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Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition)

Titel: Ashes - Pechschwarzer Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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kleine Mädchen starrten wie gebannt auf die Bäume zu ihrer Linken. Vor lauter Angst hatte die Kleine sogar aufgehört zu heulen. Ellie wagte kaum zu atmen, als sie ganz langsam den Blick nach Westen wandte, weg von dem neuen Tag  …
    … und scharf umrissene Silhouetten sah, die hinter Baumstämmen hervorschlüpften und die man in dem schlechten Licht für Zaunpfosten oder abgestorbene Bäume hätte halten können.
    Nur dass sich Pfosten nicht bewegten. Und Bäume keine Arme und Beine hatten.
    Und keine Zähne.

47
    E s war, als hätte die Welt Schluckauf. Unmittelbar nach Toms Warnruf traf Chris ein heftiger Stoß in den Rücken, und ganz kurz hatte er das Gefühl, durch die Luft zu fliegen. Danach nichts mehr: kein Aufprall, ausnahmsweise auch keine Träume, nicht einmal Albträume, vermutlich weil er gerade einen durchlebte. Aber die Zeit machte einen Sprung, wie ein uralter Film, bei dem die mittlere Rolle fehlt, sodass in der Geschichte eine Lücke klafft.
    Als N ächstes erinnerte er sich, dass er mit dem Gesicht nach unten dalag, mit den Händen Halt suchte und blindlings über ein noch zischendes Trümmerfeld aus Holzsplittern, verbogenem Metall und geschmolzenem Glas robbte. Von ferne hörte er ein Dong-dong, das Alarmsignal der Kirchenglocke. Wann hatte das angefangen? Schreie und Kreischen erfüllten die Luft. Jemand brüllte: »Was was was was?« Ganz in der Nähe stöhnte ein anderer. Dann merkte er, dass das Stöhnen von ihm selbst kam. Hinten auf der Zunge schmeckte er Blut. Sein brennendes Gesicht war nass von geschmolzenem Schnee und Eis, doch als er mit der Hand darüber wischte, war sie rot, und er dachte: Ich kann das sehen. Ich kann Farben sehen.
    Weil es hell war.
    Zeit, Zeit   … wie viel war vergangen, wie viel? Die Welt war zugleich hell und düster. Immer wieder zogen schwarze Wolken über den Himmel, der oben noch dunkelblau war und im Osten ins hellere Türkis des Sonnenaufgangs überging. Es stank nach verbranntem Treibstoff, verkohltem Holz, versengtem Metall und angebranntem Sonntagsbraten. Diese Wolken  … Rauch  … Die spärlichen Kiefern in der Ebene brannten lichterloh. Rechts hinter ihm prasselte und brüllte ein weiteres, größeres Feuer.
    Muss hier raus. Er wälzte sich herum und schaute zu dem dreißig Meter entfernten Turm, doch davon waren nur noch skelettartige verkrümmte Streben und eine Treppenflucht übrig, die ins Nichts führte. Ein Pferd, das von Jarvis, lag auf dem Boden, aus seinem Bauch quollen zerfetzte Eingeweide. Night, sein Rotbrauner, stand noch. Toms graubraune Stute wartete bei den Bäumen. Eine Hand an den Kopf gepresst, in der anderen ein Gewehr, torkelte ein Mann herum und schrie: »Was was was  … ?«
    »Jarvis?« Wankend stand Chris auf, hustete und stöhnte, als sich seine lädierten Rippen wie Messer in seine Brust bohrten. »Jarvis, wo ist Tom, wa…?«
    »Hier.« Rechts von ihm bewegte sich ein Gewirr aus Maschendraht. Chris sah als Erstes die Mündung der Bravo, die noch in ihrem Holster steckte, dann Tom, der sich auf Händen und Knien durch einen Trümmerhaufen kämpfte.
    Oje. Chris stolperte zu ihm hinüber, zerrte Maschendraht und zersplittertes Holz weg. Er erschrak, als er die Metallspitze sah, die aus einem sternförmigen Blutfleck an Toms linkem Oberschenkel herausragte, nur knapp unter der Hüfte. »Ist es schlimm?« Chris kniete sich hin und streckte die Hand danach aus, doch dann zog er sie zurück aus Angst, etwas falsch zu machen.
    »Weiß nicht. Ich glaube, es geht nicht sehr tief. Fühlt sich nicht gebrochen an und blutet auch nicht übermäßig. Hilf mir auf.« Tom unterdrückte ein Stöhnen, als Chris die Schulter unter seinen Arm schob und ihn hochhievte. »Tut höllisch weg«, sagte Tom mit schmerzverzerrtem Gesicht.
    »Kannst du gehen? Reiten?«
    »Ja.« Tom sog scharf die Luft ein, als er versuchsweise ein, zwei Schritte machte. »Es geht. Wir können von Glück sagen, dass uns die Druckwelle nicht  … « Da hielt er inne, schnupperte und keuchte: »Ach du Scheiße.«
    »Was ist?«, fragte Chris, aber Tom humpelte bereits zum Rand des Basaltsteinplateaus. Von irgendwo unten strömte Rauch empor wie der Atem eines unterirdischen Drachen. Jeder Schritt bereitete Chris stechende Schmerzen, als er sich neben Tom stellte und hinunterblinzelte. In der Schule hatten sie sich mit dem Vulkanausbruch des Mount St. Helens beschäftigt, und Chris wusste noch, dass die Druckwelle alle Bäume umgeknickt hatte. Hier war es nicht

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