Aschenputtel: Thriller (German Edition)

Trauben, sind das Mädchen? Und blaue Jungs?«
    » Wahrscheinlich.«
    Fredrika merkte, wie sie Bauchschmerzen bekam.
    » Pfui Teufel«, sagte sie leise und legte die Hand auf den Mund, als sie weiter las.
    Sie blätterte schnell durch die ausgedruckten Seiten.
    > Großer Onkel, 5. Januar, 07:11: Verehrte Mitglieder, die Weinprobe findet in der nächsten Woche statt. Unser Lieferant wird uns mit ein paar ausgezeichneten Tropfen versorgen, die wir im Lauf des Abends und der Nacht verkosten dürfen. Bitte Barzahlung vor Ort. Nähere Informationen darüber, wo die Weinprobe stattfindet, erfolgen wie zuvor besprochen.
    Gabriel Sebastiansson hatte im Lauf des Jahres zusammengenommen vier » Weinproben« besucht.
    » Wie kommunizieren sie über den Treffpunkt?«, fragte Fredrika.
    » Keine Ahnung«, antwortete Peder mit müder Stimme. » Aber ich habe einen Freund bei der Kripo angerufen, der mit diesem Scheiß zu tun hat. Er hat gesagt, dass die alle möglichen Wege gehen, zum Beispiel über SMS von unregistrierten Prepaidhandys.«
    » Ekelhaft«, flüsterte Fredrika und las widerwillig weiter.
    » Lies die letzte Seite«, sagte Peder auffordernd, fast schon ungeduldig.
    Fredrika übersprang nur zu gern die folgenden Passagen und blätterte auf die letzte Seite vor.
    > Großer Onkel, 5. Juli, 09:13: Verehrte Mitglieder! Der Höhepunkt des Sommers nähert sich mit Riesenschritten. Wir haben unerwartet eine Ladung wunderbarer Weine erhalten, aus verschiedenen Trauben und aus dem besinnungslosen Jahrgang 2001 gekeltert! Der Ort wird wie immer separat mitgeteilt, doch können Sie schon mal Dienstag, den 20. Juli, in Ihrem Kalender rot anstreichen. Rechnen Sie damit, dass unser Event gegen vier Uhr nachmittags beginnt, allerdings nicht in unserer hiesigen wunderbaren Region, sondern in etwa fünf Autostunden Fahrt von hier. Geben Sie bitte so schnell wie möglich Bescheid, ob Sie teilnehmen können!
    Fredrika sah auf und starrte Peder durchdringend an.
    » Aber… der 20. Juli war doch der Tag, an dem Lilian verschwand«, sagte sie, die Stirn in tiefe Falten gelegt.
    Peder nickte, ohne etwas zu erwidern.
    Sie sahen sich eine Weile an.
    Dann blätterte Fredrika in den Papieren. Auf die Mail, die sie gerade gelesen hatte, folgte keine weitere.
    » Gabriel Sebastianssons Chef sagt, dass er in dieser Woche von Montag bis Mittwoch Urlaub genommen hat«, sagte sie gedankenverloren. » Er hat seinen Urlaubsantrag sehr kurzfristig eingereicht und gesagt, er müsse aus privaten Gründen freinehmen.«
    » Und nach dem, was wir über sein Handy herausgefunden haben, war er an dem Tag, als Lilian verschwand, kurz nach zehn Uhr abends in der Nähe von Kalmar. Er hatte sein Telefon seit dem Morgen nicht benutzt. Erst abends schaltete er es wieder ein.«
    » Und wen rief er dann an?«
    » Da hat er seine Mutter angerufen«, sagte Peder.
    Fredrika sah Peder unverwandt an.
    » Angenommen, dass dieser kleine– wie nennen sie es?– Event in Kalmar stattgefunden hat«, begann sie, und Peder nickte. Er hatte das Gleiche gedacht.
    » Dann kommt das mit fünf Stunden Fahrt ungefähr hin.«
    » Er muss die Stadt gegen elf Uhr verlassen haben, um rechtzeitig um vier Uhr anzukommen«, fügte Peder hinzu.
    » Genau«, sagte Fredrika und schob die Blätter von sich weg. » Haben wir irgendwelche Informationen darüber, wann das Handy die Stadt verlassen hat?«
    » Nein, nach acht Uhr früh wurde keine Aktivität mehr registriert«, sagte Peder nachdenklich.
    » Egal«, sagte Fredrika. » Zumindest wissen wir, dass er sich um zehn Uhr abends in Kalmar befand und seine Mutter von dort anrief. Und nachdem er die Unternehmung beendet hatte, machte er sich wieder auf den Weg nach Hause.«
    Sie sah Peder an.
    » Dann kann er Lilian nicht aus dem Zug entführt haben«, sagte sie abschließend. » Nicht wenn er gleichzeitig in einem Auto auf dem Weg nach Kalmar saß.«
    Peder wand sich.
    » Oder«, sagte er, » es war so, dass er sich entschieden hat, verspätet zu dem Event zu kommen und Lilian mitzunehmen.«
    Fredrika schüttelte den Kopf. » Das wäre zwar möglich«, sagte sie. » Aber wäre das dann nicht eine ziemlich aufwändige Geschichte? Erst holt er sich Lilian und nimmt sie im Auto mit nach Kalmar und besucht diesen kranken Club oder wie auch immer man das nennen soll. Dann fährt er mit Lilian wieder nach Hause, skalpiert sie, schickt die Haare an ihre Mutter, bringt sie um und sorgt dafür, dass jemand anders nach Umeå fährt und sie vor dem