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Aschenwelt

Aschenwelt

Titel: Aschenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timon Schlichen Majer
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von innen her auf. Nun wusste ich, warum es mich überall so juckte. Aber den Grund dafür zu kennen war grauenvoll und überstieg selbst mein Vorstellungsvermögen. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib und hüpfte auf dem Grünstreifen auf und ab. Aber die Würmer wollten nicht weichen, soviel ich auch kratzte und schüttelte. Ich spürte, wie langsam mein Verstand aussetzte.
    Der Typ kam, hielt mich fest und gab mir eine Beruhigungspille. Die half bei solchen Sachen, sagte er. Und ich nahm sie, ohne zu fragen, was das war. Und die Pille tat tatsächlich ihre Wirkung. Mein Herz beruhigte sich, mein Atem ging langsamer, das Jucken ließ nach und die Würmer zogen sich zurück und hörten auf, meine Haut zu fressen. Meine Mundwinkel zuckten, als würden sie von einem unsichtbaren Faden nach oben gezogen. Ich grinste wie blöde und fand den Typ den schönsten Menschen der Welt. Ich vergaß alles, was düster und grau war, freute mich über jeden einzelnen Grashalm. Gott, ist die Welt schön! Und das mit Anne kommt auch wieder in Ordnung! Na klar doch!
    Â»Geil, nä!« Der Typ lachte und zeigte mir sein ebenmäßiges Gebiss. Seine Augen leuchteten wie Sterne.
    Â»Was … was … hast du mir da gegeben?«
    Â»Glückspillen.« Er grinste.
    Ich ließ mich in den Rasen fallen und erfreute mich an den glitzernden Blättern der Bäume.
    Irgendwann, keine Ahnung, wie lange später, war ich wieder ich selbst und bat den Typ, mir mehr von diesen Pillen zu verkaufen. Noch einmal auf Pump, demnächst würde ich ihm das Geld bringen, versprochen. Der Typ winkte ab, gab mir ein kleines Tütchen voller Pillen und noch ein Päckchen Steinchen oben drauf. Die nächsten Tage waren gesichert.
    Jeden Tag rauchte ich Steinchen, um weitere Teufel zu killen und warf mir hinterher eine Glückspille ein, um die Würmer im Zaum zu halten. Manchmal, ziemlich oft, bedurfte es mehrerer Glückspillen, denn die Würmer schienen sich daran zu gewöhnen, sie wurden immun. So zogen die Tage dahin. Manchmal machte ich mir um Anne Sorgen, wo sie war, wie es ihr ging. Sie musste doch verrückt werden ohne die Droge! Hatte sie auch Würmer unter der Haut?
    Doch noch schlimmer war, dass ich riesige Angst davor hatte, dass sie mich verlassen hatte. Oder dass ihr etwas zugestoßen war, nachdem sie so überstürzt vor mir fliehen musste.
    Aber die Pillen hinderten mich daran, mir allzugroße Sorgen um sie zu machen. Immer dann, wenn die Sorgen um Anne wieder übermächtig wurden, nahm ich eine Pille und war mir sicher, dass alles gut ist. Sie machten mich stumpf und ließen nur noch ein Gefühl zu, das der unbändigen Freude. Eine unechte Freude.
    Irgendwann hatte ich nichts mehr und musste den Dealer ein weiteres Mal aufsuchen, um mein Arsenal aufzufüllen. Geld hatte ich immer noch keines, und ich erzählte ihm, warum das so war, warum ich ihm meine Schulden noch nicht zurückzahlen konnte, wegen meinem verblödeten Vater, der mir mein Konto gesperrt hatte.
    Â»Oha!«, sagte der Dealer. »Das ist in der Tat ein Problem!« Er schaute eine Weile in die Baumkrone und richtete seinen Blick dann wieder auf mich. »Aber ich glaub, ich kann dir da helfen.«
    Â»Wie denn.«
    Â»Ich kenn da einen, der ein Herz für junge Menschen hat, so wie wir beide. Der wird dir ganz sicher aus der Patsche helfen.«
    Â»Und wie soll das gehen?«
    Â»Wart’s ab, dem fällt immer was ein.« Er lächelte mir aufmunternd zu und tätschelte mein Knie. »Sollen wir gleich zu ihm gehen?«
    Â»Geht das denn so spontan?«
    Â»Si claro. Für junge Menschen in Not ist der immer da. Bald wirste einen neuen Mäzen haben!« Er lachte. »Gehn wir?« Er stand auf und streckte mir einladend seine Hand entgegen.
    Ich ergriff sie nicht, sondern stand alleine auf. Ich war etwas skeptisch, weil ich nicht glaubte, dass es auf dieser Welt Wohltäter gab. Und wenn, ganz sicher nicht für mich.
    Â»Wo wohnt der denn?«
    Â»Aufm Kiez.«
    Â»Aha.«
    Â»Ist kein Krimineller, falls de das jetzt denkst. Er wohnt eben aufm Kiez, so wie haufenweise andere ganz normale Leute auch. Kennst niemand, der da wohnt?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Â»Lauter Spießerfreunde also.« Er zwinkerte mir zu.
    Â»Scheint so«, sagte ich.
    Wir machten uns auf den Weg. Es schadete ja nicht, den Kerl einfach mal kennenzulernen. Aber

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