Aschenputtel: Thriller (German Edition)
dem Mädchen ausgezogen haben. Unter all den kranken Menschen fand Alex keine abstoßender als diejenigen, die sich an Kindern vergriffen.
Auf den ersten Blick hatte er keine Blutflecke oder dergleichen erkennen können. Aber auch das würde im SKL untersucht und geklärt, ebenso wie die Frage, ob es Spuren von möglichen anderen Körperflüssigkeiten gab.
Alex meinte zu verstehen, was hinter der Übersendung des Pakets steckte. Irgendjemand wollte Sara Angst machen, und aus Saras hysterischer Reaktion zu schließen, war ihm das nur allzu gut gelungen. Sie würden Sara später noch zu dem Paket und der Person, die es ihr überreicht hatte, befragen, aber in ihrem derzeitigen Zustand war jede Form der Befragung und des Gesprächs völlig undenkbar.
Bald, dachte Alex. Bald.
Seine Finger hielten das Lenkrad fest gepackt.
» Hast du beim Arbeitgeber des Exmannes etwas herausbekommen?«, fragte er in die Stille hinein.
Fredrika zuckte zusammen.
» Ja und nein.«
Sie richtete sich im Sitz auf. Am Morgen hatte sie Gabriel Sebastianssons Chef angerufen.
» Sebastiansson hat im Moment Urlaub, aber wo er sich aufhält, wusste der Chef nicht. Seit Montag hat er frei.«
» Interessant.« Alex gab einen Pfiff von sich. » Vor allem weil er seine Exfrau nicht darüber informiert zu haben scheint. Und das, obwohl sie ein gemeinsames Kind haben. Und hatte er nicht seiner Mutter erzählt, er wäre auf Dienstreise?«
» Stimmt«, sagte Fredrika. » Zumindest behauptet sie das. Aber ehrlich gesagt hatte ich bei ihr kein gutes Gefühl.«
Alex runzelte die Stirn. » Wie meinst du das?«
» Ich meine, nur weil sie behauptet, dass er das mit der Dienstreise gesagt hätte, muss es nicht stimmen. Wahrscheinlich geht die Loyalität zu ihrem Sohn so weit, dass sie ohne große Umstände für ihn lügen würde.«
Alex schwieg. Sie waren gleich im Haus. Fredrika überlegte, wieso eigentlich immer sie auf dem Beifahrersitz saß und nie hinter dem Steuer, wenn sie mit ihren männlichen Kollegen unterwegs war. Wahrscheinlich galt auch hierfür die Erklärung, dass sie niemals auf die Polizeischule gegangen, niemals Streife gefahren war und deshalb als untaugliche Autofahrerin betrachtet wurde.
» Fahr zu ihr nach Hause«, sagte Alex schließlich und vergaß völlig, den Augenblick zu preisen, in dem Fredrika zum ersten Mal eingestanden hatte, nach einem Gefühl zu handeln. » Fahr zu der Mutter von diesem Mann. Wir halten vorher nur noch eine kurze Sitzung ab.«
» Geht klar.«
Sie rollten durch das Tor und dann durch den Tunnel weiter in die Tiefgarage.
» Bleiben wir dabei, dass der Vater das Mädchen entführt hat?«, fragte Fredrika leise. Fast fürchtete sie, wieder Alex’ Zorn zu wecken, indem sie seine Arbeitshypothesen infrage stellte. » Skalpiert ein Vater seine eigene Tochter und schickt die Haare der Mutter?«
Alex sah die Brandwunde auf Sara Sebastianssons Unterarm vor seinem inneren Auge.
» Ein normaler Vater tut das nicht«, sagte er trocken. » Aber Gabriel Sebastiansson ist kein normaler Vater.«
Peder Rydh war frustriert. Der Notruf aus Sara Sebastianssons Wohnung war für das ganze Ermittlerteam völlig überraschend gekommen, und ausgerechnet, als der Fall brenzlig zu werden begann, war nicht er, sondern Fredrika mit von der Partie. Er hatte stattdessen einen Hinweis nach dem anderen bearbeiten müssen. Es ärgerte ihn über die Maßen– nein: es kam ihm vielmehr unwürdig vor, Zeit auf etwas zu verschwenden, das im Verhältnis zu einer erneuten Befragung von Sara Sebastiansson derart unwichtig war.
Zum Glück leistete ihm Mats Dahlman Gesellschaft, ein Kripo-Analytiker, den Alex unmittelbar nach dem Anruf von Saras Eltern in die Ermittlergruppe gebeten hatte. Mats hatte ein Programm entwickelt, mit dessen Hilfe man die eingehenden Hinweise ohne viel Aufwand vorsortieren konnte. Es war zum Beispiel ganz leicht, diejenigen Hinweise auszufiltern, die einen zu frühen Zeitraum betrafen. Alle, die behaupteten, Lilian Sebastiansson um Viertel vor zwei auf dem Stockholmer Hauptbahnhof gesehen zu haben, konnten per Mausklick ausgeblendet werden, denn da war Lilian noch gar nicht verschwunden gewesen. Mit den späteren Zeitpunkten war es da schon schwieriger. Eine Frau, die mit demselben Zug gereist war wie Sara und Lilian, hatte angegeben, ihr sei ein kleiner Mann aufgefallen, der mit einem schlafenden Kind in den Armen über den Bahnsteig gegangen wäre. Doch wenn der Täter Schuhgröße 46 hatte, dann war er
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