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Aschenputtels letzter Tanz

Aschenputtels letzter Tanz

Titel: Aschenputtels letzter Tanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen Weise
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dich von ihm fernhalten, das ist etwas anderes.«
    »Natürlich«, schnaufe ich. »Wortklauberei.«
    »Präzision, mein Kind. Das ist sehr wichtig in meinem Beruf. Sonst würden die Leute nämlich doch aus Versehen ihre Katze in der Mikrowelle garen und es auf die Bedienungsanleitung schieben.« Mutsch zieht die Decke höher. »Aber was Billy betrifft … Ich kenne ihn schonsehr lange, Harper, und er müsste sich sehr verändert haben.«
    »Kommt doch manchmal vor. Du sagst ja selbst, dass du nicht mehr dieselbe bist, die du mal mit zwanzig warst.«
    »Ja …«, sie macht eine kleine Pause, »aber manchmal kann man die Wahrheit über einen Menschen sehr deutlich spüren. Und die Wahrheit über Billy ist, dass er genauso ein Unschuldslamm ist wie seine blöden Schafe.« Sie klingt fast ein bisschen wütend, und ich frage mich, warum.
    »Bist du irgendwie sauer auf ihn?«
    Wieder seufzt sie, aber diesmal schweigt sie danach.
    »Warum hat er bei uns geklingelt, Mutsch?«
    »Weil Großmutters Grundstück gleich angrenzt und das Gästehäuschen am nächsten war.«
    Ist das wirklich alles? Inzwischen hege ich den dringenden Verdacht, dass Billy und sie früher mal ein Paar waren. Mit einem bösen Ende, so wie sie auf ihn reagiert. Vielleicht hat er sie ja betrogen oder so etwas in der Art. Ich kann mich zwar nicht erinnern, ihn schon mal gesehen zu haben, aber vielleicht hatten sie ja auch eine Affäre, als ich noch sehr klein war, wer weiß.
    »Was passiert jetzt wegen des Schafs?«, lasse ich das Thema erst einmal auf sich beruhen, weil wir beide zu müde sind, um uns über ihre Verflossenen zu streiten.
    »Er hat Anzeige erstattet und will abwarten, was die Polizei herausfindet. Ich habe ihm geraten, dass er mitder Zeitung redet, damit sie eine Stellungnahme veröffentlichen, aber das will er nicht. Ach, was weiß denn ich, was in seinem Sturschädel vor sich geht …«
    Eine Weile liegen wir schweigend nebeneinander, dann erzähle ich ihr von der Szene nach dem Abendessen und wie finster Tante Luise Onkel Gerhard angeschaut hat.
    »Es ist auch nicht leicht für sie«, verteidigt Mutsch sie leise. »Ich glaube, sie hat alle ihre Hoffnungen darauf gesetzt, dass Elsa eine berühmte Balletttänzerin wird, weil sie das Talent dazu hatte. Sie will einfach nicht, dass Elsa denselben Fehler macht wie sie und hier versauert.«
    »Ich dachte, Tante Luise gefällt es in Mahnburg.«
    »Mhm, das ist kompliziert. Manchmal denkt man eben, dass einem etwas gefällt und später stellt man fest, dass es genau das Gegenteil ist, aber dann ist es zu spät.«
    »Gut, dass ich kein besonderes Talent habe, was?«, versuche ich, sie aufzuheitern. »Dann kann ich dich wenigstens nicht enttäuschen.«
    »Talente sind nicht immer so offensichtlich, Harper. Es gibt mehr von ihnen als nur Singen, Tanzen und schnell rechnen können. Manchmal liegen Talente verborgen und am Ende stellst du fest, du hast eine Begabung, verschreckte Tiere zu beruhigen und wirst Tierarzt.«
    »Ich möchte keine Tierärztin werden.«
    »Das weiß ich doch. Es war nur ein Beispiel.« Ich kann das Lächeln in ihrer Stimme hören.
    »Ich mein’s ernst, Mutsch, wenn du erwartest, dass ich mal Ärztin oder Anwältin oder so werde, hast du dich geschnitten. Hast du eine Ahnung, wie öde das ist? Nee, ohne mich.«
    »Und wie gedenkst du dann, deine arme, alte Mutter zu versorgen, wenn sie mal in Rente geht?«
    »Ach, bis dahin habe ich dich reich verheiratet, und dann leben wir beide von dem Geld deines Mannes.«
    Im Dunkeln höre ich Mutsch kichern. »Siehst du, Harper, da hast du dein Talent, du beschaffst uns Geld. Und jetzt schlaf, du Finanzgenie.« Sie drückt einen unkoordinierten Kuss auf mein Haar. »Die Nacht war ohnehin viel zu kurz.« Damit dreht sie sich auf den Rücken, und auch ich schließe erneut die Augen, um noch einmal Schlaf zu finden in dieser Nacht.
    Aber ich bin mir nicht sicher, ob er erholsam sein wird, denn meine Träume sind in letzter Zeit düster.



D er nächste Morgen beginnt damit, dass Mutsch das Laken mit dem Schafsblut im großen Ofen des Geisterhauses verbrennt und sich für ein paar Minuten stinkender Rauch im Haus verteilt, bis sie merkt, dass sie die Lüftungsklappe nicht geöffnet hat.
    Großmutter bleiben die Schimpftiraden im Hals stecken, als sie sieht, was Mutsch da verbrennt; sie wird erst grün um die Nase und dann rot im ganzen Gesicht.
    »Ich verlange zu erfahren, was hier vor sich geht!«, ruft sie mit in die Hüfte

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