Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
es mit einem wasserfesten Streichholz anzündete. »Sehr schön, halt es fest«, sagte sie und hielt die Flamme an das Tuch. Mit einem leisen Plop fing es Feuer – eine kleine, blaue Flamme brannte.
Ellie staunte. »Wow.«
»Ja, das ist super, weil es viel länger hält als ein Streichholz, aber jetzt musst du damit den Zunder anzünden.« Sie sah zu, wie Ellie das brennende Tuch an den Zunder hielt, der gelb-orange aufflammte und dann fast erlosch. »Schau«, sagte sie und blies vorsichtig auf den glimmenden Zunder, der nun so heiß und blutrot aufloderte wie diese feuerroten Sonnenuntergänge. »Los, jetzt pusten, aber bloß nicht zu fest.«
Die Flamme erlosch zweimal, einmal, als Ellie zu fest blies, und das zweite Mal, als sie nicht fest genug pustete. Beim dritten Versuch griff sie auf das Kleinholz über. »Ich hab’s geschafft!«, jauchzte Ellie. Alex musste lachen, als Ellie aufsprang, einen kleinen Freudentanz aufführte und mit der Faust in die Luft stieß. »Ich hab’s geschafft, ich hab’s geschafft!«
»Ja, hast du.« Alex schloss das Mädchen in die Arme. »Du bist einfach toll.«
Die nächsten Stunden saßen sie am Feuer, legten Holz nach, genossen die Wärme. Ellie wollte das Feuer nicht ausgehen lassen, doch Alex entschied, dass sie jetzt schlafen mussten.
»Aber es wird ausgehen«, protestierte Ellie. »Ganz bestimmt.«
»Nicht wenn wir es schützen. Schau.« Mit einem langen kräftigen Zweig zeigte Alex ihr, wie man die brennenden Äste so lagerte, dass möglichst wenig Luft an sie herankam. »Dafür brauchen wir auch die Asche.« Sorgfältig nahm sie abgekühlte Asche mit beiden Händen auf und streute sie über die Flammen. »Die Asche wirkt wie eine Decke. Sie schützt die Glut über Nacht. Morgen früh brauchen wir der Glut dann nur etwas Luft und Nahrung zu geben, schon haben wir wieder ein Feuer.«
»Aber wenn wir bleiben und es wieder anfachen«, Ellie verzog sorgenvoll das Gesicht, »dann vertun wir doch so viel Zeit?«
»Nein, das ist eine gute Übung. Wir kommen schon zurecht.«
Als sie in ihren Verschlag krochen, fühlte sich Alex besser als seit Tagen. Hunger hatte sie zwar immer noch, aber das war auszuhalten. Es war nicht mehr weit bis zum Wasser, und bald würden sie die Rangerhütte erreichen. Alles würde gut gehen. Wenn es unbedingt sein musste, würden sie einen Tag Pause einlegen, am besten am Fluss. Das wäre gar nicht dumm. Jack war nicht damit geholfen, wenn sie früher bei den Rangern ankamen, und sie musste an Ellie denken. Vielleicht, dachte sie schläfrig, sollten sie ein wenig am Fluss bleiben, Fische fangen …
»Alex?«
Mühsam wurde sie wieder wach. »Hmm?«
»Danke.«
»Mmm«, sagte sie wieder und gähnte. »Kein Problem.«
»Nein, ich meine nicht nur das Feuer. Danke, dass du mich nicht im Stich lässt.«
Das machte sie hellwach. War sie nicht auch schuld? Für Jacks Tod konnte sie natürlich nichts, aber wenn sie, Alex, nicht ausgeflippt wäre, wenn sie ein bisschen geduldiger gewesen wäre, dann wären sie wahrscheinlich viel besser in Form, versorgt mit Vorräten, Wasser und Landkarten. Und jetzt bedankte sich Ellie ausgerechnet bei ihr?
»Ich hätte dich nicht allein lassen sollen«, sagte sie. »Du warst noch nicht so weit, aber ich war zu erschrocken, um das zu sehen.«
»Jetzt lässt du mich nicht mehr allein, oder?«
»Nein.« Es war ihr ernst.
»Versprochen?«
»Versprochen – großes Indianerehrenwort.« Sie hob die Hand.
»Du wirst es nicht vergessen?«
»Niemals«, sagte Alex und dachte, dass sie vielleicht den Durchbruch geschafft hatten. Wenn sie morgen den Fluss erreichten, Wasser trinken und Fisch essen konnten, dann lag das Schlimmste hinter ihnen.
Welch ein Irrtum.
17
E ben hatte sie noch tief geschlafen, doch jetzt war sie hellwach, überzeugt, dass etwas nicht stimmte. Unter dem Schutzdach war das Licht grau, gerade hell genug, dass Alex Splitter von Weiß durch das Dach aus Kieferzweigen erkennen konnte. Von draußen drang das Morgengezwitscher der Vögel herein. Sie zog die Kapuze ihres Sweatshirts eng um den Kopf, aber ihre Wangen waren kalt, ihre Nase ein Eisklumpen, und sie hörte das Rauschen des Windes in den Bäumen, der ihr Wasser verheißend übers Gesicht strich.
Moment mal.
Sie stützte sich auf die Ellbogen und erkannte, warum sie fror. Warum sie den Wind spürte.
Das Laub, das sie so sorgfältig am Eingang des Unterschlupfs aufgeschichtet hatte, war weg. Sie sah Tageslicht … und sie war allein.
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