Aschenputtel: Thriller (German Edition)
waren hilfreich. Schön und gut. Aber es musste auch immer jemanden geben, der die relevanten Informationen in seinem eigenen kleinen Kopf behielt. Wenn eine Gruppe nur hinreichend gut zusammenarbeitete, flossen die Informationen wie von selbst, auch wenn man einmal nicht auf Computer zurückgriff.
Alex seufzte und sah zu dem wolkenbedeckten Himmel hinauf.
Vielleicht wurde er einfach nur alt und nörgelig. Vielleicht ging ihm das Feuer verloren. Oder schlimmer noch: War er vielleicht auf dem besten Weg, so ein rückständiger Kommissar zu werden, mit dem kein frischgebackener Polizist mehr zusammenarbeiten wollte? Wie lange konnte man als Legende gelten, wenn man keine weiteren Erfolge mehr vorzuzeigen hatte? Wie lange konnte man von seinem guten Ruf leben?
Er blätterte durch die Papiere auf seinem Schreibtisch. Fredrika hatte aus Umeå angerufen und bekräftigt, dass Sara Sebastiansson, was ihren verlängerten Aufenthalt im Norden betraf, gelogen hatte. Alex runzelte die Stirn. Was hatte sie zu verbergen? Wut stieg in ihm auf. Er sollte ins Auto steigen und zu Sara Sebastiansson nach Hause fahren. Scheißegal, dass sie sich gerade in tiefster Trauer befand. Sie behinderte die Ermittlungen, und das war ungeheuerlich. Ganz gleich wie traurig man war.
Alex rekapitulierte, was er wusste. Eigentlich hatte Sara Sebastiansson nicht grundsätzlich gelogen, was die Verbindung nach Umeå anging, sondern sie hatte lediglich über eine Einzelheit gelogen. Ein Detail, von dem sie glaubte, es der Polizei vorenthalten zu können. Das die Polizei aber wiederum für ein wichtiges Puzzleteil hielt.
Sie waren zunächst davon ausgegangen, dass in Umeå etwas geschehen sein musste, das Sara Sebastianssons Schicksal beeinflusst hatte. Aber das konnte so natürlich nicht stimmen. Es musste bereits vorher etwas geschehen sein, bevor Sara in jenem Sommer zum Schreibkurs gefahren war, etwas, das Sara hatte geraderücken wollen, indem sie länger in der Stadt blieb.
Und dafür war sie jetzt bestraft worden, indem jemand ihr Kind ermordet hatte? Vielleicht von der Person, die sie an jenem Tag unbedingt hatte treffen müssen?
Alex blätterte in den schrecklichen Bildern von der toten Lilian. Warum um Himmels willen hatte ihr jemand das Wort » Unerwünscht« auf die Stirn geschrieben? Was nur hatte denjenigen auf die Idee gebracht, dass niemand sie haben wollte? Und warum war Lilian ausgerechnet vor der Notaufnahme gefunden worden? War das von Bedeutung? Oder hätte sie genauso gut woanders in Umeå abgelegt werden können? Oder in einer anderen Stadt?
Er wurde unruhig. Ob wohl auch die nächste Leiche vor dem Krankenhaus in Umeå auftauchen würde?
Alex schob den Gedanken entschieden von sich. Er hoffte, dass Fredrikas Gespräch mit der Großmutter der ermordeten Frau aus Jönköping irgendetwas erbrachte. Und dann hoffte er, dass sie so bald wie möglich die geheimnisvolle Monika Sander fanden. Ohne die erschien das meiste im Moment leider ziemlich zusammenhanglos.
Resolut erhob er sich vom Schreibtisch. Er brauchte einen Kaffee. Und dann musste er diese Unruhe abschütteln. Wenn er jetzt schon darüber nachdachte, wo das nächste tote Kind gefunden würde, dann war alles verloren.
Peder Rydh hatte in der Nacht erstaunlich gut geschlafen. Ylva und er hatten kaum miteinander geredet, als er kurz nach zehn nach Hause gekommen war. Die Jungs hatten natürlich schon geschlafen. Er hatte still am Bett des einen gestanden und das schlafende Kind betrachtet. Blauer Schlafanzug mit Äffchen. Daumen im Mund. Ein schwaches Zucken im Gesicht, vielleicht träumte er etwas? Peder hatte still gelächelt und seinem Sohn vorsichtig über die Stirn gestreichelt.
Ylva hatte ihn nach dem zweiten verschwundenen Kind gefragt, und er hatte kurz angebunden geantwortet. Dann hatte er ein Glas Wein getrunken, noch ein bisschen ferngesehen und sich dann schlafen gelegt. Als er eben die Nachttischlampe ausgeschaltet hatte, hatte er Ylvas Stimme in der Dunkelheit gehört.
» Wir müssen irgendwann mal richtig miteinander reden, Peder.«
Erst hatte er nichts erwidert.
» So können wir nicht weitermachen«, war sie fortgefahren. » Wir müssen uns sagen, was wir fühlen.«
Und da hatte er zum ersten Mal gesagt, wie es war: » Ich kann nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr.«
Und weiter: » Ich will nicht, dass mein Leben so aussieht. Auf keinen Fall.«
Er hatte ihr zugewandt dagelegen, als er das gesagt hatte, und trotz der Dunkelheit hatte er sehen
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