Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aschenwelt

Aschenwelt

Titel: Aschenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timon Schlichen Majer
Vom Netzwerk:
seit sie keine Drogen mehr nahm. Vielleicht war das doch die Lösung? Wäre ich erst einmal frei von all dem Gift, das ich in mich gepumpt hatte, würde dann auch die Aschenwelt bei mir verschwinden? Lag alles nur an den Drogen? Ich atmete noch einmal tief durch und sagte dann: »Ich geh mit dir. Zurück in die Klinik. Und ich werde keine Drogen mehr anrühren.«
    Â»Beweise es mir«, verlangte sie.
    Â»Ich verspreche es dir.«
    Anne schwieg und musterte mich. Ich hielt ihrem misstrauischen Blick stand. Mir war es tatsächlich ernst und hoffte, dass sie es mir glaubte. »Komm, gehen wir zurück.« Ich reichte ihr meine Hand, die sie nach einigem Zögern ergriff.
    Wir fuhren gemeinsam zurück. Als wir an der Klinik angekommen waren, fragte ich: »Versprichst du mir, ab jetzt die ganze Zeit bei mir zu bleiben, so lange, bis ich die Teufel vertrieben habe?«
    Â»Ach Jo.« Sie nahm mich in den Arm und küsste mich. »Wir kriegen das hin. Du und ich.«
    Am nächsten Morgen wachte ich mit Anne im Arm in meinem Bett auf, das Frühstück stand schon auf dem Tisch, und draußen war es heller Tag. Eine Schwester musste mir das Essen gebracht haben. Und dabei musste sie Anne gesehen haben. Entweder, sie erlaubten es mir nun, oder die Schwester verriet mich nicht. Anne und ich teilten uns das Frühstück schwesterlich, das erfreulicherweise wieder eine doppelte Portion war. Wollten die, dass ich dick und fett wurde? Egal, uns sollte es recht sein. Danach zappten wir gemeinsam durch die Fernsehprogramme, lachten uns schlapp und verloren kein Wort mehr über letzte Nacht. Kurz vor dem Mittagessen kam meine Mutter zu Besuch.
    Sie spazierte freudestrahlend in mein Zimmer, sagte fröhlich Hallo, setzte sich an mein Bett und plapperte drauf los, als sei nie etwas geschehen, als hätte ich bei ihrem letzten Besuch nicht gesagt, dass sie sich verpissen solle. Sie redete ohne Punkt und Komma, so dass ich nicht zu Wort kam, bis ich sie unterbrach, indem ich laut »Stopp!« rief.
    Sie hielt endlich inne, und nun war es an mir, ihr einige Dinge ohne Satzzeichen an den Kopf zu werfen.
    Â»Es ist ja nett dass du mich besuchen kommst auch wenn ich das völlig unnötig finde aber wenn du schon unangemeldet hereinplatzt dann könntest du wenigstens die Güte haben auch Anne hallo zu sagen auch wenn ich weiß dass du gegen unsere Beziehung bist weil es dir peinlich ist oder du den potentiellen Enkeln hinterhertrauerst die du nie haben wirst oder was weiß ich dann hättet ihr eben mehr als ein Kind zeugen sollen nur dafür hättet ihr auch öfter als einmal Sex haben sollen kapiert!?« Ich holte Luft.
    Meine Mutter starrte mich mit offen stehendem Gebiss an.
    Â»Mund zu, es zieht«, sagte ich. »Sagst du jetzt hallo zu Anne?«
    Anne, die schräg hinter mir saß, flüsterte mir ins Ohr, dass es doch egal sei.
    Â»Nein, es ist nicht egal! Mutter?« Ich schaute sie auffordernd an.
    Sie zuckte zusammen und presste ein Hallo hervor, ohne Anne eines Blickes zu würdigen.
    Â»Wow«, sagte ich und entspannte mich wieder, auch wenn ich mich darüber ärgerte, dass sie es nicht schaffte, Anne dabei anzuschauen. Aber sie hatte gegrüßt, immerhin.
    Â»Wenn du mich weiterhin als deine Tochter bezeichnen willst«, sagte ich, »dann wäre es an der Zeit, Anne als meine Freundin wenigstens zu akzeptieren. Du musst sie nicht lieben, das verlange ich gar nicht. Eines solltest du nämlich wissen: Ohne Anne wäre ich heute nicht hier, dann wäre ich schon längst abgehauen. Und ohne Anne wäre ich womöglich sowieso schon tot. Also, jetzt kannst du mir sagen, was du noch zu sagen hast. Schieß los.«
    Meine Mutter versuchte sich zu sammeln und machte einige Male ihren Mund tonlos auf und zu, bis sie schließlich herausbrachte, dass sie eigentlich nur schauen wollte, wie es mir ginge, und dass sie mein Ladekabel dabei hätte. Ich nickte. Sie hob noch einmal an zu sprechen, entdeckte dabei aber mein Wandgemälde, was sie sichtlich durcheinander brachte.
    Â»Oh«, sagte sie.
    Â»Was, oh?«
    Â»Papier. Ich hab dir auch noch ein wenig Papier eingepackt, aber …«
    Â»Brauch ich nicht«, sagte ich.
    Meine Mutter nickte langsam und sagte: »Wir sind ja zum Glück versichert.«
    Â»Oh Gott! Das ist mal wieder typisch! Nur Geld im Kopf, sonst nichts!«
    Â»Nein, so ist das nicht«, wehrte sie sich.

Weitere Kostenlose Bücher