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Aschenwelt

Aschenwelt

Titel: Aschenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timon Schlichen Majer
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an.
    Â»Von was?«, fragte ich.
    Â»Na, von dem Hund?«
    Â»Was fürn Hund?«
    Meine Mutter schaute hilfesuchend zu ihrem Mann. Nachdem der sich aber nicht rührte und auch nichts Sprachliches beisteuerte, wandte sie sich wieder an mich.
    Â»Wir haben uns gedacht, also dein Vater und ich, dass du vielleicht einen Gefährten bräuchtest. Für die Zukunft. Ich hab auch nach deinem alten Stoffhasen gesucht, ihn aber leider nicht gefunden. Und darum wären wir einverstanden, wenn wir einen Hund bei uns aufnähmen.«
    Â»Einen Hund?«
    Â»Ja. Das wolltest du früher doch immer.«
    Das stimmte. Als Kind wollte ich immer einen Hund haben, zusätzlich zu meinem Stoffhasen und als Ersatz für ein Geschwisterchen, das zu produzieren meine Eltern nicht in der Lage waren.
    Â»Ich brauch keinen Gefährten«, sagte ich daher. »Ich hab Anne. Und das reicht mir vollkommen.«
    Daraufhin stieß meine Mutter einen tiefen Seufzer aus und mein Vater trat nervös auf der Stelle. Er wollte hier weg, das war nicht zu übersehen.
    Â»Ich weiß, dass ihr mit der Gesamtsituation nicht zufrieden seid«, sagte ich. »Und eine Lesbe als Tochter ist in euren Kreisen bestimmt peinlich. Noch dazu eine lesbische Junkietocher. Geil!«
    Â»Darum geht es uns nicht …«, hob meine Mutter an.
    Â»Doch, genau darum geht es!«, unterbrach ich sie. »Darum geht es euch doch schon immer. Seit Anne und ich zusammen sind. Ihr mochtet sie nie. Und dass ich mit ihr ins Bett steige, zum Ficken«, ich betonte dieses bei meinen Eltern unerwünschte Wort ganz besonders deutlich, »macht es nicht besser. Aber wisst ihr was? Es ist mir scheißegal, was ihr darüber denkt! Von mir aus enterbt mich! Ich will sowieso nichts von eurer Dreckskohle. Und die Villa könnt ihr euch auch in den Arsch schieben.« Ich verschränkte meine Arme und war mir sicher, dass mein Lächeln nun nicht mehr zu sehen war. Und mir war egal, dass meine wahren Gefühle gegenüber meinen Eltern jetzt offen zutage traten. Sie sollten wissen, woran sie waren und mich einfach in Frieden lassen. »Und jetzt verpisst euch. Ich brauche meine Ruhe. Audienz beendet.« Ich legte mich zurück und zog mir die Decke über den Kopf.
    Meine Mutter schluchzte lautstark und mein Vater versuchte, sie zu beruhigen und bugsierte sie aus meinem Zimmer. Ich hatte endlich, endlich wieder meine Ruhe.
    Als die Luft rein war, schlug ich die Decke zurück und entdeckte eine Reisetasche, die meine Mutter offenbar für mich mitgebracht hatte. Wie fürsorglich. Ich ließ die Tasche unangetastet, schaltete wieder den Fernseher ein und zappte weiter durch die Sender. Aber dann übermannte mich doch die Neugier. Ich sprang aus dem Bett und öffnete die Tasche. Meine Mutter hatte mir einige Klamotten eingepackt. Allerdings nicht die schlampigen, die ich am liebsten trug. Nur Sommerkleidchen und andere Mädchenklamotten. Hatte sie die etwa neu gekauft? Egal. Alles war besser als dieses Krankenhemd, bei dem jeder meinen nackten Arsch sehen konnte. Und mein Telefon fand ich auch darin. Darüber freute ich mich sehr. Allerdings nicht lange. Denn der Aku war alle und das Ladekabel hatte meine Mutter natürlich nicht mit eingepackt. Nur die Kopfhörer. Dumm. Ich leerte den Inhalt meiner Tasche auf den Boden. Aber kein Ladekabel. Dafür ein Notizblock und diverse Farbstifte. Wahrscheinlich dachte sich meine Mutter, dass das eine gute Idee sei, da ich doch so gerne malte. Aber nicht auf Papier, nur auf Wände. Das war ihr wohl entgangen. Nunja. Vielleicht ließen sich mit den Stiften ja die kargen Wände meines Krankenzimmers etwas verschönern. Doch das konnte warten. Ich hatte gerade keine Lust dazu. Fernsehglotzen war in diesem Augenblick eine bessere Ablenkung als malen. Also weiter im Programm. Bis zum Mittagessen, das ich wie eine Schnellessweltmeisterin verschlang. Hinterher hatte ich noch immer Hunger, und die Schwester gewährte mir freundlicherweise einen Nachschlag. Sie schien sich über meinen Appetit zu freuen.
    Uschasnik schaute herein und erkundigte sich nach meinem Wohlergehen. Nichts neues, sagte ich. Alles super und so. Ob er vielleicht ein Ladekabel für mein Telefon hätte? Er wolle sich drum kümmern. Nur zehn Minuten später war er wieder da. Mit einem Ladekabel. Faszinierender Service in diesem Haus, befand ich. Allerdings verbot er mir, Kontakt mit der Außenwelt

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