Aschenputtel: Thriller (German Edition)
Signalton, ich rufe so bald wie möglich zurück.«
Ellen seufzte. Vielleicht würden sie sich ja später am Abend noch kurz sehen können. Es war zwar unwahrscheinlich, dass sie so kurzfristig einen Babysitter fand, aber irgendwann musste mit dem ganzen Theater ja auch einmal Schluss sein. Sie brauchte ihn. Und sie wollte spüren, dass ihre Gefühle berechtigt waren. Sie wollte ihn einfach brauchen dürfen. War das denn zu viel verlangt?
Sie hinterließ eine Nachricht auf seiner Mailbox und brach, ohne es zu wollen, in Tränen aus, als sie erklärte, was geschehen war. Das arme kleine Mädchen, das einfach da vor dem Krankenhaus gelegen hatte. Nackt auf dem Rücken und im Regen.
Ellen starrte mit leerem Blick auf den Bildschirm. Sie wusste kaum, was sie mit sich anfangen sollte, und bewunderte sprachlos Peder und Fredrika, die auf dem Flur hin- und herliefen, immer mit einem neuen Beitrag zu den Ermittlungen unterwegs.
Ehe er nach Umeå gereist war, hatte Alex ihr am Telefon deutliche Anweisungen erteilt. Sie dürfe kein Sterbenswörtchen darüber verlieren, wie sich der Fall mit der verschwundenen Lilian entwickelt hatte, nicht ehe die Mutter formell bestätigt hatte, dass es ihre Tochter war, die man gefunden hatte. Unter keinen Umständen dürfe Ellen irgendwelche Details preisgeben. Und sie dürfe auf keinen Fall erwähnen, dass das Kind skalpiert worden war und was man im Rechner des Vaters des ermordeten Kindes gefunden hatte.
Ellen hatte die Nachrichten im Internet verfolgt. Dass man das Kind gefunden hatte, war auf jeder einzelnen Zeitungshomepage die vorrangige Meldung.
Mats, der Kripo-Analytiker, klopfte und riss Ellen aus den Gedanken.
» Entschuldige, wenn ich dich störe«, begann er höflich.
Ellen lächelte traurig.
» Kein Problem, ich habe eigentlich mehr hier gesessen und… nachgedacht.«
Mats erwiderte ihr Lächeln.
» Peder hat gesagt, dass wir die Erlaubnis hätten, bei Gabriel Sebastiansson eine TKÜ zu fahren. Weißt du davon schon was?«
Da Ellen nicht sofort antwortete, erklärte Mats: » Telekommunikationsüberwachung.«
Ellen lachte auf. » Danke, ich weiß, was TKÜ ist.« Dann fuhr sie fort: » Es dauert etwa eine Stunde, bis wir die Überwachung in Gang haben. Wenn du es genauer wissen willst, musst du bei der Technik anfragen. Der Mobilanbieter soll bestimmt Listen mit älteren Handygesprächen schicken, und da weiß ich nicht, wann wir die…«
» Die habe ich vor einer Stunde bekommen«, unterbrach Mats sie. » Ich habe seine Verbindungen in den letzten Tagen überprüft. Seit das Kind verschwunden ist, hat er nur drei längere Gespräche geführt: eines mit seiner Mutter, eines mit einem Juristen und eines mit einer ausländischen Nummer, die ich nicht zurückverfolgen kann. Ich sehe nur an der Landesvorwahl, dass er in die Schweiz telefoniert hat. Und er hat ein paar SMS bekommen.«
Ellen starrte ihn erstaunt an.
» In die Schweiz?«
Mats nickte.
» Aber ich weiß wie gesagt nicht, wen er angerufen hat. Und wenn die Mutter weiterhin behauptet, sie habe ihren Sohn in den letzten Tagen nicht gesehen, dann lügt sie. Ich habe die registrierten Funkmast-Verbindungen kontrolliert. Das Handy von Gabriel Sebastiansson war seit Dienstag mehrmals in der Nähe seines Elternhauses aktiv. Zuletzt heute früh um sechs.«
Ellen pfiff überrascht und sagte: » Endlich kommt Bewegung in die Sache.«
» Das scheint mir auch so«, stimmte Mats zu.
Auf dem Weg zum Haus der Familie Sebastiansson fuhr Fredrika schneller, als erlaubt war. Diesmal würde sie ihren Besuch nicht vorab ankündigen, und als sie ankam, wartete sie auch nicht Teodora Sebastianssons Fingerzeig ab, wo sie das Auto zu parken habe. Stattdessen bremste sie direkt vor dem Hauptgebäude scharf ab und sprang aus dem Auto, fast noch ehe es wirklich zum Stehen gekommen war. Mit langen Schritten erklomm sie die Eingangstreppe und klingelte dann zweimal. Als sie nichts hörte, klingelte sie noch einmal. Wenige Augenblicke später hörte sie jemanden auf der Innenseite am Schloss drehen, und dann glitt die Tür auf.
Teodora Sebastiansson geriet einigermaßen in Rage, als sie Fredrikas ansichtig wurde.
» Was in aller Welt soll das hier bedeuten?«, schimpfte die magere Frau. » In unser Eigentum einzudringen und fast die Tür einzuschlagen!«
» Zum einen bin ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nirgends eingedrungen, was sich mit Eigentum beschreiben ließe, zum anderen habe ich bislang nichts weiter getan, als an
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