Asharas Rückkehr - 19
Mein Vater war ein nedestro Comyn, aber er hat mir nichts von Dom Rodrigos Laran vermacht. Das ist auch gut so, sonst wären wir bis zu den Ohren in Leroni.«
Margaret musste Rafaellas Worte erst einmal entwirren. Laran und Leroni waren nicht auf der Diskette gewesen, die sie studiert hatte, aber sie kannte die Begriffe vage. Sie hatten etwas mit den Gaben zu tun, von denen Rafe und Lord Hastur gesprochen hatten, allerdings war ihr der Zusammenhang nicht klar. Warum hatte sie das Thema nicht weiterverfolgt, als Rafe es am Vortag zur Sprache brachte? Wieder hatte sie das Gefühl, dass sie nicht zu viele Fragen stellen durfte, und gleichzeitig den Eindruck, dass jemand in einem Winkel ihres Bewusstseins dieses Gefühl steuerte. Nedestro bedeutete »Bastard«, allerdings schien dem Wort kein negativer Beigeschmack anzuhaften. Zumindest war es der Führerin offenbar nicht peinlich, dass ihr Vater unehelich war. Schließlich fragte sie: »Dann wollten Sie dieses Laran also haben?«
»Früher, als ich noch jung und dumm war. Sie haben mich getestet, und ich habe keinen Tropfen davon. Unter uns gesagt, ich habe es nie vermisst. Es ist eine große Last, in die Zukunft zu sehen oder die Gedanken von anderen zu hören, ob man es will oder nicht. Und diese Krankheit! Igitt! Die ist mir erspart geblieben. Ich habe gesehen, wie meine kleine Schwester sie durchgemacht hat, und es war kein schöner Anblick. Ich bin froh, dass ich Köpfchen und eine gute Stimme von Vater geerbt habe und nicht Kräfte, die mich krank gemacht hätten.« »Krankheit?«
»Wenn das Laran in einem erwacht, bringt es auch diese Krankheit mit sich. Manche Leute sterben daran. Man bekommt fürchterliche Kopfschmerzen und Ohnmachtsanfälle, und man kann kein Essen bei sich behalten, es sei denn, man nimmt Medikamente, die dazu führen, dass man phantasiert.«
»Klingt nicht sehr verlockend. Warum tut sich das jemand an?« »Wenn man Laran besitzt, übersteht man entweder die Schwellenkrankheit, oder man stirbt daran. Niemand sucht es sich aus
- es ist angeboren, man hat es, oder man hat es nicht.«
»Wann tritt die Krankheit auf?«
»So mit zwölf oder dreizehn, manchmal ein bisschen später, aber nicht viel.«
Margaret war sehr erleichtert. Für dieses Problem war sie zu alt! So viel zu Lord Hasturs beharrlicher Behauptung, sie besäße die AltonGabe! »Was wurde aus Ihrer Schwester?«
»Sie ging nach Neskaya hinauf und hat eine Weile eine
Ausbildung als Matrix-Mechanikerin gemacht, und dann kam sie zurück und hat geheiratet. Inzwischen hat sie eine ganze Horde Kinder, und sie scheint zufrieden zu sein.«
»Und Sie wurden eine Entsagende?«
»Ich wollte nicht an einen Mann oder ein Haus gebunden sein, niemals.« Rafaella schwieg einen Augenblick. »Inzwischen bin ich mir nicht mehr so sicher.«
Margaret »sah« im Geiste wieder Captain Rafe Scotts Augen aufblitzen. Es war ein starker Eindruck und keine Einbildung. Sie hatte richtig vermutet, aber es wäre ihr lieber gewesen, sie hätte sich geirrt. Welche Zukunft hatten die beiden wohl, wenn Rafaella als Reiseführerin auf ganz Darkover umherzog und ihr Onkel ans Hauptquartier gefesselt war. Und wenn sie darüber nachdachte, wären die zwei ohnehin ein sonderbares Paar. Rafe war so stabil und verlässlich, und Rafaella war, nun, ziemlich impulsiv.
»Kann man Entsagende sein und trotzdem heiraten?«, fragte sie taktvoll.
»Man kann einen Gefährten haben, aber man nimmt seinen Namen nicht an, und die Kinder, die man bekommt, tragen ihn auch nicht. Und manche Leute rümpfen die Nase darüber. Meine Mutter war nicht allzu begeistert, als ich den Eid als Entsagende ablegte, und es würde ihr überhaupt nicht gefallen … sei’s drum.« Sie hielt inne und schaute ein wenig unsicher. »Wie kommen Sie auf Bergpfaden zurecht?« Dieser abrupte Themenwechsel vermittelte Margaret, dass ihre Führerin nicht weiter ihr Privatleben erörtern wollte. »Ich weiß es nicht.« Sie schaute zum Horizont und sah hinter dem sanft gewellten Ackerland die Umrisse von Bergen, und dahinter, gerade noch sichtbar, erhob sich ein schneebedecktes Gebirge. »Ich war noch nie auf einer Welt mit nennenswerten Bergen.«
»Wirklich? Das kann ich mir nur schwer vorstellen. Selbst
draußen in den Trockenstädten gibt es eine Menge kleinerer Berge. Wie ist es auf Terra?«
»Oh, ich war nie auf Terra. Ich bin auf Thetis aufgewachsen, dort gibt es viele Inseln und große Ozeane. Es ist ziemlich flach. Ich bin immer am Strand
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