Aschenwelt
zu.
»Und? Wie liefs«, wollte Anne wissen.
Ich schüttelte nur stumm den Kopf.
»Hmm«, machte Anne. »Ich glaube, das ist ân Zeichen.«
»Für was denn bitte!«, fauchte ich sie an.
»Dass du aufhören sollst, dieses Zeug zu rauchen. Wir müssen eben einen anderen Weg finden, mit der Aschenwelt klarzukommen. Und den gibt es ganz bestimmt.«
»WeiÃt du was, Anne?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Du bist so oft so unglaublich dumm. So naiv und verblödet.«
Anne schaute mich entgeistert an, und mir tat es sofort leid, das gesagt zu haben. Aber trotzdem es mir leid tat, beleidigte ich sie weiter.
»Ich mach das alles nur für dich, verstehst du? Die Teufel wollen nämlich nichts von mir. Sondern sie wollen dich! Und wenn du so weitermachst, ist es mir bald scheiÃegal, was sie mit dir anstellen!« Mir war es nicht egal, ganz im Gegenteil. Aber die Wörter brausten nur so aus mir heraus. Ich war wütend und nicht mehr Herr darüber, was ich sagte.
»WeiÃt du was?«, schrie ich weiter. »Verpiss dich einfach. Wenn du zu blöd bist, mir zu vertrauen, dann hau einfach ab!«
Anne wusste nicht, wie sie auf meinen für sie unverständlichen plötzlichen Hass reagieren sollte, war in Tränen aufgelöst und stürmte heulend aus meinem Zimmer.
Ich setzte mich eine Weile auf meinem Schminkschemel, unfähig mich zu rühren, unfähig zu denken. Ich zitterte am ganzen Körper. Bis die Erkenntniss wie eine Monsterwelle über mich hereinbrach und mir bewusst wurde, was ich eben angerichtet hatte.
Ich rannte wie von Wespen gestochen aus meinem Zimmer, die Treppen hinab, zum Haus hinaus auf die StraÃe und rief Annes Namen. Aber sie war verschwunden, die StraÃe vor unserer Villa verwaist.
Ich rief Anne an, doch ihr Telefon war mal wieder ausgestellt. Ich fuhr zum Grünstreifen, doch dort war sie nicht. Als nächstes ging ich zur Bismarckstatue. Aber auch dort fand ich sie nicht. Ich klapperte jeden einzelnen Platz ab, von dem ich wusste, dass sich Anne dort gerne aufhielt. Aber sie war nirgends zu finden. Ich beschloss, zu ihr nach Hause zu gehen. Ich war lange nicht bei ihr gewesen, ehrlich gesagt nur ein einziges Mal, gleich zu Anfang unserer Beziehung.
Ich drückte jenen der zwanzig Klingelknöpfe, worauf der Nachname ihrer Mutter stand. Anne trug den Namen ihres Vaters, der aber nicht auf dem Klingelschild angebracht war. Es meldete sich niemand an der Sprechanlage, auch nach mehrmaligem Klingeln nicht. Ich trat auf die StraÃe und schaute zu ihrer Wohnung im dritten Stock hinauf. Sie war dunkel, die Vorhänge zugezogen. Und die Blumenkästen auf ihrem Balkon waren leer, bis auf ein kleines buntes Windrad, das sich fröhlich im warmen Wind drehte, mal schneller, mal langsamer. Es war niemand zu Hause, akzeptierte ich schlieÃlich. Doch wo war Anne dann?
Ich machte mir schlimme Vorwürfe. Was war nur in mich gefahren, sie so zu verletzen. Sie war der einzige Mensch auf der Welt, dem ich etwas bedeutete, der mich sogar liebte. Ich wünschte mir, die Zeit zurückspulen zu können, oder StrgZ drücken. Aber es war geschehen. Und ich konnte Anne nicht um Verzeihung bitten, weil ich sie nicht fand.
Ich begab mich zum Grünstreifen und lieà mich auf den schmutzigen Boden fallen. Mir war schwindelig, mir war übel und ich starrte in die Blätter über mir und hielt meinen Blick auf ein einziges Blatt gerichtet, bis das Schwindelgefühl nachlieà und dadurch auch die Ãbelkeit. Dann begann ich mich zu kratzen, weil mein Körper nun noch stärker juckte als zuvor. Ganz besonders eine Stelle an meinem rechten Unterarm, auf der sich eine Blutkruste gebildet hatte, als Folge der letzten Juckattacke. Ich kratzte so lange, bis sich die Kruste löste und ich sie wegreiÃen konnte. Und dann sah ich etwas, das ich zuerst als Halluzination abtat. Aber es verschwand nicht, sondern wurde nur noch schlimmer. In der offenen Wunde wand sich ein kleiner Wurm in meinem blutigen Fleisch. Ich schrie auf, packte ihn, zerdrückte ihn und warf ihn weit von mir. Doch da kam schon der nächste zum Vorschein und dann noch einer. Dann sah ich mit Grausen, dass sich die Wunde und die Haut meines gesamten Unterarms bewegte. Kleine Hubbel unter der Haut, die lebten und umherwuselten. Ich schrie wie am SpieÃ. In meinem ganzen Körper hatten sich diese Würmer eingenistet und fraÃen mich
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