Aschenputtel: Thriller (German Edition)
wären, zusammen mit Lilian zur Mutter zum Abendessen kommen würde.«
Fredrika machte eine kurze Pause, um sich zu versichern, dass alle ihr folgen konnten.
» Also«, fuhr Fredrika fort und merkte, dass sie vor Aufregung errötete. » Also fährt er irgendwann im Lauf des Dienstagvormittags nach Kalmar. Kurz nach zwei Uhr verschwindet Lilian. Ungefähr eine Stunde später fangen alle möglichen Leute an, ihn deswegen anzurufen. Das Handy ist abgeschaltet. In dem Augenblick ist Gabriel Sebastiansson nämlich gerade beschäftigt, und das wird er noch bis zehn Uhr abends sein. Da erst schaltet er das Handy wieder ein.«
Fredrika machte eine Kunstpause.
» Dieser Mann hat gerade eines der widerlichsten Vergehen begangen, als seine Tochter verschwindet und er deshalb von der Polizei gesucht wird. Er weiß, dass wir inzwischen wahrscheinlich von den Misshandlungen, die er an seiner Ehefrau begangen hat, Kenntnis haben, und vielleicht haben wir auch widersprüchliche Angaben von seiner Mutter und von seinem Arbeitgeber darüber erhalten, wo er sich aufhält. Es ist spät, und er ist einige Stunden von zu Hause entfernt. Natürlich wird er von Panik ergriffen. Er will nicht nach Hause fahren, und er will nicht mit der Polizei reden. Er weiß, dass er Lilian nicht entführt hat, aber gleichzeitig kann er nicht erzählen, wo er war, als das Mädchen verschwand.«
Fredrika holte Luft, ehe sie fortfuhr.
» Er hat sich in eine Zwickmühle gebracht, aber so richtig, weil nämlich seine alte Mutter, die sonst immer ein Alibi für ihn zu zaubern verstand, dies diesmal nicht so einfach wird machen können. Immerhin hat er sie über seine Reise belogen. Trotzdem ruft er natürlich zuallererst bei ihr an, denn er hat niemanden sonst, der sich bedingungslos für ihn einsetzt. Welchen Plan sie genau beschließen und wie viel er seiner Mutter erzählt, ist schwer zu sagen. Aber offensichtlich beschließen sie, davon auszugehen, dass Lilian bald wieder auftaucht, und bis dahin ruhig abzuwarten.«
» Wenn Lilian erst einmal zurück ist«, fiel Alex ein, dem dämmerte, worauf Fredrika hinauswollte, » dann wird sich die Polizei auch nicht länger dafür interessieren, wo er gewesen ist.«
» Ganz genau«, pflichtete Fredrika ihm bei. Sie griff zu ihrem Glas und nahm einen Schluck Wasser.
Es war absolut still im Raum.
Alex blätterte in den Kopien, die Peder ausgeteilt hatte.
» Pfui Teufel«, sagte er und schob den Papierstapel von sich weg. Dann beugte er sich ein wenig über den Tisch.
» Hat irgendjemand Hinweise erhalten, die das, was Fredrika gerade ausgeführt hat, anzweifeln lassen?«, fragte er vorsichtig.
Niemand antwortete.
» Dann bin ich geneigt zu glauben«, sagte Alex langsam, » dass unser Freund Gabriel, den wir so frenetisch gesucht haben, wahrscheinlich nicht derjenige ist, der Lilian entführt hat.«
Er sah Peder an, der sich neben Fredrika gesetzt hatte.
» Es ist natürlich nicht ganz undenkbar, dass Gabriel es geschafft hat, am selben Tag sowohl Lilian zu entführen als auch Kalmar aufzusuchen, aber wie Fredrika schon sagte: Das wäre ein verdammt enger Zeitplan gewesen.«
Alex schüttelte den Kopf.
» Aber«, begann Peder, » was fangen wir dann mit der Zeugenaussage von Ingrid Strand an? Die Frau, die im Zug neben Sara und Lilian saß. Sie hat schließlich gesehen, wie Lilian weggetragen wurde.«
» Und zwar von jemandem, der ihr Vater gewesen sein könnte«, ergänzte Alex ruhig. » Ich weiß, das ist wirklich verzwickt. Von wem hätte Lilian sich denn sonst wegtragen lassen? Es sei denn, sie hat irgendwelche Beruhigungsmittel verabreicht bekommen. Darüber wird hoffentlich die Auswertung der Blutproben etwas sagen.«
Fredrika schluckte.
» War sie…«, begann sie. » Konnte die Ärztin sagen, ob sie irgendwelchen Übergriffen ausgesetzt war?«
Alex schüttelte den Kopf.
» Wahrscheinlich nicht, aber auch das ist eine Sache, zu der wir erst morgen früh Bescheid bekommen.«
Alex saß einen Augenblick schweigend da.
Ganz gleich ob man Gabriel Sebastiansson mit Lilians Verschwinden in Verbindung bringen konnte, war plötzlich die Information über ein Pädophilen-Netzwerk auf seinem Schreibtisch gelandet. Aber das war sicherlich nicht sein Fall. Das musste so schnell wie möglich der Kripo übergeben werden.
» Was heißt das denn nun?«, fragte Peder. » Zurück auf Los?«
Alex lächelte gequält. » Nein«, sagte er gedankenverloren. » Das heißt nur, dass die Informationen, die wir
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