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Ascheträume

Ascheträume

Titel: Ascheträume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio Temporin
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blieb sitzen, sein Gesicht war unbeweglich. Er schien traurig, doch er bewahrte Ruhe. Dafür hasste und beneidete ich ihn gleichermaßen.
    »Ich habe etwas Wichtiges herausgefunden.« Ich schlang die Arme um mich und versuchte, nicht weiter nachzudenken. »Ich weiß jetzt, wie man aus dem Cinerarium herauskommen kann, auch wenn man nicht in seinen Körper zurückkehrt.«
    »Hast du das in dem Buch aus der Bibliothek gelesen?«, fragte er und streckte ein Bein aus.
    Mit dem Fuß radierte er die Zeichnung weg und machte daraus ein Aschehäufchen.
    »Nein. Ich habe in meiner Welt jemanden getroffen. Einen Vampir, er kommt eigentlich von hier.« Ich verlor mich in der Betrachtung der schwarzen, baufälligen Decke des Schlosses. »Er heißt Ludkar.«
    Bei diesem Namen hörte ich, wie Nate aufsprang.
    »Halte dich von ihm fern!«
    Ich fuhr herum.
    Nates Gesicht war hart und angespannt.
    »Kennst du ihn?« Ich war verwundert über seinen heftigen Ton und die Tatsache, dass er diesen Namen zuvor nie erwähnt hatte.
    »Halte dich von ihm fern!«, wiederholte er nur.
    »Okay«, sagte ich leise. »Aber reg dich doch nicht auf!«
    »Er ist gefährlich«, fuhr Nate fort und machte einen Schritt auf mich zu, wobei er Gefahr lief, mich zu berühren. »Die Grauen laufen davon, wenn sie ihn sehen.«
    »Klar!« Ich zog eine Augenbraue hinauf. »Er ist ja auch ein Vampir. Und ein bisschen verrückt.«
    Immerhin hatte Ludkar meine und zwei andere Schulen in Brand gesteckt. Aber es erschien mir dennoch merkwürdig, dass Nate auf die Erwähnung seines Namens so heftig reagierte.
    »Hat er dir etwas angetan?«, fragte ich.
    Nate schien sich in sich zurückzuziehen. Seine Lippen zitterten, als würde er selbst nicht richtig begreifen, was er da sagte.
    »Nein …, nein, eigentlich nicht«, stammelte er.
    »Aber?«, fragte ich und wartete auf eine zufriedenstellendere Erklärung, die jedoch nicht kam. »Bestimmt weiß er mehr über diesen Ort als wir, wir müssen ihn bitten, dir hier herauszuhelfen.«
    Bevor Nate noch etwas erwidern konnte, drang ein starker Geruch nach Weihrauch ins Schloss. Die Asche bildete kleine Wirbel an unseren Füßen, und wir drehten uns zum Portal um.
    Auf der Schwelle stand Ludkar der Vampir.
    »Das könnte ich tun«, antwortete er auf meine Bitte, die ich noch gar nicht richtig ausgesprochen hatte.
    Ich sah, dass Nate die Fäuste ballte.
    »Ich will nichts von dir!«, sagte er, entschlossen, Ludkar zu verjagen.
    Mir gefiel nicht, wie Ludkar hier aufgetaucht war und uns unterbrochen hatte, aber auch Nates Verhalten fand ich unangebracht. Was Wunderlichkeit anging, nahmen sich die beiden wahrlich nichts, auch wenn sie verschiedene Absichten verfolgten.
    »Dann bekommst du auch nichts«, sagte Ludkar ernst und wandte sich an mich: »Wenn allerdings Thara meine Hilfe will …«
    Seine schwarzen Augen schienen mich zu berühren. Sein Blick war so durchdringend, dass ich ihn fast körperlich spürte. Ich hätte nicht gedacht, ihn nach unserer letzten Begegnung noch einmal wiederzusehen, doch ein Teil von mir war eigenartigerweise froh, dass er zurückgekommen war.
    Auf irgendeine Weise schien er mich nett zu finden, denn offensichtlich war er ins Schloss gekommen, weil er nach mir gesucht hatte. Er hatte ja nicht wissen können, dass auch ich versuchte, Kolor ausfindig zu machen.
    »Wie ich sehe, versteht ihr euch gut«, bemerkte Nate mit verschränkten Armen.
    Ich wollte nicht glauben, dass er eifersüchtig war, auch wenn es ganz danach aussah. Als Ludkar zu ihm sagte: »Stimmt, das denke ich auch«, schien Nate vor Wut zu kochen.
    Der Vampir war nicht blöd, obwohl er alles tat, um so zu wirken. An der Art, wie er seine schwarzen Lippen zu einem kaum wahrnehmbaren Lächeln verzog, merkte ich, dass er sich Nates Eifersucht bewusst war. Er hatte wohl beschlossen, sich einen Spaß daraus zu machen.
    Da ich nicht wollte, dass die Atmosphäre noch angespannter wurde, versuchte ich Nate zu beruhigen ohne Ludkar dabei zu beleidigen.
    »Beim letzten Mal hast du dich nicht mal verabschiedet, als du gegangen bist.«
    Ludkar machte ein paar Schritte ins Schloss, seine nackten Füße sanken in die Asche ein. Er lief mit gebeugtem Rücken und geneigtem Kopf.
    »Ich hatte zu tun«, sagte er in scherzhaftem Ton.
    »Hättest du noch eine Minute gewartet«, sagte ich, während er sich die roten Strähnen aus dem Gesicht strich, »hätte ich dir sagen können, dass auch ich auf der Suche nach Kolor bin.«
    Ludkar blieb stehen, er

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