Aschenputtel: Thriller (German Edition)
sei, dann müsste das, was Fredrika jetzt betrieb, als Polizeiarbeit der ganz knallharten Sorte bezeichnet werden.
Denn sowohl was den Vorfall mit der Frau auf dem Bahnsteig in Flemingsberg betraf als auch den der Anruferin, konnte Fredrika sich auf nichts anderes verlassen als auf ihr Bauchgefühl. Und davon wollten die Männer doch so viel verstehen.
Bauchgefühl. Ihr wurde schon schlecht, wenn sie das Wort nur hörte.
Vorsichtig legte sie eine Hand auf den Bauch, während sie mit der anderen noch eine Sache notierte, die sie am nächsten Tag würde erledigen müssen.
Bahnhof Flemingsberg besuchen.
Ihr Magen knurrte.
Ich muss Fragen stellen, dachte Fredrika. Nur war ihr Magen im Augenblick der Einzige, der Laut gab.
Als Peder Rydh am Abend das Büro verließ, war er entspannt. Eigentlich ging es ihm sogar richtig gut. Er dachte nicht daran, sich den Abend ruinieren zu lassen, indem er nach Hause zu seiner Frau ging. Er würde lieber mit ein paar Kollegen noch ein Bier trinken.
Er fühlte sich seltsam erleichtert. Natürlich hatten sie die ganze Zeit über geahnt, dass Gabriel Sebastiansson das Kind entführt hatte. Aber nun, da sie es mit noch größerer Sicherheit annehmen konnten, mussten sie sich nicht mehr mit der Frage nach dem Wer herumschlagen, sondern konnten sich auf das Wo konzentrieren. Wo war das Kind?
Peder dachte an Fredrika und kicherte lautlos. Dass sie sich aber auch auf jeden Hinweis, auf jede Seitenspur stürzen musste, die sich bei den Ermittlungen ergab! Sie war nicht direkt ein Bluthund, vielmehr ein ziemlich müder kleiner Mops mit viel zu kurzen Beinen und einer viel zu hohen Nase. Peder kicherte wieder. Genau, ein Mops. Und Möpse sollten nicht mit großen Hunden spielen. Große Hunde wie er selbst und Alex. Die Füße trugen ihn wie von selbst in die Kneipe. Peder hielt sich aufrecht, als er in das Lokal schwebte. Wie der Zufall es wollte, saß Pia Nordh bereits da. Ein paar der Jungs hatten sie wiedererkannt und grinsten ihn an. Er grinste zurück. No comment, guys.
Peder war ein Mann, der sich gern auf den Zufall verließ. Der Zufall hatte ihn schon viele Male glücklich gemacht. Ylva glaubte weniger daran und wollte deshalb immer gern alles planen, was sich nur planen ließ. Den Tag so zu nehmen, wie er kam, war nicht ihr Ding.
Eigentlich war es genau das, was das größte Knistern ausmachte, die Glut, dachte Peder. Es war lustig und herausfordernd, mit jemandem zusammenzuleben, der in anderen Strukturen dachte und in anderen Mustern lebte.
Aber es hatte eben auch Nachteile.
Der Zufall lebt sein eigenes Leben und kann nicht wegstrukturiert werden. Es war durchaus ironisch, dass ausgerechnet der Zufall ihr Leben in weiten Teilen verwüstet hatte.
Aber Peder dachte nicht in diesen Bahnen, vor allem nicht, wenn er Bier trank und beschwipst war. Aber es war doch so. Ihr Leben war zu weiten Teilen verwüstet, und es war die Schuld des Zufalls gewesen. Und Ylvas Unfähigkeit, mit dem Zufall umzugehen.
Nachdem die Hebamme den Ultraschall gemacht hatte, waren Ylva und Peder erst einmal sprachlos gewesen. Sie erwarteten Zwillinge.
» Aber«, hatte Ylva gestammelt, » niemand in unseren beiden Familien hat je Zwillinge gehabt.«
Die Hebamme hatte es ihnen erklärt. Zweieiige Zwillinge rührten nicht selten von einer genetischen Veranlagung her. Eineiige hingegen waren Zufallszwillinge.
Dieser Begriff hatte Peder eine ungeheure Kraft und Stärke verliehen. Zufallszwillinge. Aber Ylva, das hatte er viel später begreifen müssen, Ylva hatte, schon als sie das Wort zum ersten Mal hörte, angefangen zu zerbrechen.
» So war das doch nicht gedacht«, hatte sie während der Schwangerschaft wieder und wieder gesagt. » So sollte es doch nicht werden.«
Peder erinnerte sich daran, wie erstaunt er gewesen war, denn er hatte ganz und gar nicht das gleiche klare Bild davon gehabt, » wie es werden sollte«.
Einer der Jungs unterbrach seine Überlegungen, indem er ihm einen Klaps auf den Rücken gab. » Und, wie läuft’s in Rechts Team?«, fragte er, und in seinem Blick konnte Peder Neid lesen.
Er genoss es. Zum Teufel mit seinen trüben Gedanken, hier konnte er Energie tanken.
» Es läuft verdammt gut«, erklärte er heiter. » Alex ist einfach so tierisch… Profi. Er hat ein unglaubliches Gespür für die Arbeit.«
Der Kollege nickte andächtig, und Peder fühlte, dass er fast errötete. Wer hätte gedacht, dass er nach nur wenigen Jahren bei der Polizei einmal hier stehen und
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