Ashes Bd. 1 Brennendes Herz
Haut gelegt, auf ihren Wangen hatte getrocknetes Salz weiße Flecken hinterlassen, ihr Mund war klebrig und die Zunge so geschwollen, dass sie kaum das Götterspeisepulver herunterbekam, das sie trocken schluckte, um Wasser zu sparen. Sie nahm Ellies Geruch wahr und den des Waldes und die Fülle seiner Düfte, das scharfe Terpentinaroma der Pinien und die trockene Würze von totem Laub. Dann fing sie ihn auf, den leisen Hauch von Feuchtigkeit.
Sie schlug die Augen auf. »Hier entlang«, befahl sie und deutete auf den linken Pfad.
»Bist du sicher?«
»So sicher wie nur möglich. Die Rangerhütte liegt im Nordosten, die Sonne steht links hinter uns. Wenn wir uns nach rechts wenden, dann gehen wir nach Süden, und das ist falsch.«
Während sie weitergingen, erstarb der Tag und die untergehende Sonne entflammte den Himmel in diesem gespenstischen Blutrot. Der feuchte Geruch wurde stärker, aber vielleicht war das nur Wunschdenken. Alex hätte sich weiter geschleppt, aber nach Einbruch der Dunkelheit stolperte Ellie nur noch zu Tode erschöpft dahin, und dass sich das Mädchen den Knöchel verstauchte oder das Bein brach, war das Letzte, was sie brauchen konnten.
Alex holte die Wasserflasche aus ihrer Gürteltasche und reichte sie ihr. »Trink. Ich baue den Unterschlupf auf.«
Ellie schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht durstig.«
»Trink aus, Ellie.« Alex harkte Laub zusammen. »Morgen erreichen wir den Fluss. Wir sind nah dran.«
»Aber dann ist für dich nichts mehr da.«
»Kein Problem.« Das war ihr ganz automatisch rausgerutscht, sie hatte nicht darüber nachgedacht. Die Arme voller Laub stand sie auf, dann keuchte sie, von einem jähen Schwindelgefühl überwältigt.
»Alex?«
»Nichts passiert.« Tja, schöner Mist, sie war dehydriert und pfiff aus dem letzten Loch. Ihr Gesicht war klamm von kaltem Schweiß, und sie zitterte vor Schwäche. Um sicherzugehen, dass sie nicht in Ohnmacht fiel, wartete sie einen Moment, bevor sie zu dem Gerippe aus Zweigen ging, das sie am Fuß einer Weißen Zypresse aufgebaut hatte, ließ dort das Laub fallen und schob es in den Unterschlupf. »Ich bin nur müde. Los, trink aus.«
Ellie machte ein skeptisches Gesicht, goss sich aber den letzten Schluck Wasser in den Mund. Der Anblick, der liebliche Klang und der Geruch taten Alex bis in die Knochen weh. Sie wandte sich ab und machte sich an dem Lager aus Laub in ihrem Unterschlupf zu schaffen.
Morgen gibt es Wasser, dachte sie wütend. Konzentriere dich einfach auf …
Da hörte sie einen leisen Schluchzer. Alex runzelte die Stirn. »Ellie?«
»Es tut …«, schniefte das Mädchen. »Es tut …«
Hastig kroch Alex wieder aus dem Verschlag. »Was ist los?«
»Es tut mir so leid. Alles tut mir so leid.« Ellies Gesicht war ein Bild heulenden Elends, aber für Tränen war sie zu dehydriert. »Es ist alles m-meine Schuld.«
»Niemand ist schuld. Wir haben beide unser Bestes getan.«
»Nein, ich nicht! Ich habe dein Essen gestohlen, und du gibst mir dein W-wasser. Ich weiß nichts Wichtiges. Du machst das F-feuer und s-sagst, welche Richtung wir gehen müssen. Du kannst einfach alles!«
»Dann müssen wir das ändern.« Alex war selbst überrascht über ihre Worte. »Komm, ich bringe dir bei, wie man Feuer macht.«
Ellie schluckte und blickte erstaunt auf. »Wirklich?«
»Ja. Wirklich.« Was hatte Tante Hannah gesagt? An deinen Fähigkeiten zweifle ich nicht. Ihr Können war für Alex die beste Verteidigung gegen das Monster, vielleicht gab es ihr nichts weiter als eine Illusion von Stärke, aber das war ihr auf jeden Fall lieber als ein Gefühl der Hilflosigkeit. Sie schubste Ellie zärtlich. »Komm, wir brauchen Brennstoff.«
Ellie erwies sich als übereifrig. Sie schleppte eine kleine abgestorbene Kiefer heran. Den ganzen Baum, zum Henker! , hätte Tante Hannah gesagt. Der Baum war noch nicht lange tot, das Holz noch zu grün, aber Alex unterdrückte den Impuls, Ellie zu erklären, was sie falsch gemacht hatte. Stattdessen zeigte sie ihr, wie man sich das Brauchbare zunutze machen konnte – die dürren Nadeln, die dünnen Zweige –, und ließ sie das Feuer aufbauen.
»Wirklich wichtig ist der Unterbau. Wenn du es nicht richtig schichtest, hast du deine Zeit vertan. Und jetzt kommt das Beste.« Sie riss ein eingeschweißtes alkoholgetränktes Tüchlein auf, der scharfe Alkoholgeruch stieg ihr in die Nase. Alex zog das feuchte Quadrat fast ganz aus der Verpackung und ließ Ellie die Folie halten, während sie
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