Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)

Titel: Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
Vom Netzwerk:
schließlich gemacht habe?«, fragte sie und fuhr fort, ohne seine Antwort abzuwarten. »Ich hab den Mistkerl abgestochen.«
    Er zwinkerte ungläubig. »Du hast den Bischof erstochen?«
    »Nein!«, gab sie zurück, als wäre er ein Schwachkopf. »Karl. Eines Nachts, als er ›zu Besuch‹ kam.« Sie zeichnete mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. »Er kam nämlich oft ›zu Besuch‹.«
    »Oh«, sagte er und wünschte sich, sie würde den Mund halten. »Ehrlich, Lena, das geht mich nichts an.«
    Doch sie sprach weiter, als hätte sie nichts gehört. »Der Bischof und die Pfarrer haben dann beschlossen, die Leiche verschwinden zu lassen. Das übliche ›Nur keine englische Polizei‹, wo doch die Amish diesen Ruf weghaben, sie wären solche Unschuldslämmer. Keine Ahnung, was sie mit Karl angestellt und was sie den Leuten im Steinbruch erzählt haben, aber das war’s gewesen. Karl war fort, als hätte es ihn nie gegeben. Ich glaube, insgeheim waren sie froh, dass ich ihnen das Arschloch vom Hals geschafft habe.«
    Chris schwieg.
    »Das hab ich noch nie jemandem erzählt«, sagte sie.
    »Warum erzählst du’s mir jetzt?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht so eine Art letzte Beichte.«
    »Was redest du da?«
    »Keine Ahnung. Ich rede einfach.« Ihre Stimme war rau, und sie seufzte. »Bin wirklich müde, aber mein Kopf ist so voll, als würde alles auf einmal auf mich hereinbrechen. Dann wieder ist er … vollkommen leer. Wie ein weißes Blatt Papier. Das ist doch unheimlich. Kann man sterben, wenn man nicht schläft?«
    Soweit er wusste, konnte man allenfalls verrückt werden, und Lena war auf dem besten Weg dahin. »Du solltest jetzt schlafen«, sagte er und hoffte inständig, dass sie auf ihn hörte. »Bitte.«
    »Na gut.« Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Darf ich hierbleiben? Schon klar, Nathan tut mir nichts, aber ich bin irgendwie durchgeknallt. Jedenfalls will ich nicht mit ihm allein sein.«
    Chris fühlte sich in ihrer Gesellschaft auch nicht gerade wohl, aber er schlüpfte aus dem Ersatzschlafsack, den sie gefunden hatten. »Hier. Den kannst du nehmen. Ich brauch ihn nicht.«
    »Danke«, sagte sie. Er schaute wieder aus dem Fenster, blickte über die schneebedeckte Landschaft, hörte, wie der Schlafsack raschelte, dann wurde es still. Nach einer Weile drang ihre Stimme durch die Dunkelheit zu ihm. »Chris? Darf ich dich was fragen?«
    »Lena, bitte, schlaf jetzt. Ich mein’s ernst.«
    »Mach ich gleich, aber ich wollte dich das schon lange fragen und vergesse es immer. Keine Ahnung, warum.«
    Manche Dinge – zum Beispiel seine Vergangenheit und, nach dem was er gehört hatte, ihre – sollte man auch lieber vergessen. Aber er hatte so eine Ahnung, was sie fragen wollte. Auf dem Rückweg aus Oren hatte er sich den Kopf zermartert und hin und her überlegt, wie er es ihr beibringen sollte. Aber dann war Alex weggelaufen, Jess hatte ihm eins übergezogen, und der Rest war Geschichte. »Worum geht’s?«
    »Weißt du noch, der Junge? Der, den Greg mitgebracht hat, am Tag, bevor Alex abgehauen ist? War das … «

62
    U nd dann war Lenas Kopf, mitten im Satz, plötzlich leer. Alles … einfach verpufft, weg, ausgelöscht. Als wäre in ihrem Hirn nach einem Kurzschluss ein Schalter umgelegt und der Stromkreis unterbrochen worden. Es war ein ganz seltsames und beunruhigendes Gefühl, als hätte man ihre Gedanken wie Worte auf Papier plötzlich ausradiert, ihr Verstand war nur noch ein unbeschriebenes Blatt.
    Wo bin ich? Ihr Blick wanderte durch den Raum, sie sah umgestürzte Stühle und Pulte. Bücher auf dem Boden. Und dieser Junge auf einem Hocker … Wer ist das? Um ihre Taille bauschte sich ein Schlafsack. Ein Schlafsack, auf dem Boden … Was tue ich hier?
    Dunkel. Daran erinnerte sie sich. Träume – ja, das stimmte. Und dann wurde sie ruckartig wach. Tee. Ich habe Tee gekocht … für diesen Jungen, weil ich nicht allein sein wollte.
    Wer ist das? Warum kann ich mich nicht erinnern? Angst durchbohrte sie wie eine Lanze, und sie begann zu zittern. Ich bin bestimmt krank. Ihre Stirn war nass. Warum konnte sie sich nicht erinnern?
    »He.« Ein weißer Schimmer schwamm aus dem Dunkel heran, seine Hand berührte ihre Schulter. Die Stimme sagte noch mehr, aber es war unverständliches Gestammel, Kauderwelsch.
    Was stimmt nicht mit mir? Alle Wörter waren irgendwo eingesperrt. Nichts ergab Sinn: weder wo sie war noch warum, noch die schattenhafte Gestalt des Jungen, der sich über sie beugte. Wer ist

Weitere Kostenlose Bücher