Aschenputtel: Thriller (German Edition)
Ihrer Tür zu klingeln, und drittens…«
Fredrika war selbst von ihrer kraftvollen Entgegnung auf Teodoras Angriff überrumpelt und machte eine Kunstpause.
» Und drittens fürchte ich, dass ich mit schlechten Nachrichten komme. Würden Sie mich bitte hereinlassen?«
Teodora starrte Fredrika an. Fredrika starrte zurück. Auch dieses Mal trug die ältere Frau eine große Brosche an der Bluse direkt unter dem Kinn. Es sah fast so aus, als wäre die Brosche dazu da, ihren Kopf aufrecht zu halten.
» Haben Sie sie gefunden?«, fragte sie langsam.
» Ich fände es wirklich besser, wenn wir hineingingen«, sagte Fredrika in etwas sanfterem Tonfall.
Teodora schüttelte den Kopf.
» Nein, ich will es jetzt wissen«, sagte sie und hielt den Blick starr auf Fredrika gerichtet.
» Ja, wir haben sie gefunden«, bestätigte Fredrika, nachdem sie kurz überlegt hatte, ob sie einer so alten Dame eine Todesnachricht wirklich auf der Türschwelle überbringen durfte.
Teodora Sebastiansson stand völlig still da.
» Kommen Sie herein«, sagte sie schließlich und trat zur Seite, sodass Fredrika eintreten konnte.
Diesmal nahm Fredrika keine Notiz von der Einrichtung, als sie den kurzen Weg von der Haustür zum Wohnzimmer zurücklegten.
Teodora Sebastiansson ließ sich langsam auf einem Stuhl neben einem Teetischchen nieder. Zu Fredrikas Erleichterung wurde ihr nichts zu trinken angeboten. Sie setzte sich so diskret wie möglich auf einen Stuhl auf der anderen Seite des Tisches und stützte das Kinn auf ihre gefalteten Hände.
» Wo haben Sie sie gefunden?«
» In Umeå«, antwortete Fredrika.
Teodora zuckte zusammen.
» In Umeå?«, wiederholte sie mit aufrichtigem Erstaunen. » Was in… Sind Sie sicher, dass sie es ist?«
» Ja«, antwortete Fredrika, » leider sind wir uns dessen inzwischen sicher. Ihre Mutter und die Großeltern mütterlicherseits sind dorthin unterwegs, um sie formell zu identifizieren, aber ja, wir sind auch jetzt schon ganz sicher, dass sie es ist. Haben Sie irgendeine Verbindung zu Umeå? Oder wissen Sie, ob das bei Sara Sebastiansson oder Ihrem Sohn der Fall ist?«
Teodora legte langsam die Hände in den Schoß.
» Ich denke, ich habe kürzlich bereits deutlich gemacht, dass ich nur wenig darüber weiß, wie genau meine Schwiegertochter ihr Leben verbringt«, sagte sie tonlos. » Aber nein, soweit ich weiß, hat weder mein Sohn noch habe ich selbst eine Verbindung nach Umeå.«
» Sie haben also keine Freunde oder Bekannten dort?«
» Meine Liebe, ich bin noch niemals dort gewesen«, sagte Teodora. » Und ich kenne auch niemanden, der je dort gewesen sein könnte. Zumindest niemanden in meiner Familie. Möglicherweise war Gabriel einmal beruflich da, aber das weiß ich ehrlich gesagt nicht.«
Fredrika wartete einen Augenblick.
» Was Ihren Sohn betrifft«, sagte sie dann etwas bestimmter, » haben Sie von ihm schon etwas gehört?«
Teodora richtete sich sogleich auf.
» Nein«, sagte sie. » Nein, wirklich nicht.«
» Sind Sie da ganz sicher?«, fragte Fredrika.
» Ich bin ganz sicher«, antwortete Teodora.
Die beiden Frauen sahen einander in die Augen und maßen über das Teetischchen hinweg ihre Kräfte.
» Darf ich sein Zimmer sehen?«, fragte Fredrika.
» Da antworte ich Ihnen ebenso wie letztes Mal«, sagte Teodora Sebastiansson streng. » Sie dürfen keinen einzigen Quadratzentimeter dieses Hauses ansehen, wenn Sie nicht im Besitz eines Durchsuchungsbefehls sind.«
» Das bin ich«, erwiderte Fredrika und hörte im selben Moment mehrere Fahrzeuge, die im Kies vor dem Haus anhielten.
Die Augen von Teodora Sebastiansson weiteten sich.
» Im Übrigen nutzt es der Sache Ihres Sohnes nicht, wenn Sie der Polizei bei der Suche nach dem Mörder Ihrer Enkelin nicht behilflich sind«, bemerkte Fredrika und erhob sich.
» Wenn Sie eigene Kinder hätten, dann wüssten Sie, dass man sie niemals, niemals im Stich lässt«, sagte Teodora mit gebrochener Stimme und beugte sich zu Fredrika vor. » Wenn Sara das begriffen hätte, dann wäre Lilian niemals zu Schaden gekommen. Wo war sie denn, dieses nutzlose Geschöpf, als Lilian verschwand?«
Sie saß in der Falle, dachte Fredrika. In einer Falle, die jemand aufgestellt hatte, der ihr wirklich böse wollte.
Doch sie schwieg. Es war nur eine Sekunde gewesen, aber sie hatte es dennoch gesehen: die Müdigkeit in den Augen der alten Frau. Und die Verletzlichkeit.
Sie leidet so unendlich mehr, als sie zeigt, dachte Fredrika.
Und dann
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