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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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aus dem Zimmer und lasse die beiden alleine.

M itten in der Nacht hämmert es plötzlich an die Haustür. Mutsch und ich fahren beide erschrocken aus dem Schlaf auf und blinzeln in die Dunkelheit. Es dauert ein paar Sekunden, bis der Schlaf von mir ablässt und ich ganz bei mir bin. Ich kann Mutschs schnellen Atem hören, dann wieder ein energisches Klopfen.
    Monster klopfen nicht an .
    Aber es ist nie gut, wenn jemand nachts vor deiner Tür steht.
    Neben mir vernehme ich ein tiefes Durchatmen, dann schlägt Mutsch die Decke zur Seite und steht auf. Auf den Dielen höre ich ihre nackten Füße tappen, als sie zur Tür geht. Sie sagt noch kurz »Achtung«, bevor sie einen Schalter umlegt und grelles Licht das Zimmer flutet.
    Ein paar Mal muss ich die Augen zusammenkneifen, bis sie sich an die Helligkeit gewöhnt haben, und nurverschwommen nehme ich wahr, wie Mutsch sich den alten eigelben Bademantel greift, der an einem Haken an der Tür hängt, und hinuntergeht. Schon auf der Treppe ruft sie: »Ich komme ja!«, damit das Hämmern aufhört.
    Ob etwas im Herrenhaus passiert ist? Hoffentlich ist nichts mit Großmutter, sie ist ja nun auch nicht mehr die Jüngste.
    Dann fällt mir noch etwas ein: Elsa! Mein Herz beginnt zu rasen und Schweiß bricht mir aus. Auch, wenn ich nicht glaube, dass der Angreifer aus dem Moor sich auf diese Weise ankündigen würde, ist es mir doch lieber, wenn Mutsch nicht allein die Tür öffnet, deshalb nehme ich all meinen Mut zusammen und schlüpfe in meine Hausschuhe, schnappe mir meine Springerstiefel, um sie gegebenenfalls jemandem an den Kopf werfen zu können, und folge ihr nach unten. Vielleicht sind es auch nur Betrunkene, die sich auf Großmutters Grundstück verirrt haben.
    »Sei vorsichtig«, flüstere ich auf der Treppe, als sie gerade dabei ist, die Tür zu öffnen.
    Sie wirft mir einen Blick über die Schulter zu und befiehlt: »Geh wieder nach oben«, aber natürlich bleibe ich, wo ich bin. Auf meinem Platz auf der Treppe.
    Vorsichtig öffnet sie die Tür einen Spalt und ich höre sie scharf nach Luft schnappen. Schwungvoll stößt sie die Tür zur Seite, sodass die Klinke fast an die Wand knallt. Draußen steht weder ein Betrunkener noch der Angreifer aus dem Moor, sondern Billy.
    Im Arm hält er den blutüberströmten Körper eines Schafes, dessen Kopf ihm in einem unnatürlichen Winkel über dem Ellbogen hängt. Billy muss sich mit den blutigen Händen übers Gesicht gefahren sein, denn sein Haar ist dunkel verklebt und auf der Wange hat er ebenfalls Spuren. Er sieht aus wie die Krieger in alten Wikingerfilmen. Furcht einflößend und grimmig.
    »Kannst du mich zur Polizei fahren?«, fragt er rau. »Mein Wagen springt nicht an. Ausgerechnet jetzt, verdammt.«
    Ohne ein Wort nickt Mutsch und rennt an mir vorbei wieder nach oben, um sich etwas anzuziehen. Ihre Zähne sind fest aufeinandergepresst, die Wangen rot und ihr Blick so düster, wie ich ihn selten gesehen habe. Dafür ist Billy blass wie ein Geist. Er sieht mich zwar an, aber irgendwie auch durch mich hindurch, und kein Wort dringt aus seinem Mund. Auch ich schweige. Es ist ein bizarrer Anblick: dieser Mann mit einem toten, blutigen Schaf in unserer Tür, während die Küchenuhr laut tickt. Der Geruch von nassem Fell und Blut dringt zu mir hinauf, und unwillkürlich schüttelt es mich, denn der Anblick erinnert mich an Ninas Wange.
    Macht das Monster jetzt auch Jagd auf Tiere? War das jenes Licht, das ich nachts beobachtet habe?
    Eine Klammer schließt sich um meinen Brustkorb, die mir das Atmen schwer macht. Langsam lasse ich die Stiefel auf die Stufen sinken.
    Nach kurzer Zeit stürmt Mutsch wieder nach unten,sie hat nur eine Jeans und einen Pullover übergezogen und die Haare mit einem einfachen Gummi zum Pferdeschwanz gebunden. In der Hand hält sie den Autoschlüssel und das Laken, das mal in unserem Bett war. Wahrscheinlich will sie so den Kofferraum vorm Schafblut schützen.
    »Leg dich wieder schlafen, Harper«, sagt sie über die Schulter, dann schließt sie hinter sich die Haustür ab, und ich sitze allein im Haus auf der Treppe, während meine Füße langsam kalt werden, und frage mich, ob ich das alles vielleicht nicht nur träume?
    Ist es möglich, dass ich einfach eingeschlafen bin, während noch der Tatort lief, und nun irre ich durch diesen eigenartigen Traum, der von Monstern und düsteren Baumwächtern bevölkert ist? Meine Lider werden schwer und mühsam schleppe ich mich zurück ins Bett.
    Das

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