. Sie atmete einige Male tief durch.
» Aber als sie dann nicht schnell genug gesund wurde, verlor er die Geduld und misshandelte sie.«
Wieder rollten Tränen über Margaretas Wangen, tropften von ihrem Kinn und landeten in Struppis Fell.
» Ich habe gebettelt und gefleht, dass sie ihn verlassen solle«, weinte sie. » Und am Ende tat sie das auch. Nachdem er sie ganz schrecklich verbrannt hatte. Als sie wieder aus dem Krankenhaus kam, verließ sie ihn.«
» Er hat sie verbrannt?«, flüsterte Fredrika.
» Ja, mit Streichhölzern«, antwortete Margareta. » Er hat sie ans Bett gefesselt und ein Streichholz nach dem anderen an ihr abbrennen lassen.«
» Sind Sie zur Polizei gegangen?«, fragte Fredrika. Ihr war allein bei dem Gehörten ganz übel geworden.
» Natürlich haben wir das getan, aber es hat nichts genutzt. Es war so schlimm, dass Nora die Stadt verlassen und eine neue Identität bekommen musste.«
» Soll das heißen, dass er für seine Taten nie bestraft wurde?«
» Das soll heißen, dass wir nicht wussten, wer er war«, sagte Margareta mit schriller, brüchiger Stimme. » Verstehen Sie? Nora wusste nicht einmal, wie er wirklich hieß. Oder wo er wohnte. Sie hatten sich nie woanders getroffen als in Noras Wohnung.«
Fredrika versuchte zu begreifen, was sie da hörte.
» Sie wusste nicht, wie er hieß, nicht, wo er wohnte, nicht, wo er arbeitete?«
Margareta schüttelte stumm den Kopf.
» Wissen Sie, was er damit meinte: was die beiden gemeinsam großmachen wollten?«
» Er wollte sämtliche Frauen bestrafen, die es nicht schafften, ihre Kinder zu lieben, und sich gegen sie entschieden«, flüsterte Margareta. » Und das war ja genau, was Noras eigene Mutter getan hatte: Sie hatte sich geweigert, ihre Tochter zu lieben.«
Stockholm, hieß es, sei eine der schönsten Hauptstädte der Welt. Davon konnte Alex Recht am Fenster seines Zimmers jedoch nichts erkennen.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er schon dasaß und hinausschaute. Das tat er gern, wenn er nachdachte. Und nachdem Fredrika angerufen und ihm Bericht erstattet hatte, hatte er zweifellos über einiges nachzudenken.
» Er bestraft sie! Genau wie Nora am Telefon sagte!«, hatte Fredrika ins Handy gerufen, um dem schlechten Empfang zu trotzen und sich verständlich zu machen. » Er bestraft sie dafür, dass sie auf irgendeine Weise ihren
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