Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
seine Augen klar wie der Tag war. Vor ihm lag ein kleines, miefendes altes Badezimmer. Er kletterte hinein.
Hinter ihm war ein Fauchen zu hören und plötzlich war auch Khan da. Seine Nägel waren einige Zentimeter länger als vorhin und Ash bemerkte auch den leichten Ansatz von schwarz gestreiftem Fell auf seinen Armen.
Auf Khan folgte Parvati und schlagartig war das Badezimmer schrecklich überfüllt.
»Gemütlich«, sagte sie. »Sollen wir warten, bis Monty sich zu uns gesellt?«
Ash öffnete die Tür und betrat Montys Wohnung.
Alte vergilbte Tapeten zierten die Wände und rotzgrüne Schimmelflecke sprenkelten die Decke. Im Wohnzimmer fanden sie ausrangierte Bücher und hohe Türme aus Zeitungen, die Jahre alt waren, teilweise sogar Jahrzehnte. Die Möbel wirkten wie auf einer Müllhalde zusammengetragen. Dem Tisch fehlte ein Bein, was durch einige Ziegel ersetzt worden war. Die Regale quollen über von Büchern, die nach keiner erkennbaren Logik sortiert waren. Ash fielen die zahlreichen Titel über indischen Schmuck auf. Über den Resten eines Abendessens schwirrten Fliegen. Grüner Schimmel wuchs in den Tassen und die Teller waren von etwas Undefinierbarem überzogen. Und seine Mutter beschwerte sich darüber, wie unordentlich sein Zimmer war! Wenn sie das hier sähe, bekäme sie einen Herzinfarkt.
»Keiner zu Hause«, stellte Ash fest und hob einen alten runden Filzhut auf. Daneben lag ein Stapel fein säuberlich gefalteter Kleidung.
»Sehr scharfsinnig. Alleine wären wir nicht darauf gekommen«, meinte Parvati.
»Widerlich«, hauchte Ash. »Überall ist Mäusedreck.«
Plötzlich drehte sich Parvati zu Ash um und legte bedeutungsvoll einen Finger an die Lippen.
Er lauschte, auch wenn er nicht sicher war, worauf – vermutlich auf etwas, das nicht ins Bild passte.
Dort, hinter einem Stapel Zeitschriften! Er bemerkte ein Schaben, und zwar auffallend regelmäßig. Dann verstummte das Geräusch, als fühlte es sich ertappt. Ash hörte, wie etwas Winziges den Atem anhielt.
Parvatis Hand schoss vor und schnappte nach etwas. Eine Sekunde später baumelte eine Ratte in ihrem Griff.
Eine Ratte. Super.
Ash zog die Stirn kraus. »Ich dachte schon, da wäre was.«
Parvati nahm ihre Brille ab und umfasste den Nager fester. Als er in ihre Kobraaugen blickte, quiekte er ängstlich und sie öffnete den Mund, viel weiter, als es einem normalen Menschen möglich gewesen wäre.
»Um Himmels willen, Parvati. Musst du ausgerechnet jetzt essen?«, meinte Ash.
»Hast du das gehört?«, wandte sich Parvati an die Ratte. »Du scheinst heute mein Abendessen zu werden.« Sie weitete die Kiefer und fuhr ihre Fangzähne aus, an denen tödliches Gift klebte. Ihre gespaltene Zunge zuckte hervor und fuhr über die Tasthaare der Ratte.
Das Nagetier zappelte verzweifelt, aber vergebens. Es wand sich und hob den Kopf, sodass es Ash mit seinen kleinen Knopfaugen flehend anblickte.
»Bitte!«, piepste es. »Lass nicht zu, dass sie mich frisst!«
Kapitel 7
Parvati hielt die Ratte am Schwanz, sodass sie vor- und zurückschwang. »Ich werde dich freilassen. Aber denk nicht mal daran zu fliehen, sonst wird das nächste Loch, in dem du dich verkriechst, mein Magen sein, kapiert?«
Es hatte den Anschein, als würde die Ratte nicken wollen. Keine leichte Sache, wenn man kopfüber in der Luft baumelte.
»Entschuldigt mal, aber spinne ich jetzt?«, meinte Ash. »Diese Ratte da. Sie hat geredet.«
Parvati ließ das Tier zu Boden fallen. Innerhalb von Sekundenbruchteilen war die Ratte auf den Füßen und zuckte mit Nase und Schnurrhaaren. Als sie sich die Augen rieb, hätte Ash schwören können, dass sie mit dem Fuß aufstampfte. Dann schüttelte sie sich wie ein Hund, der gerade aus einem Teich kam. Doch statt Wasser verspritzte sie winzig kleine Härchen. Die ölige rosa Haut pulsierte und brodelte, während die Ratte unkontrolliert zuckte. Ihr Quieken wurde zu einem schrillen, durchdringenden Kreischen, während sich der Nager wie ein abartiger Ballon aufblies. Aus dem anschwellenden Fleisch schoben sich Arme und auf dem missgestalteten Kopf wuchsen unregelmäßige Büschel von schwarzem Haar. Die Arme wurden länger und die Krallen formten sich zu Händen. Innerhalb von Sekunden war die Ratte fort und vor ihnen stand ein blasser, nackter Mann.
Grinsend hielt er sich die Hände vor seine Weichteile, während er schief und unbeholfen dastand. Hinter ihm schwang noch immer ein rosa Stummelschwanz hin und her. Er blickte sich um.
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