Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
mutlos, wollte er nichts anderes, als ihn so lange zu biegen, bis er brach. Er stemmte sich dagegen und starrte auf das ächzende Holz.
»Was treibst du da?«, fragte John. Er hockte auf einem der zahllosen Gräber, ein Bananenblatt in der Hand, aus dem er mit den Fingern gekochtes Gemüse aß.
Ash ließ den Ast los. »Wo hast du gesteckt?«
»Habe mich von Ärger ferngehalten. Im Gegensatz zu dir.« Er knüllte das Blatt zusammen und warf es fort. »Du scheinst ihn magisch anzuziehen.«
Ash hob einen Zweig auf und zielte damit lasch auf den unnachgiebigen Baum. »Erzähl mir was Neues. Alles geht gewaltig schief. Parvati hat mich von Anfang an belogen. Sie ist so davon besessen, sich an Savage zu rächen, dass sie absolut keine Rücksicht auf andere nimmt.«
»Was ist passiert?«
Ash erzählte ihm von seinem Traum, vom Koh-i-Noor und davon, dass er Toten neues Leben einhauchen konnte. Dass es einen Weg gab, einen ganz realen, um Gemma zu retten. Es laut auszusprechen, ließ Parvatis Betrug umso schmerzhafter erscheinen. Doch John wirkte wenig überrascht.
»Sie ist ein Dämon, was hast du denn erwartet?«, fragte er. »Ich meine, du kannst niemandem vertrauen.«
»Was ist denn mit dir los?« Ash stutzte. Johns Stimme war voller Verbitterung. Das sah ihm gar nicht ähnlich.
John starrte ihn stumm an.
»Spuck’s schon aus, John.«
Der Junge hüpfte von seinem Platz. »Vergiss es. Alles in Ordnung.« Er klopfte gegen den Baum. »Also, was hast du jetzt vor?«
»Ujba einen Besuch abstatten, schätze ich.«
»Er ist in Kalkutta?« John blieb der Mund offen stehen. »Was … Was will er denn?«
»Er ist nicht hinter dir her, falls dir das Sorgen macht. Er will mich trainieren. Eigentlich sollte ich gerade bei ihm sein. Scheinbar hat er mit Rishi abgemacht, dass er meine Ausbildung übernimmt, falls Rishi etwas zustoßen sollte.« Er kratzte sich am Daumen. »In dem Kali-Aastra schlummern noch andere Kräfte und er will, dass ich sie lerne.«
»Aber du hast Ravana getötet«, sagte John. »Reicht das nicht?«
Ash blickte den Baum an. »Offenbar nicht.«
John schaute sich nervös um. Offensichtlich beunruhigte ihn das Thema Ujba. Als ein Vogel aus dem Dickicht aufflatterte, fuhr er ängstlich zusammen. Ash lachte.
»Das ist nicht witzig, Ash«, beschwerte sich John. »Ujba kann man nicht über den Weg trauen. Er ist böse.«
»Ach, komm schon. Ich weiß, er ist ein harter Brocken, aber Rishi dachte –«
»Sei kein Idiot, Ash!«, rief John. Mit geballten Fäusten stand er da und kochte beinahe über vor Wut. So hatte Ash ihn noch nie erlebt. »Ujba wird dich verletzen, das ist alles, was er kann. Meinst du, er hat dir verziehen, dass du ihm weggelaufen bist? So ein Typ vergisst nicht, wenn er noch eine Rechnung offen hat, das kannst du mir glauben. Ich kann davon ein Lied singen.« Seine letzten Worte waren leise und verzweifelt. John zitterte, als sie ihm über die Lippen kamen.
»Was ist passiert, nachdem wir weg waren?«
»Was meinst du denn, was passiert ist?«
»Mein Dad hat dir Geld gegeben, damit du deine Mutter suchen kannst. Hast du nicht –«
»Oh, zweihundert Pfund. Herzlichen Dank! Wir armen Inder sind dem englischen Sahib ja soooo dankbar.« John legte die Handflächen aufeinander und verbeugte sich spöttisch. »Du tauchst hier auf, drückst uns Kleingeld in die Hand und haust wieder ab. Bye-bye, Indien.«
»So war das nicht, John. Das weißt du doch.«
»Ujba hat mir das Geld abgenommen. Er … hat sich nicht besonders über unsere Aktion gefreut. Immerhin hab ich euch dabei geholfen zu türmen, schon vergessen? Das fand er gar nicht gut.« John schüttelte den Kopf. »Er hat mich verprügelt. Als er und Hakim mit mir fertig waren, konnte ich kaum noch laufen. Dann hat er mich auf die Straße gesetzt und dafür gesorgt, dass mir keiner helfen wollte. Weißt du, wie es ist, wenn man kurz vorm Verhungern ist, obwohl überall um einen rum Restaurants sind? Wenn man das Essen riechen kann, das in den Pfannen schmort? Ich hab versucht, mir das Nötigste zusammenzuklauen, aber das hat mir nur noch mehr Prügel eingebracht. Und Schlimmeres.«
»Oh Gott, John, das tut mir so leid. Das wusste ich nicht.«
»Natürlich nicht. Für dich waren ja alle Problemchen gelöst.«
»Aber du hast mir doch erzählt, dass du deine Mum gefunden hast.«
»Ein paar Freunde hatte ich noch. Sie haben mir suchen geholfen. Sie ist versorgt.«
»Freunde wie Jimmy?«
John wich Ashs Blick aus, nickte
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