Aschenputtel: Thriller (German Edition)
die Tränen liefen ihm noch schneller die Wangen hinunter.
» Als Lilian geboren wurde, dachten wir, alles wäre vorbei. All unsere Freunde gratulierten uns, aber… Es war ein Neuanfang, aber trotzdem… Danach gab es keinen Weg mehr zurück. Danach konnte es nur noch ein böses Ende nehmen.«
» Glauben Sie«, begann Peder vorsichtig, » glauben Sie, dass Gabriel Sebastiansson etwas mit dem, was Lilian zugestoßen ist, zu tun hat?«
Der ältere Mann hob den Blick und sah Peder direkt in die Augen.
» Dieser Mann ist das Böse in Person«, sagte er mit müder, aber fester Stimme. » Es gibt keine Grenzen dafür, was er sich ausdenken würde, um Sara zu schaden und sie zu verletzen. Keine Grenzen.«
Dann war es plötzlich, als würde er vornüberfallen, und Peder beeilte sich, ihn aufzufangen. Und der Mann blieb in seinen Armen hängen und weinte wie ein Kind.
Gabriel Sebastianssons Arbeitsplatz lag außerhalb der Innenstadt. Auf der Fahrt dorthin musste Peder mehrere Male schlucken, um nicht selbst anzufangen zu weinen. Und plötzlich fiel ihm ein, dass er immer noch nicht bei Ylva angerufen hatte.
Er hielt das Handy fest umklammert. Verdammte Scheiße. Aber jetzt musste sie einfach warten. Er war für den Termin mit Gabriel Sebastianssons Kollegen ohnehin schon spät dran.
Martin Ek empfing ihn vor dem Haupteingang von SatCom. Peder sah ihm an, dass er nervös war. Er war nicht gerade ein Genie darin, in anderen Menschen zu lesen, aber dieser Mann war ganz eindeutig nervös. Sehr nervös.
» Vielen Dank, dass Sie so schnell gekommen sind«, sagte Martin Ek und schüttelte ihm die Hand.
Peder bemerkte, wie Ek versuchte, seine verschwitzten Handflächen diskret an der Anzughose abzuwischen. Wie charmant.
Martin Ek sprach erst wieder, als sie im Fahrstuhl standen und in die Etage hinauffuhren, wo die Führungskräfte des Betriebs untergebracht waren. Peder empfand den Fahrstuhl als zu klein, sie standen zu dicht beieinander. Hoffentlich stank er nicht nach Alkohol.
» Heute Morgen war ich in seinem Büro«, murmelte Ek und starrte vor sich hin. » Ich brauchte dringend den Quartalsbericht, aber Gabriel ging nicht an sein Handy. Ich habe es mehrmals bei ihm versucht– vergeblich.«
Peder schien es, als versuchte Martin Ek zu legitimieren, warum er das Büro seines Kollegen aufgesucht hatte, was aber gar nicht nötig war. » Verstehe«, sagte er deshalb nur knapp und trat, als die Türen aufglitten, erleichtert aus dem engen Fahrstuhl hinaus auf den Flur.
Gabriels Kollege führte Peder auf direktem Weg durch die Büroetage zu seinem Zimmer. Peder bemerkte eine Reihe von hochgezogenen Augenbrauen und überlegte, ob er darum bitten sollte, den Mitarbeitern vorgestellt zu werden, beschloss dann aber, dass das warten konnte.
In seinem Büro wies Martin Ek auf den Besucherstuhl und setzte sich selbst hinter den Schreibtisch. Er faltete dieHände vor sich auf der Schreibunterlage und räusperte sich.
Hinter ihm sah Peder eine Reihe von Fotografien, die in farbenfrohen Rahmen steckten. Die Bilder strahlten Wärme und Harmonie aus. Peder konnte ihnen entnehmen, dass Martin drei Kinder hatte, alle schätzungsweise unter zehn Jahren, und eine sympathische Frau. Wenn die Bilder die Wahrheit erzählten, dann lebte Martin Ek in einer guten Ehe und liebte seine Frau so sehr, dass er tagaus, tagein ihr Bild vor Augen haben wollte.
Peder merkte, wie er im Besucherstuhl ein wenig zusammensackte. Er war eine Schande für das männliche Geschlecht. Hatte nicht auch Alex eine ganze Reihe Fotos von seiner Familie im Büro stehen?
» Ich war also in Gabriels Büro, um nach dem Bericht zu suchen«, begann Martin Ek erneut und zwang Peder, sich darauf zu konzentrieren, was er zu erzählen hatte.
» Wir dürfen das, wenn es sich um eine dringende Angelegenheit handelt«, fügte er hinzu, » und ich hatte außerdem von unserem gemeinsamen Vorgesetzten die Erlaubnis erhalten.«
Peder nickte wieder, jetzt etwas ungeduldiger.
» Ich konnte den Bericht nicht finden«, fuhr Martin Ek fort. » Ich habe in seinem Schrank gesucht. Wir haben Sicherheitsschränke, in denen wir heikles Material aufbewahren, und die Mitarbeiterin am Empfang hat einen Generalschlüssel.« Wieder eine Kunstpause. » Aber auch darin konnte ich den Bericht nicht finden, und da dachte ich, dass er doch zumindest eine Fassung in seinem Computer haben müsste, die ich mir ausdrucken könnte.«
Martin Ek rutschte in seinem Schreibtischstuhl ein wenig vor und
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