Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
dann musste Ash es wagen. Er selbst war schließlich auch vom Tod zurückgekommen.
Trotzdem mussten sie Frieden schließen. Allerdings schien Parvati nicht in der Nähe zu sein und Ash hatte keine Lust, jemanden zu fragen, wo sie sich aufhielt. Aber er sollte mit ihr reden und sich für seine Worte entschuldigen, um sich wieder dem widmen zu können, was wirklich wichtig war: der Suche nach Savage.
Allerdings verlief auch Ashs Suche nach Parvati erfolglos. Sie und Mahout waren fort. Dafür stieß Ash auf Khan, der nicht weit entfernt unter einem zusammengeschusterten Dach aus Palmwedeln schlummerte. Der Tiger-Rakshasa lag flach auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und einen Schal über den Augen. Bei jedem leisen Schnarchen flatterte der dünne Stoff auf und ab.
»Khan? Bist du wach?«
Khan schob das Tuch beiseite und blinzelte sich den Schlaf aus den Augen. »Was hast du nun wieder angerichtet?«
»Wo ist Parvati?«
»Keine Ahnung.« Er drehte sich um und streckte Ash den Rücken entgegen. »Ich bin beschäftigt.«
»Du schläfst schon den ganzen Tag. Steh auf.«
Begleitet von melodramatischem Ächzen und einer Menge Kratzen und Strecken erhob sich Khan. »Wo liegt das Problem?«
»Parvati. Meinst du, ich sollte irgendwas zu ihr sagen?«
»Hast du nicht schon genug gesagt? Immerhin beweist das eins: Sie muss dich ehrlich, ehrlich mögen.«
»Warum?«
»Du bist noch am Leben. Die alte Parvati hätte dir auf der Stelle die Zähne in den Hals gerammt, dafür, dass du sie vor aller Augen so gedemütigt hast. Muss daran liegen, dass sie so viel mit Sterblichen rumhängt – das hat sie weich werden lassen.«
Weich? Das war nicht gerade, was Ash in Zusammenhang mit Parvati einfiel. »Sie macht es einem so schwer. Sie ist total hochnäsig geworden – schau dir nur mal an, wie alle vor ihr auf die Knie fallen.«
Khan stieß ein tiefes Pfeifen aus. »Ach – und du bist kein bisschen eingebildet, Mr Ash Kali-Aastra Mistry? Du bist doch kein Stück besser. Und jetzt, wo Ravana tot ist, hat Parvati eine Riesenverantwortung.«
Immer drehte sich alles um Ravana. Er war wie ein gigantisches schwarzes Loch, das alles anzog. Zehntausende Dämonen waren herbeigeströmt, um seine Wiedergeburt mitzuerleben, und hatten mitangesehen, wie er durch Ashs Hände gestorben war. Viele waren ums Leben gekommen, doch wesentlich mehr waren geflohen und noch immer dort draußen, ohne Anführer. Der Thron stand leer.
»Und was soll das heißen? Will sie die Dämonenvölker anführen?«
»Besser sie als Savage, meinst du nicht?« Khan pulte mit dem langen Nagel seines Zeigefingers an einem Reißzahn herum. »Hast du mich aufgeweckt, um über Politik zu plaudern?«
»Sie hat gewusst, dass der Koh-i-Noor ein Brahma-Aastra ist. Warum hat sie mir nichts gesagt?«
»Ach daher weht der Wind.«
»Du hast es auch gewusst?« Alle hatten Geheimnisse vor ihm. Warum? Aber das spielte keine Rolle, solange er endlich erfuhr, was er wissen wollte. »Kann man mit dem Aastra die Toten wecken?«
Khan lehnte sich gegen einen Baumstamm. »Am besten fangen wir am Anfang an. Lass mich dir von dem Koh-i-Noor erzählen. Das erste Mal habe ich ihn in Lanka gesehen, damals, als Ravana noch am Leben war, bevor der ganze Ärger mit Rama begann. Er hatte ihn einem Prinzen oder König abgenommen, so genau weiß ich es nicht mehr.«
»Aber Rakshasas können Aastras nicht benutzen.«
»Das hat ihn nicht davon abgehalten, es zumindest zu versuchen. Wir reden von Ravana, dem Dämonenfürsten. Für ihn gelten andere Regeln. Weißt du noch – ich habe dir erzählt, dass er mal ein Brahmane war? Er hat allen Göttern gehuldigt und all seine Zauberkünste von ihnen gelernt. Doch mit der Zeit wurde er so mächtig, dass er sich für besser hielt als sie. Er hatte sämtliche Mantras von Brahma, dem Schöpfer, erlernt und dachte, er könnte den Koh-i-Noor mit solch einem Zauber erwecken.«
»Und hat er es geschafft?«
»Soweit ich weiß, nicht. Doch wenig später kursierten die ersten Geschichten – man munkelte, der Stein sei verflucht. Nach Ravanas Niederlage wurde der Diamant Teil der Beute, die man Rama übergab. Und seitdem wanderte er von einem Menschenfürsten zum nächsten.«
»Aber was ist mit den Mantras? Irgendjemand muss doch gewusst haben, wie man den Aastra erweckt?«
»Ich schätze, heutzutage kennt man nur noch unvollständige Teile des nötigen Mantras. Der Zauber wurde von einer Generation an die nächste weitergegeben,
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