Aschenputtel: Thriller (German Edition)
offensichtlich keine Ahnung, was im Leben wirklich wichtig war, dachte Peder, und mit einer SMS machte er Schluss.
Kurz darauf trat er den neuen Dienst an, er verließ die Bereitschaftspolizei und wurde, früher als mancher andere, Kriminalkommissar. Er kam in die Ermittlergruppe des legendären Alex Recht und blühte in seinem neuen Job regelrecht auf. Zu Hause begann Ylva zu Peders unvorstellbarer Freude, von dem Leben zu sprechen, das auf sie wartete, wenn Peder im Herbst seine Elternzeit antrat und die Kinder in der Tagesstätte eingewöhnt würden, und in der letzten Maiwoche reiste die Familie für eine Woche nach Mallorca. Da schlief Peder zum ersten Mal seit über zehn Monaten wieder mit Ylva, und langsam ging alles in einen Zustand über, der demjenigen ähnelte, den Peder als normal empfand.
» Du darfst es nicht so eilig damit haben, dass alles wieder wird wie immer«, warnte seine Mutter. » Ylva ist immer noch sehr empfindlich.«
Für Peder war Ylva eigentlich immer noch fast nicht wiederzuerkennen, aber die Woche auf Mallorca hatte ihm neue Hoffnung gegeben. Langsam begann Ylva, immer mehr Seiten zu zeigen, die er wiedererkannte. Es würde wirklich alles kaputtmachen, wenn er ihr ausgerechnet jetzt die Affäre mit Pia Nordh beichtete, dachte er. Und er hatte damals doch wirklich ein bisschen Spaß verdient gehabt.
Und jetzt war Ende Juli. Zwei Monate nach Mallorca. Er hatte immer noch Pias Nummer, falls es ihm einmal wieder schlecht gehen sollte. Er hoffte, dass er sie nicht wieder anzurufen brauchte, aber man wusste ja nie.
Manchmal konnte er seine Lebenssituation einfach nicht annehmen, und dann brach alles über ihm zusammen. Der Abend, an dem er sich mit Pia Nordh eingelassen hatte, war so eine Situation gewesen. Und die vergangene Nacht hatte wieder eine solche Situation heraufbeschworen.
» Hast du bis jetzt gearbeitet?«, hatte Ylva gefragt.
Peder war erstarrt. Verdammt, was hörte er da? War das ein Vorwurf?
» Ein Kind ist verschwunden.«
» Es kam im Fernsehen«, hatte Ylva gesagt und von ihrer Teetasse aufgesehen. » Ich wusste nicht, dass du an dem Fall arbeitest.«
Peder hatte sich ein Bier aus dem Kühlschrank genommen und sich ein Glas geholt.
» Das Kind ist ja erst heute Nachmittag verschwunden, vorher gab es noch keinen Fall. Und ich erzähle dir ja jetzt, dass ich daran mitarbeite.«
Das Bier hatte seine Hand gekühlt, als er das Glas gefüllt hatte.
» Du hättest anrufen können«, hatte Ylva geflüstert, und da war Peder wütend geworden.
» Genau das habe ich doch getan«, hatte er gezischt und einen tiefen Schluck genommen.
» Ja, um sechs«, hatte Ylva müde erwidert. » Und da hast du gesagt, dass es später werden würde, aber du wolltest bis acht zu Hause sein. Und jetzt ist es zehn. Verstehst du nicht, dass ich mir da Sorgen mache?«
» Ich wusste nicht, dass es dich interessiert, wo ich bin.«
Im selben Moment hatte Peder bereut, was er gesagt hatte. Manchmal, wenn er müde war, dann rutschten ihm solche Dummheiten einfach heraus.
Er war Ylvas Blick über dem Bierglas begegnet, hatte gesehen, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Dann war sie aufgestanden und hatte die Küche verlassen.
» Ylva, verdammt, tut mir leid«, hatte er leise hinter ihr hergerufen. Leise, um die Kinder nicht zu wecken. Tut mir leid, um sie wieder gut zu stimmen. Immerzu stellte er die Bedürfnisse von anderen über seine eigenen.
Reue und ein schlechtes Gewissen zerrten an ihm, als er wieder an seinem Schreibtisch saß. Er verstand nicht, wie schon wieder alles so schrecklich hatte schiefgehen können. Er hatte doch angerufen. Der einzige Grund, warum er kein zweites Mal angerufen hatte, war, dass er die Kinder nicht wecken wollte. Zumindest versuchte er, sich das einzureden.
Es war eine scheußliche Nacht geworden. Natürlich waren die Kinder aufgewacht und hatten geweint, und am Ende hatten sie beide zwischen den Eltern im Doppelbett liegen dürfen. Peder hatte den Arm um einen Sohn gelegt, damit zumindest der ein wenig ruhig schlief.
Dabei hatte Peder am Abend zuvor gehofft, dass Ylva bei seiner Heimkehr noch wach wäre und Lust auf Sex hätte. Jetzt im Nachhinein kam er sich einfach nur dumm vor. Seit sie von Mallorca zurück waren, hatte sie bisher nur ein einziges Mal Lust auf Sex gehabt. Darüber konnte er nicht einmal mit den besten Kumpeln reden, wenn sie nach dem Hallenhockeytraining am Donnerstag zusammen in der Sauna saßen.
Es ist verdammt erniedrigend,
Weitere Kostenlose Bücher