Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
Vom Netzwerk:
fährt er sich durchs Haar und atmet ein paar Mal tief durch. »Manchmal habe ich den Eindruck, er gibt Nina irgendwie eine Teilschuld an allem, weil sie allein durchs Moor gegangen ist, obwohl das mit Elsa schon passiert war.«
    »Aber das kann er doch nicht machen.«
    »Wenn wir unter uns sind, versuche ich, mit Nina zu reden, dann habe ich die besten Chancen.« Nachdenklich schaut er mich mit seinem grauen Hexerblick an, der die Zeit anhält. »Ich wünschte wirklich, du hättest sie davor getroffen, sie war …«
    Anders?
    Genau wie Elsa.
    »Manchmal war sie auch traurig, und es gab Tage, da hat sie mit niemandem gesprochen, aber ihr Blick warnie so … Jetzt kommt es mir vor, als würde sie die Welt kaum wiedererkennen. Auch mich.«
    Ich weiß, was er meint, obwohl Elsa sich in Beschäftigung stürzt, habe ich trotzdem das Gefühl, dass sie nicht sie selbst ist. Natürlich hat sie früher auch ihre schlechten Tage gehabt, dann hat sie gesagt, dass sie nie wieder Ballett tanzen will, aber wir haben immer gewusst, dass das nicht stimmt. Solche Launen gingen auch wieder vorbei.
    »Was ist das eigentlich für ein Forum?«, versuche ich ihn von seinen trüben Gedanken abzulenken, weil ich den Schmerz in diesem Blick nicht ertragen kann.
    »Keine Ahnung, es steht kein Thema darüber.« Tobi schließt die Hand über der Maus und versucht, ein paar Dinge anzuklicken.
    Mein Blick wandert wieder zur Tür, aber noch immer ist es auf der Treppe ruhig. Als ihr Bruder hat er vielleicht mehr Freiheiten, an ihren Rechner zu gehen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sie besonders glücklich ist, wenn sie es merkt.
    »Mist«, entfährt es ihm, »es ist mit einem Passwort geschützt, man muss sich erst anmelden, um die Beiträge lesen zu können. «
    Auf dem Bildschirm ist jetzt nur noch das Loginfenster zu sehen.
    »Die Zugangsdaten bekommt man vom Admin. Das funktioniert bei dem Ding nur mit Einladung.«
    »Denkst du, dass dort etwas Wichtiges drinsteht?Sollten wir der Polizei mitteilen, was wir wissen?«, frage ich.
    »Vielleicht, aber ich will zuerst mit Nina reden. Ich will sie nicht in Schwierigkeiten bringen.«
    »In Ordnung.«
    Ich kann ihm ansehen, dass er mit den Gedanken ganz woanders ist; ich würde gern noch sein Zimmer sehen, um mehr über ihn zu erfahren, aber irgendwie habe ich das Gefühl, es ist ratsam, das auf ein anderes Mal zu verschieben.
    »Ich werde jetzt besser gehen«, sage ich und stehe auf, »dann kannst du mit Nina in Ruhe reden, wenn sie wieder raufkommt.«
    »Ja, wenn mein Vater sie entlässt«, erwidert er bissig.
    Ich bin wohl nicht die Einzige, die das Verhalten dieses Mannes nicht besonders gut findet.
    Noch einmal berühre ich kurz seine Hand. Zuerst sieht er mich etwas verwirrt an, doch dann lächelt er und dieses Lächeln ist beinahe wie Zauberei, denn wenn er mich berührt, macht mir das gar nichts aus, weil da diese Wand fehlt, die sonst immer zwischen mir und Fremden steht.
    Das ist ein schönes Gefühl.

D as Abendessen ist eine schweigsame Angelegenheit, Tante Luise steht schon nach fünf Minuten vom Tisch auf und auch Großmutter sieht aus, als würde sich über ihr ein Gewitter zusammenbrauen. Der Einzige, der versucht, die Stimmung zu heben, ist Onkel Gerhard. Unaufhörlich erzählt er von der Arbeit und was sich seit unserem letzten Besuch in Mahnburg alles ereignet hat, aber während er redet, trommelt er nervös mit seinen langen Fingern auf dem Knie herum.
    »In der Stadt brodelt es, vorhin kam es zu Ärger mit ein paar angetrunkenen Jungs vom Scherbenberg, die nicht einsehen wollten, dass man den Zugang dazu erst einmal gesperrt hat. Ein Junge hat sogar einen Polizisten geschlagen, das hat natürlich Tumult ausgelöst.«
    Weil ich neben ihm sitze, kann ich sehen, dass er ab und zu die Hand zur Faust ballt. Nachdem ihm die Geschichtenausgegangen sind, putzt er seine Brille und wirft mir ein schiefes Lächeln zu, aber weil er ohne Brille nicht viel sieht, blinzelt er dabei komisch und das Ganze wirkt eher verstörend als beruhigend.
    Der Streit mit der Polizei muss ausgebrochen sein, nachdem Tobi und ich wieder vom Scherbenberg verschwunden sind. Glück gehabt.
    »Ich bin auch müde«, sagt Elsa hastig, als das Handy in ihrer Hosentasche plötzlich anfängt zu klingeln. »Ich werde mich hinhauen.«
    Ich weiß genau, dass sie es nur tut, damit wir nicht mitkriegen, wer sie anruft. Mein düsterer Blick brennt sich in ihren Rücken, aber sie scheint nichts davon zu spüren. Auf

Weitere Kostenlose Bücher