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Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Titel: Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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gezündet?« Tom schüttelte den Kopf. »Wenn das ein Buch oder ein Film wäre, gäbe es jemanden, der eine Erklärung parat hätte und alle Antworten geben könnte. Der sämtliche Unklarheiten beseitigt und eine saubere Lösung präsentiert. Aber wir werden es nie erfahren, und es ist auch nicht wichtig. Es ist wie im Krieg, Chris. Wenn die Soldaten einmarschieren, interessiert dich nur, wie du deine Familie schützen kannst. Wenn du selbst marschierst, denkst du nur an deine Mission und an deine Leute, deine Kameraden, deine Brüder. Es geht nicht um Politik oder um irgendein großes Ganzes. Du quälst dich auch nicht mit Moralfragen. Alles reduziert sich auf das Wesentliche. Klar, an manchen Tagen – an den furchtbaren Tagen, wenn es einen von uns erwischt, auch wenn man noch so vorsichtig war – fragt man sich, was das alles soll. Aber letzten Endes sind sie deine Brüder, deine Familie, und nur sie. Du bist nicht scharf darauf zu sterben, aber du opferst ihnen alles. Einmal ist mir das abhandengekommen. Als ich Urlaub bekam, Heimaturlaub.« Er hielt kurz inne und fragte sich, ob er das wirklich laut aussprechen wollte. Doch dann wurde ihm klar, dass es in ein paar Stunden sowieso verdammt egal sein würde, was er jetzt sagte. »Ich stand auf der Kippe, es fehlte nicht viel, und ich wäre nie zurückgekehrt. Ich wollte desertieren. Hatte alles schon genau geplant, wie ich in Michigan meine letzten Spuren verwischen und dann heimlich über Minnesota nach Kanada abhauen würde. Ein weites Land, gut zum Untertauchen. Aber mein bester Freund Jim – wir waren im selben Bombenräumtrupp – muss misstrauisch geworden sein, als ich den Waucamaw-Nationalpark erwähnte. Meine Familie lebte in Maryland. Da gibt es viele schöne Plätze zum Campen. Warum wollte ich dann ausgerechnet in den Norden von Michigan? Ich glaube, das war der Grund, warum Jim beschlossen hat, mich zu begleiten: um mich an meine Leute, meine Brüder zu erinnern. Aber dann  … ist die Welt untergegangen, und die Sache hatte sich erledigt.«
    »Wärst du zurückgegangen, wenn es nicht passiert wäre?«
    »Das werde ich wohl nie wissen. Ich rede mir gern ein, dass ich es getan hätte. Aber dann habe ich sowieso« – er schluckte den Kloß in seinem Hals hinunter – »meine Leute gefunden. Alex und Ellie. Für kurze Zeit habe ich zurückbekommen, was ich verloren hatte. Was kümmert mich also all der andere Kram? Wie es dazu gekommen ist, wer es getan hat  … Was für mich zählt, Chris, alles, worauf es mir ankommt, ist, dass ich durch Alex und Ellie wieder zu mir selbst gefunden habe.«
    Chris schwieg lange. »Es war wegen der Trillerpfeife, Tom«, sagte er schließlich leise.
    »Was?« Für einen kurzen Augenblick war er wieder im Waucamaw gewesen, kam gerade mit einem Armvoll Brennholz zurück, als Alex mit einem Lächeln, das ihm durch und durch ging, zu ihm aufschaute. »Wovon sprichst du?«
    »Alex«, erwiderte Chris und schüttelte die letzten Tropfen aus dem Becher, bevor er ihn auf die Thermoskanne schraubte. »Sie ist wegen der Pfeife abgehauen.«
    Tom erinnerte sich an den hohen durchdringenden Ton, der sich in sein Herz gebohrt hatte. »Woher willst du das wissen?«
    Anscheinend musste Chris all seine Konzentration darauf verwenden, die Tasse festzuschrauben. »Ellie hat es mir erzählt. Sie hatte die Pfeife einem Jungen mitgegeben, den wir aus Oren geholt hatten. Offenbar hatte sie sich überlegt, wenn du und Alex in Rule seid, würdet ihr euch denken können, dass sie oben in Oren wäre, und sie holen kommen. Wenn Alex also im Bergwerk eine Pfeife dabeihatte, muss es die von dem Jungen gewesen sein, denn so viele Zufälle kann es einfach nicht geben, oder? Alex ist losgezogen, um Ellie zu suchen. Ich bin zu spät zurückgekommen, und der Rest war« – Chris drehte die Tasse fest – »einfach schlechtes Timing. Beziehungsweise von Jess’ Standpunkt aus gesehen wohl sehr gutes Timing. Wäre ich früher zurückgekehrt, hätte ich Alex vielleicht retten können. Andererseits  … so wie ich Jess kenne, wahrscheinlich eher nicht. Denn Jess hatte sich in den Kopf gesetzt, dass Alex unbedingt verschwinden musste, und mich wollte sie dann auch loswerden.«
    Tom wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. »Warum erzählst du mir das?«
    Der Blick aus Chris’ blutroten Augen begegnete seinem. »Die Welt geht unter, Tom. Rule ist erledigt. Ich weiß nicht, ob es für uns noch ein Morgen gibt. Deshalb möchte ich, dass du dir

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