Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Asharas Rückkehr - 19

Asharas Rückkehr - 19

Titel: Asharas Rückkehr - 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
Vom Netzwerk:
nein: Wenn sie ihn wiedersah -, würde sie ihn auf einen Stuhl fesseln und erst freilassen, wenn er ihr alles erzählt hatte! Dieser Entschluss machte Margaret Mut, denn ihr wurde klar, dass sie kein verängstigtes kleines Mädchen mehr war. Gut, vielleicht noch ein bisschen verängstigt, aber ganz bestimmt kein Kind mehr.
Die Bürokratie, dachte Margaret, musste der Teufel erfunden haben, um den Menschen das Leben schwer zu machen. Nachdem sie zwei Tage mit kleinlichen Angestellten im Terrani-schen Sektor gerungen hatte, bekam sie den Bescheid, dass sie Ivors Leichnam nicht nach Hause schicken durfte, weil sie keine Verwandte war. Er musste auf Darkover beerdigt werden, und wenn Ida Anspruch auf den Leichnam erhob, musste sie kommen und ihn hier geltend machen. Sie hatte die Person hinter dem Schalter mit einigen farbigen und unmöglichen Namen bedacht, und dann war sie mit diesen Kopfschmerzen davongestapft, die anscheinend zur festen Einrichtung wurden. Sie hatte Ida ein Telefax geschickt und die traurige Antwort erhalten, den Professor zumindest vorläufig auf Darkover beerdigen zu lassen. Margaret hatte mit Anyas Hilfe einen Sargschreiner gefunden und einen hübschen Sarg ausgesucht. Es war eine fast tröstliche Begegnung gewesen, denn der Mann hatte alles über Ivor wissen wollen - was er tat und was er mochte. Er zeigte ihr Entwürfe aus seinem Buch, und sie wählte eine Gitarre als Motiv aus, das auf den Sargdeckel geschnitzt wurde.
Inzwischen gab es eine Stelle auf ihrer Stirn, hinter der es unablässig pochte, und sie hatte sich die Haut dort fast wund gerieben - so wund, wie sie sich im Innern fühlte. Das Ausfüllen von Formularen und die Beantwortung der immer gleichen Fragen hatten ihre Trauer in Schach gehalten, aber wenn sie nicht beschäftigt war, fühlte sie sich verloren und im Stich gelassen. Lediglich Meister Everards und Anyas freundliche Nähe verhinderten, dass sie völlig in Hoffnungslosigkeit versank. Die beiden benahmen sich, als hätten sie Margaret und Ivor ein Leben lang gekannt, als wäre er ein geschätzter Freund gewesen und nicht ein Fremder, der die Unhöflichkeit besessen hatte, am zweiten Tag seines Aufenthalts in ihrem Haus zu sterben.
Meister Everard ging jetzt neben ihr durch die engen Straßen. Der Sarg wurde von vier Mitgliedern der Musikerzunft getragen, und die Mitglieder von Meister Everards Haushalt gingen hinter ihm her. Margaret trug die kostbare Gitarre des Professors. Ihre Hände waren nach dem Sturz auf das Kopfsteinpflaster so gut wie verheilt, aber die Wunde am Knie war schorfig und schmerzte.
Als sie sich dem kleinen Friedhof näherten, der am Rand des Terranischen Sektors lag, blieben etliche Leute stehen und schauten der Prozession nach. Margaret war tief in ihren Schmerz versunken und übersah die neugierigen Blicke, die ihr Darkovaner wie Terraner zuwarfen. Sie hatte die Kleidung an, die sie bei MacEwan gekauft hatte, und sie schaffte es gerade so, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ständig stolperte sie in dem ungewohnt langen Rock. Sie gingen unter einem hübschen Steinbogen hindurch und betraten die mit einer Mauer umgrenzte Anlage. Es gab verstreut dastehende Grabsteine, hier und da einen Baum und weiter vorn eine Gruppe von Figuren, die sie für die Statuen aus ihrem Traum hielt. Dann drehte sich eine davon um, und
sie erkannte, dass sie lebendig waren. Der leichte Wind trug den frischen Duft von Balsam heran und bewegte die Kleidung der Wartenden.
»Ich hoffe, es ist Ihnen recht, Kind. Ich habe ein paar Leute aus der Musikstraße gebeten, sich uns anzuschließen.«
»Ich habe nichts dagegen. Aber sie kannten ihn gar nicht. Es kommt mir irgendwie komisch vor.«
»Das stimmt, aber sie hätten sich gewünscht, ihn gekannt zu haben. In der kurzen Zeit, die ich mit ihm verbrachte, habe ich ihn als sehr guten Menschen kennen gelernt. Ich fühlte mich reich beschenkt in dieser Zeit, verstehen Sie.«
Margaret verstand es nicht, aber offenbar gab es nichts mehr zu sagen, deshalb ging sie weiter. Ihre Augen brannten vor nicht vergossenen Tränen, ihre Muskeln schmerzten vor Erschöpfung. Margaret kam ans Grab und blickte in die Gesichter von Fremden und sah - keine Fremden, sondern Freunde, von denen sie nicht gewusst hatte, dass sie sie besaß. Das gab ihr die Kraft, durchzuhalten, als der terranische Ka-plan in seiner grauen Klerikerkluft - ein nüchterner Ton zwischen dem Grün und Blau der Darkovaner - die rituellen Worte zu lesen begann. Ivor war kein

Weitere Kostenlose Bücher